CAUCHEMAR, OCCULT BURIAL / 02.11.2016 – Hamburg, Bambi Galore

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Im Regio nach Hamburch kommt es zum Eklat. Auslöser: Ein umfallender Jutebeutel. Bzw. der daraus herausplumpsende Inhalt. Doom Fränk bekommt Schnappatmung: „Da ist ja... EIN BUCH in deinem Beutel! Und nicht das von mir! Du Schwein!” Nun sollte der Nicht-Insider wissen, dass Doom-Fränk Literat ist und aus seiner Sicht mit “Gefallen” eins der wichtigsten Werke der Nachkriegsliteratur verfasst habe. (Bescheidenerweise beschränkt er sich hier auf die deutsche Nachkriegsliteratur.) Und ich habe die Ehre, ein Freiexemplar lesen und rezensieren zu dürfen. Das Problem: Das Ding ist mit seinen ca. 4000 einseitig bedruckten Seiten so schwer wie ein verdammter Backstein, ich trage es daher nicht IMMER mit mir herum. Doch dieses Argument kann die Stimmung jetzt auch nicht mehr heben: Doom Fränk spürt eine Erschütterung der Macht. Dagegen hilft nur eins: DOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOM!


OCCULT BURIAL eröffnen vor beschämend wenig Zuschauer*innen. Hamburger Schüttelrüben, was ist da los? Ihr verpasst gerade eine schmierige Old School-Kelle, die klingt, als hätten NIFELHEIM, frühe SODOM und MIDNIGHT nach einer wollüstigen Vereinigung ein Kind gezeugt. Und in der Schule hat das Balg offenbar nur VENOM gehört (die Riffs!), sich dazu die schlampig gespielten Soli bei SLAYER abgeguckt. “Hideous Obscure” heißt das Debutwerk der Kanadier, dessen lyrische Themen bei Metal Archives trocken mit “Evil” und “Witchcraft” angegeben werden (ich liebe diese Rubrik auf der Seite). Da stehen doch CAUCHEMAR und vor allem Sängerin Annick Giroux headbangend und mitsingend vor der Bühne. Ich bin auch angetan. Das Threepiece klingt zunächst so richtig ruppig, der Gitarrist wirkt wie ein Steinmetz, der aus einem besonders widerstandsfähigen Objekt mit viel Kraft eine Form herauszukloppen sucht. Das rumpelt und kracht. Mit der Zeit wird das Zusammenspiel flüssiger, die herausgebellten Vokills nehmen mich total mit. Grandioser Opener. Passt eigentlich stilistisch gar nicht zu CAUCHEMAR, aber dann wieder doch, wenn man manische Begeisterung für puren Metal als Vergleichsparameter heranzieht.  
 

Die Annick Giroux steht völlig unter Strom und geht heute deutlich heftiger ab als beim 2012er KEEP IT TRUE. Zunächst in ‘nen Umhang über ihrem stilsicheren SACRED BLADE-T-Shirt gewandet stapft die Sängerin energisch über die Bühne und untermalt die Songs mit eindringlichen Gesten. Ähnlich wie Jex von JEX THOTH holt sie immer wieder mal Utensilien ran, mit denen beschwörend gefuchtelt wird, z.B. ein Paar dicke Ketten. Mag ich! Aber viel wichtiger sind die Songs, welche mehr noch als bei vergleichbaren Bands wie JEX THOTH oder BLOOD CEREMONY den Geist des 80er Heavy Metal atmen. Ultraschwere Sabbath-Riffs treffen auf mystisch anmutende Orgelklänge (von Giroux gezockt) und on top gibt’s die angenehm tiefe Stimme der Sängerin, welche auf Französisch von Okkultismus und Freiheit kündet. Mir fiel auf, dass gerade die größeren Magazine auf das (natürlich völlig grandiose) „Chapelle Ardente“-Album mit eher verhaltenen Kritiken reagiert haben. Das mag am trockenen Lo-Fi-Sound liegen, welcher einigen bestimmt nicht sensationell genug klingt. Trotz der erwähnten optischen Elemente setzen CAUCHEMAR aber eben nicht auf Effekte – hier spielt eine Band mit Charakter und Persönlichkeit, welche sich in nach vorne peitschenden (okay - manchmal: kriechenden) Heavy/Doom-Songs widerspiegeln. Ein Highlight setzt die Band mit einem Cover von Annick Giroux‘ Lieblingsband: JUDAS PRIEST, und zwar nicht mit einem der ganz offensichtlichen Klassiker, sondern mit dem Titelsong der Debutscheibe! „Man eatin momma, steam driven hammer / Sorts the men out from the boys / Rocka rolla woman for a rocka rolla man“ – hell yeah! Wir sind begeistert bis geflasht, müssen aber ohne größere Merch-Ernte zur S-Bahn stürmen, um unseren Zug zu erwischen, was auch gerade so gelingt. Jan hat hoffentlich gute Fotos geschossen, die er demnäxt hier reinbeamen wird.
 

„Ah, le souffle des ténèbres
Refroidit les tombes
Ouvre un passage funèbre
La voûte du tombeau sacré
Longtemps condamnée
Révèle ses mystères dorés

Le roi repose sur une stèle
Chargée de secrets
Symboles éternels
Du vide de ses yeux
Naît l'éclat hâlé
De joyaux merveilleux

Voyage au bout de la nuit
Saint martyr
Brille comme mille bougies

Un jour, tu reviendras
Et ta gloire renaîtra
Yon étoile brillera
Voyage au bout de la nuit
Dans le temple de l'abîme
Au son des cloches de minuit.“

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