METAL HAMMER PARADISE / 11.11.2016 – Weissenhäuser Strand, Ferienpark. Tag 1

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Ich muss sagen, dass ich die bisherigen Editionen des METAL HAMMER PARADISE ignoriert habe. Das lag vor allem am Billing, welches mir jeweils nicht schmeckte und die ich eher als so 'ne Art “Worst of Wacken” empfunden hatte. Aber dieses Jahr! WTF? Meine entzündeten Augen erblickten Bands wie PENTAGRAM, RAM, STALLION, YEAR OF THE GOAT, BLUES PILLS, ANVIL, OVERKILL, DEW-SCENTED, SULPHUR AEON, CROWBAR, ENSLAVED, DIRKSCHNEIDER, PRETTY MAIDS, SAXON, ANNIHILATOR und SECRETS OF THE MOON auffem Flyer! Natürlich neben Schrecklichkeiten wie EQUILIBRIUM, ONKEL TOM oder SCHANDMAUL, aber dennoch müssen Leute mit extrem guten Geschmack hier zumindest partizipiert haben. Da Weissenhäuser Strand zudem nur eine ca. vierzigminütige Autofahrt von Kiel entfernt liegt, war die Entscheidung schnell getroffen: hin! Eine Dremu-Akkreditierung ging problemlos über die Bühne, ‘ne günstige Unterkunft war in Form eines Zimmers in einem nahegelegenen Bauernhof schnell gefunden. Get ready für unseren MHP-Rapport – Part One! Immer unter der einen brennenden Frage: Wie viel Rock'n'Roll ist es bitte?

Dirkschneider


Fotos von Jan ML.




PENTAGRAM

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Eigentlich flutscht alles, aber an einem Freitag um 17.00 Uhr vor der Bühne zu stehen, ist eben doch eine Herausforderung. Wir verpassen jedoch lediglich den Anfang des PENTAGRAM-Auftritts und drängeln uns in den gut besetzten Baltic Ballroom hinein. Dies ist eine von drei Locations, in denen konstant Bands ballern. Freizeitstress statt Entschleunigung, denn das heißt natürlich, dass es immer wieder zu Überschneidungen kommt. Es gibt noch ein gigantisches Zelt (Maximum Metal Stage) und eine sehr kleine Hütte namens Riff Alm. Der Baltic Ballroom bietet davon den besten Sound – herrlich voluminös und transparent zugleich, ich habe dort kein einziges Konzert mit mittelmäßigem Sound gesehen! So kann man sich richtig über den crunchigen Gitarrensound von Victor Griffin freuen und den Auftritt genießen. Bobby Liebling ist wie immer ein Phänomen: Wer die Doku kennt, wundert sich, wie der Mann überhaupt noch am Leben sein kann. Und er scheint eher in noch stabilerer Kondition zu sein als auf den beiden letzten Touren. Der Gesang klingt sicher und ausdrucksstark, sogar die Ansagen sind heute halbwegs verständlich. Wer PENTAGRAM zum ersten Mal sieht, dürfte hingegen ob der mumienhaften Gestalt mit den Einstein-meets-E.T.-Augen dezent schockiert sein, zumal sich die Mumie obszön in den Schritt fasst und lüstern die vertrockneten Lippen leckt. Mit Großtaten wie “Forever My Queen”, “Dying World”, “Relentless” (was für ein Riff!) oder “Last Days Here” doomen sich PENTAGRAM tief in meine Hirnrinde.

