NEW MODEL ARMY, BROTHER GRIMM / 26.03.2017 – Kiel, MAX

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Über das 2014er Konzert von NEW MODEL ARMY im Max gab es hier einen vieldiskutierten Artikel von Evelyn Steinweg. Ihre Perspektive war die eines enttäuschten Fans, der sich mehr Klassiker in der Setlist gewünscht hätte und mit vielen neuen Songs schlicht wenig anfangen kann. Meine Perspektive ist eine andere: Ich kenne NEW MODEL ARMY lediglich vage, habe kein Album der Band, war lediglich mal in den 90ern auf einem ihrer Konzerte und wurde dann aber 2015 vom Wacken-Auftritt mehr als positiv überrascht.  Einmal neugierig geworden, begebe ich mich also heute ins Max, um NEW MODEL ARMY näher unter die Lupe zu nehmen.
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Fotos von Jan ML



Vor dem Laden herrscht reger Betrieb, als wir eintrudeln. Da muss befürchtet werden, dass es voll wird. Das mag ich ja eher nicht so, zumal ich das Max als heiß, stickig und langsam in Erinnerung habe. Langsam? Ja, am Tresen dauert es da meiner Erfahrung nach zum Verzweifeln lange, bis man sein Getränk erhält. Das ist auch heute alles ziemlich genau so, wobei ich beim Bierbestellen mehr Glück habe als Jan, dem nach 10 min Warten ein schales Bier in die Pranken gedrückt wird, was er jedoch erst merkt, als er sich wieder mühsam zurück nach vorne gearbeitet hat… Dennoch genieße ich den Abend!

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BROTHER GRIMM ist als Bandname gar nicht so seltsam, wie man zuerst denken mag. Wurden die Brüder Grimm doch aufgrund ihrer Tätigkeit in der Paulskirche 1848 (sie halfen bei der Formulierung der Menschenrechte und protestierten gegen den Verfassungsbruch Königs Ernst August I.) des Landes verwiesen und mussten im Exil weiterpublizieren. Dem Berliner Songwriter geht es wohl eher um die Art der Geschichten, welche die Brüder Grimm sammelten, vertont er nach eigener Aussage doch „Albträume in Fuckmoll“. Als Ein-Mensch-Show ist der Kerl recht beeindruckend. Mittels Delay läuft durch seine Songs häufig ein Riff in Endlosschleife, auf welches er weitere Gitarren zupft und launisch dazu singt / knurrt. Wir haben trotz der Enge ganz gute Sicht, stehen links von der Bühne etwas erhöht. Dem Bruder auf der Bühne erteilen wir in seiner Funktion als NMA-Support Absolution: Kannste machen.


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Kollege Dicker aus Hamburg beschreibt sein erstes NEW MODEL ARMY-Konzert so: „Das war, als brodelt 90 Minuten lang direkt vor dir eine Bedrohung.“ Ziemlich treffend – gerade der Opener „Winter“ besitzt eine extrem düstere und, ja, bedrohliche Atmosphäre. Wie mir jemand erzählt, der sich mit der Band gut auskennt, werde in dem Stück die Geschichte eines Flüchtenden erzählt, welcher in erbarmungsloser Kälte auf der Flucht vor seinen Peinigern sei. Geschickt variiert die Band hier das Tempo, sodass in der Tat ein gehetzter Eindruck entsteht, während Justin Sullivan die ganze Bandbreite seiner Stimme einsetzt.
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Da wird wütend und verzweifelt geschrien, dann wieder mit melodischer Eingängigkeit gesungen. Von dieser Vielfältigkeit her erinnert mich Sullivan an Jaz Coleman, der ja auch geradezu einschmeichelnd poppig und aggressiv-bösartig schmettern kann – wenngleich natürlich seine Stimme vollständig anders klingt. Bei einigen Songs wird zusätzliche Percussion eingesetzt, was den tanzenden Mob im Innenraum des Max zusätzlich anstachelt. Eine Violinistin sorgt für eine weitere Dimension – dies war bei anderen Touren der Band offenbar nicht immer der Fall und die Violine kam dann lediglich vom Band. Der Sound ist – gerade fürs Max – übrigens richtig gut – Bass und Gitarre klingen angenehm crunchy, der Gesamtklang ist differenziert.
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Früh ruft eine Besucherin „51st State! Please!“, was Justin Sullivan mit einem trockenen „It’s pointless to shout at musicians – we’re all deaf anyway“ kontert. Die Ansagen sind generell rar, aber immer auf den Punkt. So verdeutlicht der Bandkopf seine Abneigung gegen nationalistische Tendenzen bzw. den weltweiten ultrarechten Rollback, widmet später allen Anwesenden, deren Herz gebrochen wurde, einen Song: „And at our age that’s everyone“. Früher galten NEW MODEL ARMY als unberechenbare Band, die bei Bocklosigkeit nach zwanzig Minuten auch gern mal einfach abbrach. Davon kann heute keine Rede sein, NEW MODEL ARMY wirken hungrig und bieten gleichzeitig hohe Qualität.
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Immerhin zwanzig Songs werden präsentiert, wobei man sich dieses Mal den Klassikern nicht verweigert – noch im regulären Teil kommen zum Beispiel „51st State“ und „Wonderful Way To Go“, bevor zwei Zugabenblöcke folgen. Erst spielen NMA „Vagabonds“ und „Purity“, dann geht das Hallenlicht an, ein Outro ertönt bereits, Teile des Publikums gehen – und verpassen die erneute Rückkehr der Band, die sich und uns noch „Poison Street“ und „I Love The World“ gönnt.
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Fazit: Ich guck mir die bestimmt wieder an!

Kommentare   

+1 #3 Amelie 2017-05-15 22:42
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+1 #2 JanML 2017-05-09 01:18
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0 #1 Philipp 2017-03-28 19:34
Interessanter Kommentar, der mich über fb erreichte und den ich hier mal zitiere:

"Also NMA sind meine Lieblingsband und bin mit sehr niedriger Erwartung an das Konzert herangegangen. Für mich bestehen die "wahren" NMA aus Justin Sullivan, Robert Heaton und (meinem absolutem Idol am Bass) Stuart Morrow. Heaton ist leider gestorben und Stuart Morrow ist mit Justin Sullivan zerstritten und möchte nicht mehr zurückkommen, also wird es dieses New Model Army nie mehr geben. Ich könnte natürlich ewig rumjammern und mäkeln oder anerkennen, dass sich die Band verändert hat, mit der Zeit gegangen ist und aus der bewegten Bandgeschichte das beste gemacht hat. Mitlerweile habe ich mich für zweiteres entschieden, kann die alten Platten ablieben und kann trotzdem sagen, dass mir das Konzert am Sonntag richtig gut gefallen hat. Und bei einer Band, die seit 84 regelmäßig Alben herausbringt kann ja auch nicht von jedem der Lieblingssong dabei sein. Dafür gibts ja die Platten :) Und dennoch hoffe ich auf ein Wunder, dass Stuart Morrow irgendwann zurückkehrt ;)" (Diedrich Dosencognac)
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