HORISONT, '77, BLACK MIRRORS / 16.03.2017 – Hamburg, Logo

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Seit ihrem Debut begeistern mich HORISONT und mittlerweile ist mehr als deutlich geworden, dass die Schweden aus dem Pool der Newcomer leuchtturmartig herausragen. Das liegt für mich zum einen an der unfasslich geilen Stimme von Axel Söderberg, zum anderen schlicht am Songwriting. Wer diese Band als eine von vielen Retrorockcombos abtut, begeht einen Fehler. Denn die Verbindung von Einflüssen wie UFO, SCORPIONS, RUSH oder frühen PRIEST ist dermaßen originell, dass die HORISONT-Songs zeitlos sind. Und wann hat eine Band zuletzt fünf starke Alben in einem so kurzen Zeitraum herausgebracht, nämlich innerhalb von acht Jahren? Das ist schon fast unheimlich und erinnert an die Großtaten von IRON MAIDEN, die bekanntlich den musikhistorisch einmaligen Run von sieben Klassikeralben in acht Jahren gezaubert haben. Anyway, den Start der Eurotour zu „About Time“ wollen wir uns nicht entgehen lassen und so geht es bei bester Laune gen Logo.


HORISONT


Bilder von Schornsteinfeger Marvin und Alex von Lobeck.




Immer schön, wenn Supportacts zur Band dazupassen, wegen der man gekommen ist. Das ist bei BLACK MIRRORS der Fall, denn auch diese Belgier*innen haben sich zeitlosem Rock verschrieben. Und gehen dabei weniger metallisch, sondern eher classic rock- sowie blueslastig vor. Die Sängerin, Marcella Di Troia, besitzt eine Superstimme und tanzt ausgelassen auf der Bühne herum. Den Hippiefaktor der Band unterstreicht sie optisch durch 'ne Pferdedecke, die sie sich um die Schultern gelegt hat. Rotzig und charmant erspielen sich BLACK MIRRORS schnell die Gunst des Publikums. Extra-Erwähnung müssen der überdurchschnittliche Gitarren- und Basssound bekommen! Das MC5-Cover „Kick Out The Jams“ gelingt gut, pulsiert schön, ist allerdings nicht ganz so wild wie das Original. Ansonsten kann ich nur alle Daumen nach oben strecken und ernte auch gleich die Debut-EP „Funky Queen“ ab.


BLACK MIRRORS



Weniger mein Ding sind die umtriebigen Spanier '77. Natürlich ist auch dieser Auftritt alles andere als langweilig, aber die Songs hauen mich nach wie vor nicht vom Hocker. Auf der Hinfahrt haben wir u.a. KROKUS gehört und der direkte Vergleich der beiden AC/DC-Worshipper zeigt, was '77 fehlt – und das sind schlicht die Hooklines. Zudem kommt Armand Valetas Stimme heute etwas wackelig und dünn rüber – möglicherweise ist der Mann erkältet. Die wilde Bühnenaction und das treibende Drumming erzeugen trotz dieser Mankos ordentlich Stimmung im Logo, natürlich wetzt der Gitarrist auch wieder durch den halben Laden. Also durchaus unterhaltsam, aber eben nicht auch mitreißend. Meine Plattensammlung bleibt '77-frei.


HORISONT



Boah, was hab ich jetzt Bock! HORISONT legen mit „Point Of No Return“ einen furiosen Auftakt hin, ist dieser Song schließlich einer ihrer anspruchsvollsten und wohl die beste RUSH-Nummer seit den Siebzigern, die RUSH selbst nicht geschrieben haben! Am Anfang ist der Sound noch nicht ganz optimal, aber das steigert sich von Nummer zu Nummer - genau wie die gesamte Band in ihrer Spielleistung. Söderberg erzeugt bei mir eine Gänsehaut nach der anderen, wobei der Freak nebenbei auch noch an der Orgel schraubt. Die Setlist fällt genau nach meinem Geschmack aus, denn ich favorisiere vor allem die erste LP und die beiden letzten. Und genau von diesen Scheiben kommen etliche Stücke. „Du Röde“ und „The Unseen“ besitzen diese magischen Gitarrenharmonien, die ich total feiere. Und von der neuen LP kommen mit „Electrical“, „Boston Gold“ (aaaah!), „The Hive“ oder „Letare“ ein paar ganz dicke Zossen. Immer wieder verblüfft das tighte Zusammenspiel der Band, die mühelos von knalligen PRIEST-Geratter zu melancholischen Momenten findet – und faszinierenderweise bangen alle Bandmitglieder dabei wie verrückt, als würden ihre Hände von allein zocken können... Am Ende steigert sich die Band nochmal in orgiastische Bereiche und zockt unter der puren Begeisterung des Mobs „About Time“, „Bad News“, „Odyssey“ und den massiv swingenden „Nightrider“ (diese Gitarren!). Danach chillen die HORISONT-Boys auf der Staße und halten mit allen, die Bock haben, ‘nen Schnack.


Nüchternes Fazit: HORISONT gehört die Zukunft.

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