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YEAR OF THE GOAT

Es ist gar nicht so einfach, schnell von A nach B zu kommen. Nicht wegen der Entfernungen – diese sind gering -, aber weil man auf Schritt und Tritt Bekannte trifft. Trotzdem sind wir schon vor Beginn des YOTG-Auftritts in der Riff Alm. Diese ist wie bereits oben erwähnt die kleinste der drei MHP-Locations und es wird sich an diesem Wochenende mehrfach dasselbe Problem auftun wie bei anderen Veranstaltungen, welche mit unterschiedlich großen Bühnen arbeiten (Hell Over Hammaburg, Roadburn...): Es passen schlicht nicht alle Interessierte in die kleinste Hütte, schließlich ist das Festival eine ausverkaufte Großveranstaltung. Bei YEAR OF THE GOAT geht's aber noch, es ist voll, aber noch müssen die Leute nicht Schlange stehen. Boah, seit Jahren liebe ich die Band und hatte schon damit gerechnet, die niemals live zu sehen und nun ist es schon mein zweites YOTG-Konzert innerhalb weniger Monate. Die sechs Recken betreten die Bühnen und betören die Schüttelrüben mit ihrem Occult Rock. Fragile Melodien wabern durch den Raum, gesungen von Thomas Sabbathi und Orgelkanone Pope. Eine Leistung ist es auch, gleich drei Gitarren einzusetzen und es hinzubekommen, dass diese nicht alles dominieren oder zufrickeln. Nein, diese Gitarrenarmada werkelt stilvoll und stets im Dienste des jeweiligen Songs. „Angels Necropolis“, „Pillars Of The South“, “This Will Be Mine” oder „Riders Of Vultures“ zum Beispiel. Psychedelisch. Düster. Und schön traurig.
 

PRETTY MAIDS

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Ich hasse Überschneidungen! Am liebsten sind mir Festivals mit nur einer Bühne. Und PRETTY MAIDS spielen natürlich schon länger, als wir das Zelt betreten. Ganz schön groß das Ding. Die Sichtverhältnisse sind gut, der Sound leider nicht. Die Gitarren klingen undefiniert, der Gesang geht ab und zu unter. Kein Vergleich zum Baltic Ballroom und auch nicht zur Riff Alm. Leider spielen PRETTY MAIDS zudem einige neue Nummern, die doch sehr unspektakulär klingen. Das neue Album muss ich wohl nicht abernten.

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Ronnie Atkins klingt bei den melodiösen Parts heute etwas dünn und wackelig, bei den aggressiven Schmetterparts dafür umso besser. Er entschuldigt sich ehrlicherweise auch dafür, etwas „rusty“ zu klingen, weil die Band bestimmte Songs lange nicht gespielt habe. Das ist sympathisch. Und bevor dieses Review zu einem Verriss wird: „Yellow Rain“, „Back To Back“ und „Future World“ hauen es raus! Da weiß ich wieder, warum ich die Band früher so häufig gehört und zu etlichen Gelegenheiten live gefeiert habe. Für den Auftritt auf dem HEADBANGERS OPEN AIR erhoffe ich mir aber ein Old School Set.

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DIRKSCHNEIDER

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Habe ich eigentlich schon erwähnt, dass ich Überschneidungen hasse? Wir pfeifen uns gerade eine Veggie Pizza rein (teuer, aber ganz lecker), als im Baltic Ballroom ENSLAVED beginnen. Boah, die hätte ich auch gern noch gesehen, aber im Zelt ruft DIRKSCHNEIDER. Wir besorgen uns noch ein Eis zum Nachtisch, vertüdeln uns zeitmäßig und da ertönt aus dem Zelt auch schon das Intro! Waah, doch damit nicht genug: Mit dem Eis dürfen wir nicht rein! Bier macht keine Flecken, Eis aber schon. So erlebe ich das Martyrium, „Starlight“ lediglich von draußen hören zu können, während ich mit schmerzenden Zähnen tischtennisballgroße Klumpen aus dem kalten Biest rausbeiße. First-world-problems. Aber dann! Rein und durchdrehen!

