Huset Hardcore Fest Kopenhagen / 10.+11.03.2017 - Kopenhagen, Huset

0 Dislike0
Tag 1: Am Donnerstag habe ich mir spontan Zugfahrkarten geholt (Europa Spezial lohnt sich immer wieder!), beim Citti pfandfreien Cider besorgt und bin Freitag nach dem Nachtdienst los Richtung Kopenhagen :-) Leider hat der Zug in Fredericia, wo ja auch immer einige nette Festivals stattfinden und es anscheinend ne recht große (Hardcore)-Szene gibt, Verspätung. Ich komme also erst gegen 19:00 Uhr in Kopenhagen an. Der Einlass soll um19:00 Uhr und Start der ersten Band um 20:00 Uhr sein. Das nehme ich nicht ganz so ernst, tüddel rum und trinke noch gemütlich zwei Cider auf dem Weg zum Huset in der Radhusstraede (nicht zu verwechseln mit dem Ungdomshuset im Dortheavej/ ehemals Jagetvej), denn welches Konzert fängt schon pünktlich an? Dies war eine Fehleinschätzung. Als ich gegen 20:30 Uhr im Hof vom Huset ankomme und noch eine rauche, hört man schon das laute Geschepper aus dem dritten Stock.


Das Huset ist ein Kulturzentrum, ähnlich wie zB die Pumpe. Es gibt ein Cafè/eine Bar namens Bastard-Bar, die ziemlich voll ist und fast alle leute Brettspiele oder Kartenspiele spielen, n Jazzcafe in dem 80er-Mucke läuft, n Kino und im dritten Stock das Musikcafeen, wo das Hardcorefest stattfindet. Die Leute auf dem Hof sehen eher stylish und modern und nicht nach "Hardcore" aus. Aber als das Geschepper oben aufhört, kommen ein paar Minuten später Gestalten auf den Hof, die man dem zuordnen könnte. Diese bestätigen dann, dass ich die erste Band "Fordaerv" verpasst habe. Schnell noch zwei Cider eingeatmet und hoch zum Konzert. Der Raum ist recht dunkel, es gibt einen Tresen, mehrere Sitzecken, Tische, Stühle und natürlich eine Bühne. Es gibt hier sogar Schließfächer und am Tresen kann man mit seiner Kreditkarte bezahlen. Irgendwie stören diese Kreditkartenlesegeräte auf dem Tresen mein Punkrockempfinden, naja... Zum Glück habe ich ja pfandfreien Cider mit reingenommen und muss mir nichts von den teuren, dänischen Getränken holen.


DTHRNR machen "Beatdown Hardcore-Metal...", das wird zwar nicht meine neue Lieblingsband, aber man kann sie durchaus hören und sich mal ansehen. Die Band gibt alles und der Sänger post und hüpft ordentlich rum. Das Publikum von etwa hundert Leuten wippt nur mit dem Kopf. Eine Zugabe wird nicht gefordert und das Publikum strömt, noch bevor Gitarre und Bass abgestöpselt sind, raus.

https://www.youtube.com/watch?v=EYjAem19p1o


UXDXS machen "Gore splattered grindviolence" und ich finde die ziemlich geil. Der Schlagzeuger ist der Oberkiller und auch sonst wird ordentlich auf den Instrumenten rumgeballert und der "Sänger" schreit, gröhlt und quietscht ordentlich rum. Es ist schön grindig und vor allem schön laut! Die Soundquali in dem Laden ist nicht von schlechten Eltern. Sobald man eine Melodie erahnt, ändert sich der Rhythmus. Die Lieder dauern so von 15Sekunden bis maximal 2Minuten ;-) aber es gibt auch wenige ruhige Parts zum Nackenmuskeln entspannen, bevor dann wieder komplett durchgedreht wird. Schönes Ding! Leider haben die keine Platten dabei. Sonst hätte ich mir wohl eine geholt. Auch hier wird keine Zugabe gefordert. Seltsames Publikum. Untern beim Rauchen (Rauchen ist in dem Laden verboten) frage ich den Sänger, ob das normal in Dänemark ist, dass das Publikum keine Zugaben will. Er sagt, dass es nicht zur "arrogant Copenhagen attitude" passt, Zugaben zu fordern, aber sie hätten eh nicht mehr Songs gehabt. Derweil bin ich anschienend schon bei Cider Nummer 6, ich erstatte Jan einen Livebericht per Whatsapp, damit ich mir das später für den Dremubericht merken kann ;-)
https://uxdxs.bandcamp.com/album/too-fast-for-love


