WACKEN OPEN AIR XXVII / 06.08.2016 – Wacken, Tag 3

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WACKEN OPEN AIR XXVII / 06.08.2016 – Wacken, Tag 4 (Saturday)

Philipp: Sechs Bands auf der Agenda zu haben, klingt bei einem Festival wie Wacken nicht nach einer opulenten Ausbeute. Aber gestern ist es spät geworden und so fliegen SYMPHONY X schon mal von der Liste. DRITTE WAHL, AURA NOIR und BARB WIRE DOLLS wären auch noch wat gewesen, aber Überschneidungen mit METAL CHURCH und TWISTED SISTER machen diese Erwägungen zu bloßen Gedankenspielen. Immerhin: Mit TRIPTYKON, METAL CHURCH und TWISTED SISTER kommen drei Legenden, YEAR OF THE GOAT sind ein Undergroundknaller, den ich noch nicht gesehen habe, mit MYRKUR erwartet mich noch was mir bis jetzt völlig Unbekanntes und dann gedenke ich noch einen Blick auf die Comedytruppe STEEL PANTHER zu werfen.

TRIPTYKON
Bericht von Strecker, Stefan, Vincent und Philipp. Fotos von Toni Gunner.




Strecker: Die Nacht zuvor hat Spuren hinterlassen und ich benötigte einige Zeit, um fit zu werden. Kollegin Anke war bereits abgereist, da es für sie weiter in den wohlverdienten Urlaub ging. Stefan und Philipp waren natürlich noch da und planten bei einem Frühstücksbier den Tag. So eine Tagesplanung in Wacken sieht übrigens immer gleich aus. Man guckt zum gefühlt 10.000 mal in das Programm und überlegt sich, welche Bands man sehen möchte, wann Zeit ist etwas zu essen, ob und wann man sich mit Bekannten treffen könnte und letztendlich kommt alles sowieso ganz anders, als zuvor mühselig überlegt.

Vincent: Es steht der letzte Festival Tag auf dem Programm. Ich werde morgens von einem Hagelschauer geweckt, der dann aber abzieht und die Sonne erscheint am Himmel. Nun heißt es sich wieder fit zu machen und den Grill anzuschmeißen, der auf dem Balkon steht. Nach einer ausführlichen Grillung starten wir.


MYRKUR


MYRKUR



Philipp: Immerhin schaffen wir es, rechtzeitig zu MYRKUR vor der Headbangers Stage zu verweilen. Im Nachhinein überrascht es mich, dass ich von MYRKUR beziehungsweise der dahinter stehenden dänischen Musikerin Amalie Bruun noch rein gar nichts mitbekommen hatte, gab es doch offenbar einen regelrechten Aufschrei in orthodoxen Black-Metal-Kreisen, weil die Dame trotz Pop-Affinität ein Album mit Leuten von u.a. ULVER im Stil von WOLVES IN THE THRONE ROOM, AGALLOCH, ALCEST oder eben ULVER aufgenommen habe. Wie untrve! Tatsächlich erweist sich das Dargebotene als mindestens interessant und sehenswert. Die Sängerin bedient zwei Mikros, welche treehuggermäßig an einem Mikroständer in Astdesign befestigt sind. In das eine faucht und bellt sie schwarzmetallisch, während das andere für klaren Gesang reserviert ist. Beides beherrscht sie ziemlich gut. Ihr Stageacting ist mir persönlich einen Tick zu theatralisch, zu gespielt. Dennoch gibt es richtig schöne Shoegaze-Momente zum Abheben, die tatsächlich in Richtung ALCEST gehen. Zum Abschluss gibt es eine äußerst gelungene und sehr chillige Version von „Song To Hall Up High“ (BATHORY, ne), der Gänsehaut verursacht.