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Was für eine geile Erscheinung dieser Udo Dirkschneider doch ist. Und wie sich seine Stimme wie vor zwanzig (ach, mach dreißig draus) Jahren durch die ACCEPT-Songs schneidet! Vergessen ist jeder U.D.O.-Fehltritt, z.B. der schröckliche Wacken-Gig samt Bundeswehrorchester. Denn wir erleben gerade – ich zitiere Wolf-Rüdiger Mühlmann – „eine der bemerkenswertesten und schönsten Geschichten dieses endenden Jahres“ (DEAF FOREVER #14, S. 98). Als Udo Dirkschneider angekündigt hatte, dass er zum letzten Mal ACCEPT-Songs singen werde, hatte ich die Bedeutung dieser Tour noch nicht zur Gänze erfasst. Und dann war ich zum Zeitpunkt des Hamburger Gastspiels auf fucking Klassenfahrt! Nun wird mir klar, warum ich nur euphorische Eindrücke über dieses Konzert erzählt bekommen habe: DIRKSCHNEIDER leben die ACCEPT-Songs geradezu, ballern sie kompetent, aber mit größerem Enthusiasmus als die Stammband! Ohne viele (und wenn, dann kultig gegrummelte) Ansagen reihen Udo und seine Jungs (am Schlagzeug sitzt sein Sohn!) einen Hammersong an den anderen.

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Ich wähle mal „London Leatherboys“, „Midnight Mover“, „Breaker“, „Princess Of The Dawn“, „Restless And Wild“, „Midnight Highway“, “Losers And Winners”, “Balls To The Wall” und “Burning” als Highlights, obwohl ich fast durchgehend Gänsehaut habe und jeden Song mitbrülle. Die Stimmung ist unglaublich, das ganze Zelt singt bei den Kosakenchören mit. Der Sound ist zum Glück besser als bei PRETTY MAIDS, die Gitarren haben viel mehr Druck. Es ist wahr: Udo Dirkschneider hat sich sein musikalisches Erbe zurückerkämpft und die „ACCEPT der Herzen“ werden allen Augenzeugen in Erinnerung bleiben. Ein Moment von rockhistorischer Bedeutung. Psst: Ich wünsche mir ja, dass die „Back To The Roots“-Tour noch um viele Dates verlängert wird.

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DUST BOLT / APOCALYPTICA

Nun kann im Grunde nichts mehr kommen, aber wir wollen mal luschern, was DUST BOLT so in der Riff Alm anstellen. Klingt von draußen ganz geil, sieht auch nett und haarig aus (überall stehen Monitore, auf denen die Konzerte übertragen werden. Du könntest dir sogar jeden Gig in deinem verfickten Hotelzimmer angucken!), aber die Alm ist knüppelvoll und wir müssten anstehen und so lange warten, bis entsprechend viele Leute wieder rausgekommen sind. Keine Böcke für, also gönnen wir uns noch ein wenig APOCALYPTICA im Zelt.

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Von denen hatte ich vor Jahren mal ein Konzert im Kieler Max gesehen, welches recht gelungen war, denn die noch relativ unbekannte Band hat sich und das Publikum in einen regelrechten Rausch gespielt. Doch damals gab es ausschließlich Cello-Power und Cover von SEPULTURA bis METALLICA. Heute steht ein mittelmäßiger Sänger auf der Bühne und ein wummerndes Schlagzeug zerstört den ursprünglichen Sound der Band. So klingen die Celli nur noch wie schlecht abgenommene Gitarren. Das eigentlich Interessante an der Band ist weg, die Magie verflogen. Die Leute fliehen in Scharen. Wir ebenfalls.

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FAZIT

Bekommt ihr erst am Ende von Teil II, hähä! TBC

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Weitere Fotos hier !


Kommentare   

+1 #3 Philipp 2016-12-11 13:21
Zum Glück habe ich der neuen PRETTY MAIDS doch ein Ohr geliehen. Das Ding ist Killer!
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+1 #2 Philipp 2016-11-20 16:50
Danke. Sind dran an Teil zwo. Wahrscheinlich Montag VÖ.
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+3 #1 MetalSon 2016-11-19 17:20
Guter Bericht. Vielen Dank.

Apocalyptica mit Sänger geht gar nicht. Ansonsten sähe ich die gern mal wieder.
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