EGLISE haben meinen Geschmack leider nicht getroffen. Zu viel Rumgepose, zu viel Show. Beispielsweise springt der Sänger von den Monitorboxen ins dysphorische Publikum oder schlägt sich auf dem Fußboden liegend mit dem Mikro auf die Stirn. Dies hat aber nichts von einem sympathischen GG Allin oder Punk, sondern ist albern. Musikalisch finde ich Eglise phasenweise sogar recht gut mit geilen Bassläufen und sludgigen Parts. Aber der Gesang und das Gesamtkonzept sagen mir nicht zu. Es wird auf den Boden gespuckt und Wasser ins Publikum gespuckt, aber rumgejammert, wenn aus dem Pit ein Bier in Richtung Bühne fliegt. Auch Mikroständer von der nahezu ebenerdigen Bühne ins Publikum zu werfen oder mit der Gitarre in die Styropordecke zu stechen, schockt mich nicht an. Als Sänger und Gitarrist wild vor der Bühne rumrennen halte ich mich an einem Balken fest, der mich an die T-Stube erinnert :-) Die Leute headbangen nur ein wenig und die überissene Show passt so gar nicht. Es ist wohl der letzte Gig von Eglise, denn sie sabbeln etwas von "siste...". Finde ich nicht besonders schade.
https://eglise.bandcamp.com/
Auch hier übrigens keine Zugabe.


Zwischen den Bands gibts zB Wolfbrigade und Discharge aus der Dose. Außerdem fällt mir auf, dass Schnauzbärte hier in Dänemark ziemlich im Trend zu sein scheinen, denn bestimmt 6 von 10Typen tragen Schnauzer, also ne ziemlich hohe Popelbremsenquote. Die Klos sind hier erstaunlich heil und sauber und auch hier findet man Klowandpoesie und natürlich das obligatorische "Slayer" :-) Mein Standardsatz heute ist: "Jeg ikke snakke dansk", aber alle, mit denen ich geschnackt habe, konnten gutes Englisch. LIFESICK aus Fredericia sind richtig Killer! Zu Beginn werden apokalyptische Regen- und Gewittergeräusche aus der Dose abgespielt, bevor es mit ordentlichem Gedresche losgeht. Geiler aufs-Maul-ich-hasse-euch-alle-Hardcore, der aber auch schön viele schleppende Parts beinhaltet. Selbst beschreiben Lifesick sich als: "hatefull and depressive hardcore. inspirered by lifes up's and down's. verbal greif and riff's that makes you want to kill yourself." - Ich wollte mich zwar nicht umbringen, aber die Beschreibung passt schon ganz gut. Sie sind phasenweise auch etwas crust-ig und "d-beat"-ig. Zwischenzeitlich muss ich gar an Municipal Waste denken - steht in meinem "Livebericht" an Jan. Auf jeden Fall gefallen Lifesick mir nicht nur musikalisch besser, sondern ich finde die Band auch sympathischer als die vorherige. Der Sänger post zwar auch ne Runde und macht ein bisschen Show, aber überhaupt nicht überrissen und es kommt authentisch rüber. Die Leute vor der Bühne drehen auch richtig durch, es wird ordentlich mitgegröhlt und fleißig das Tanzbein geschwungen, einige Tanzbeine sogar auf Gesichtshöhe, sodass ich mich wieder an meiner Säule festhalte. Zum Ende des Auftritts wird wieder Weltuntergangs-Wetter-Musik agespielt, was diesmal noch imposanter wirkt, da das Klatschen sich wie Regen anhört. Leider wird wieder einmal keine Zugabe gefordert. Unverständlich. Die Platte hab ich mir auf jeden Fall gekauft. https://lifesickhc.bandcamp.com/


Tag 2: Nach einem zermatschten Falafel aus der Vornacht und nem Gintonic mit Aspirin Komplex zum Frühstück schau ich mir das Neue Ungdomshuset im Dortheavej an. Vor zwei Wochen war eine große Demo anlässlich des zehnten Jahrestags der Räumung/Abrisses des alten Ungdomshuset unter dem Motto "Intet glemt – intet tillgivet!" - Nicht vergessen – nicht vergeben! Sehr skurril: das "neue" Ungedomshuset steht direkt neben einem ziemlich modernen Glasdingsbums-Gebäude. Also eine schöne, schrammelige Punkoase mit viel Graffiti und selbstgebauten Dingen wie Bänken, Blumenbeeten usw. inmitten moderner, steriler Architektur. Danach geht es mit einer ebenso modernen und sterilen S-Bahn, die kein Fahrerhäuschen sondern große Aussichtsfenster hat, nach Christianshavn. Gegenüber von der Station dort ist das Lagkagehuset, da gibt es richtig leckere Muffins und Kanelbulle! Im Freistaat Christiania gehe ich dann ne Runde spazieren, trinke n Cider und entspann mich in der Sonne bevor es wieder Geballer auf die Ohren gibt.


