SPLIT HEAVEN, WRETCH / 07.03.2017 – Kiel, Schaubude

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Ein Metalkonzert in der Schaubude. Sowas hat ja doch eher Seltenheitswert, wenn Stoner nicht als metallisches Subgenre gezählt wird. Spontan fallen mir lediglich ORDER OF ISRAFEL und REZET/HEADBANGER ein. Somit ist für mich klar: Dat musste unterstützen! Natürlich finden sich der Bude höchstens 20 Nasen ein. Klar, issen Dienstag und in Hamburg spielen ANTHRAX, dazu liegt das HELL OVER HAMMABURG gerade drei Tage zurück. Dennoch beschleicht mich der Verdacht, dass wohl auch ohne diese Umstände nicht viele Kieler Metalheads längsgekommen wären. Denn nicht wenige Leute sind irgendwie fixiert auf ihre festen Läden und scheinen Schaubude, Medusa oder Meierei nicht auf dem Schirm zu haben. Nu, their loss. Ich hätte aber nie gedacht, dass dieses Konzert so geil wird. Wer nicht da war, hat echt was verpasst. Und das sind viele…


WRETCH haben vor zehn Jahren mal auf dem HEADBANGERS OPEN AIR gespielt. Ich musste doch etwas in der Dremudatenbank wühlen, um mein eigenes Gedächtnis zu aktivieren: Das war das Jahr mit u.a. AVENGER, MOONSORROW, BULLET, CANDLEMASS und RAGE am selben Tag (Bericht HOA 2007). Damals hatte ich WRETCH als „US/Power Metal im Uptempo-Bereich“ bezeichnet, ansonsten blieb der eigens fürs HOA komponierte Song „Make This Garden Burn“ hängen. Das große Plus im Vergleich zu damals ist jetzt aber ein neuer Sänger! Der Typ besitzt eine ähnliche Physiognomie wie John Bush und erweist sich schnell als hervorragender Sänger, der die höchsten Tonlagen kraftvoll meistert. Dazu hat er eine umwerfende Ausstrahlung. Es kann ja etwas krampfig sein, wenn nur eine Handvoll Besucher*innen vor der Bühne steht. Aber die Band und vor allem ihr Sänger genießen ihren Aufenthalt dermaßen offensichtlich, dass es eine Freude ist. Und der Hammer: Es handelt sich bei diesem sympathischen Kerl um Juan Ricarda, der 1993 mit RITUAL das Album „Trials Of Torment“ veröffentlicht hat. Wie geil ist das denn! Ich besitze diese Platte seit 24 Jahren und heute steht der Sänger in der Kieler Schaubude auf der Bühne. Als Juan Ricardo RITUAL beiläufig in einer Ansage erwähnt, habe ich sofort diese Anzeigen von MASSACRE im Kopf, die Mitte der Neunziger Scheiben von geilen US Metal-Bands wie FORTÉ, WINTER’S BANE, ORACLE, MYSTIC und eben RITUAL veröffentlicht haben. (Alle Pflicht und übrigens ein ganz guter Gegenbeweis in jeder „In den Neunzigern gab es keine richtigen Heavy-Metal-Veröffentlichungen“-Diskussion.) Aber zurück zu WRETCH: Ich hatte etwas plumpere Songs im Stile der erwähnten HOA-Hymne erwartet, aber die Band bietet verspielte Strukturen, die von Wahnsinnsgesangsmelodien veredelt werden. Ricardo kann locker den Kiske rausholen, in etwas tieferen Gefilden klingt er auch gern mal wie die alte Air Raid Siren persönlich. Die Gitarristen sind richtig fit und so krachen Nummern wie „The Final Stand“, „The King In Red“ oder „Throne Of Poseidon“ mit furiosen Riffs und melodischen Leads rübenabmontierend aus den Boxen. Das ist US Metal mit Klasse und Ricardo zählt stimmlich zur Oberliga, auch wenn es (bisher) nur Insider mitbekommen haben. Top!


Nun kommen SPLIT HEAVEN aus Mexiko an die Reihe. Eine ebenfalls fitte Band, die ich im direkten Vergleich nicht ganz so stark wie WRETCH finde. Zwar killt der Drummer mit Doppelfußmaschine präzise und mit hartem Kick und auch die Riffs fräsen gut was weg, aber die Songs an sich reißen mich ganz so mit. Das ist jetzt allerdings auf hohem Niveau gemeckert, denn auch SPLIT HEAVEN machen Laune. Insgesamt sind ihre Songs weniger abwechslungsreich als die von WRETCH, dafür gibt’s volle Kanne Speed. Jason Conde-Houston screamt weniger schön als sein Kollege, hängt sich aber ebenfalls voll rein. Die wenigen Anwesenden stehen alle schön weit vorn, sodass auch in diesem kleinen Rahmen ein gewisser Energieaustausch stattfindet. Dem Sänger wird mehrfach Bier aus dem Publikum gereicht. So flutscht das. SPLIT HEAVEN sind immerhin auch schon seit zwölf Jahren aktiv (WRETCH wurden übrigens gar 1984 gegründet) und können auf vier Alben verweisen. Tonträger von beiden Bands könnt ihr beim umtriebigen PURE STEEL Label abernten und auch die Tour rollt noch, macht zum Beispiel kommenden Mittwoch Halt im Bambi.


Ich bin echt froh, hingegangen zu sein. Selten so positiv überrascht worden!

Kommentare   

0 #2 Philipp 2017-03-16 13:37
Stimmt, VALIENT THORR könnte man auch als Metalband zählen. Ist andererseits auch ein hoher Rock'n'Roll-Anteil mit drin. Auf jeden Fall 'ne Hammerband, die jedes Mal begeistert hat.
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+1 #1 HOARick 2017-03-16 13:31
Zum Thema Metal in der Schaubude...

schäm Dich Philipp, Du hast die diversen Vailiant Thorr Auftritte vergessen. Mindestens 4 Stück in der Regel immer kurz nach dem HOA einmal leider auch Überschnitten!
Ansonsten hast Du es in der Wretch Beschreibung voll getroffen... Ich hatte sie auch nicht so speedig in Erinnerung und mich erinnerten sie öfter an die Agents Of Steel und bei einem Song auch leichte Parallelen zu meinen absoluten Favouriten von RIOT. Nebenbei wurden auch noch das Gesetz gebrochen: Eigentlich sollten sowohl die Split Heaven als auch die Wretch LP offiziell 3 Tage später erscheinen...

Viele Grüße Rick
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