BLISS: Anscheinend habe ich mir nur gemerkt, dass in Kopenhagen keine Zugaben erjubelt werden und vergessen, dass die Konzerte hier pünktlich anfangen und der Timetable eingehalten wird. Somit bekomme ich nur die letzten zwei Lieder von BLISS mit. Der Laden ist schon gut gefüllt und auch auf dem Hinterhof sieht man schon viel mehr Krustenmenschen und andere als Konzertgänger_innen identifizierbare Leute als am Tag davor.
https://blisskthc.bandcamp.com/


WOES aus Kopenhagen waren nicht unbedingt mein Geschmack. Ich kann die auch nur schwer beschrieben: es ist ne Mischung aus ballerndem Hardcore , sogar teilweise n bisschen geil-dreckig-crustig, der dann wieder völlig durchbrochen wird. Die atmosphärischen Parts überwiegen. Insgesamt sind sie mir zu theatralisch in ihrer Show und die Songs sind mir zu atmosphärisch-emotional und haben nicht den Wumms den ich gerade möchte. Auf Platte zu Hause und mit Liebeskummer oder sonstigem Seelenleid ist das sicher nochmal was anderes. Aber leider konnten Woes mich nicht wirklich fesseln und sind schon wieder aus meiner Erinnerung verschwunden. Aber der brutale Knochenpogo ist mir in Erinnerung geblieben!
https://woescph.bandcamp.com/


SMERTEGRAENSENS TOLDERE aus Aarhus machen ziemlich melodischen Hardcore mit ordentlich viel Punk und schocken mich an und ich tanze ordentlich mit. Was mir besonders gefällt ist, dass alle Songs, an die ich mich erinnere, auf dänisch sind! Gerade als Skandinavien-Mucke-Fan erquickt das mein Herz. Die scheinen hier recht bekannt und beliebt zu sein, denn es tanzen richtig viele Leute. Allerdings gibt es auch hier keine Zugabe. Ne Dänin mit etwa 76 Piercings im Gesicht bemerkt meine Empörung darüber und erklärt mir, dass es unüblich ist Zugaben zu spielen. Heute sind fast doppelt so viele Menschen wie gestern dort und es strömen immer noch welche in den Laden, obwohl der Eintritt immer noch "hundred og halvtres" für die letzten beiden Bands kostet. Das sind so 17-18 Euro!
https://smertegraensenstoldere.bandcamp.com/


DIAGNOSIS? BASTARD! Aus Stockholm gefallen mir sehr gut! Schweden Hc-punk nach meinem Geschmack. Die machen echt gute Stimmung, doch leider wippt das Publikum eher rum. Bei D?B! Spielt sogar jemand von den VICTIMS aus Schweden. Die haben auf jeden Fall Potenzial und wenn die in Deutschland auf Tour gehen, schau ich mir die nochmal an. https://diagnosisbastard.bandcamp.com/


WOLFBRIGADE waren wie erwartet richtig Anschocker! Erster Song ist March of the Wolves von der Lycanthropunk (Noch unter dem Namen Wolfpack veröffentlicht). Schönes Ding! Das Intro der Scheibe"Comalive" Hour of the Wolf – inspiriert von Ingmar Bergmanns Kultfilm Vargtimmen, bzw. Stunde des Wolfes ist aber noch besser. Naja, man kann nicht alles haben. Da der Sound in dem Laden echt gut ist hört es sich an wie auf Platte. Nur zum Fotos machen lasse ich das tanzen und mitgröhlen sein, so sehr freu ich mich. So nach und nach dreht auch das Publikum mehr durch. Es werden auch Wolfpack-Songs, zB "Counterpain" gespielt. Zudem gibts "In Darkness you feel no regrets" von der "Prey to the world" oder "Feed the flames" von der "Damned". Und noch viele weitere Kracher. Außerdem spielen WB auch zwei Lieder vom neuen Album "run with the hunted", zB "Warsaw Speedwolf", was ich schon von Youtube kenne. Die neue Platte gibts ab dem 28April. An dem Tag spielen übrigens auch Napalm Death, Brujeria und Power Trip im Roxy in Flensburg (merken!). Und ENDLICH fordert das dänische Publikum eine Zugabe, indem es "en mer gang" brüllt und Wolfbrigade spielen noch zwei Songs. Sehr geiles Ding!
https://wolfbrigadesl.bandcamp.com/releases


Zur Aftershowparty gibts dann aus der Dose Smash-Hits wie "Bite it you scum" von GG Allin und ich bekomme überteuerten Vodka-Mate ausgegeben und Wolfbrigade-Patch geschenkt, weil die so abfeiern, dass ich extra aus Deutschland gekommen bin. Insgesamt sehr nettes "Festival", nächstes Jahr vielleicht wieder.

Kommentar schreiben


Sicherheitscode
Aktualisieren

Stern inaktivStern inaktivStern inaktivStern inaktivStern inaktiv