Stefan: Nachdem der Samstagmorgen doch etwas schwerlich anläuft, schaffen wir dann pünktlich zu MYRKUR zur Headbangers Stage. Das One-Woman-Projekt aus Dänemark spielt Black Metal im Stile von Ulver oder Agalloch. Für Black Metal Puristen ist das natürlich nichts, mir persönlich gefällt der Mix aus Black Metal Gekreische und klaren Gesang jedoch sehr gut. Optisch ist einiges vielleicht zu aufgesetzt und theatralisch, musikalisch ist für mich aber spätestens mit dem abschließenden Bathory-Cover "Song To Hall Up High" der musikalische Start in den abschließenden Samstag gelungen.


DEVILDRIVER

Strecker: Nachdem meine Grundfunktionen bestehend aus Zigaretten drehen und Bier festhalten wieder hergestellt waren, machte ich mich auf den Weg zur Party Stage, auf der ich Devildriver gucken wollte. Obwohl es in der Nacht kaum noch geregnet hatte, war das Gelände vor der Party Stage mal so richtig im Arsch. Es bot sich ein Bild, das dem Naturpark Wattenmeer durchaus Konkurrenz machen kann. Egal. Es war der letzte Tag und die warme Dusche zuhause nicht mehr weit weg. Also Getränk besorgen und ab in den Modder. Es war zum Glück noch nicht ganz so voll und ich fand schnell eine Insel, auf der ich das Konzert gucken konnte. Ich finde, dass die Songs von Devildriver keine kompositorischen Meisterleistungen sind, aber durchaus ihre Momente haben und live macht es Spaß zu gucken. Vor allem die Energie, die die Band hat, springt schnell über und auch die Dankesreden -zugegeben etwas viel- wirkten durchaus ernst gemeint und nicht aufgesetzt. Nachts auf der Zeltbühne wäre das Konzert bestimmt ein richtiger Abriss geworden. Nachmittags auf einer Open Air Bühne war es „nur“ ein Konzert von vielen.


YEAR OF THE GOAT

Philipp: Und hopp geht es einfach rüber zur W:E:T-Stage für einen echten Gourmethappen. YEAR OF THE GOAT verehre ich seit ihrer ersten EP „Lucem Ferre“, konnte die Band aber noch nie live ergattern. Da mag es schade sein, dass sie von Ván zu Napalm gewechselt sind – immerhin kommen sie nun offenbar mehr rum. Mit „Angels Necropolis“ geht es gleich heavy, filigran, doomig und einfach ergreifend zugleich los – Thomas „Sabbathi“ Ericksson (g, v) wird dabei stimmlich von Keyboarder Pope unterstützt, was den Charakter der Songs noch vertieft. Die schweren Beats des Sextetts werden von den unnachahmlichen psychedelischen Gitarrenmelodien umtänzelt. Mit „The Key And The Gate“, „Pillars Of The South“, „Vermillion Clouds“, „Vermin“, “Black Light” und “Riders Of Vultures” beweisen YEAR OF THE GOAT, dass sie vom Songwritingniveau her auf einer Stufe mit GHOST stehen, vielleicht sogar die schöneren Melodien aus dem Hut zu zaubern vermögen. Im Vergleich sind sie jedenfalls melancholischer, dramatischer und durch so manch bewegende zartbittere Weise tiefgehender. Der stärkste Okkultrock seit Roky Erickson!

Stefan: Ich gebe zu, ich habe YEAR OF THE GOAT bisher eher links liegen gelassen, da mich Griftegard, die ehemalige Zweitband von Sänger/Gitarrist Thomas Eriksson, unfassbar gelangweilt haben und ich wohl deshalb keinerlei Erwartungen an YOTG hatte. Nach dem heutigen Auftritt auf der W:E:T-Stage bin ich allerdings schwer begeistert. Okkult-/Retrorock wird zwar heutzutage an jeder Bushaltestelle gespielt, allerdings nicht auf diesem Niveau! Songtitel kann ich aus eben beschriebenen Grunde nicht nennen, die Gitarren- und Gesangsmelodien (unterstützt vom Keyboarder) sind aber wunderbar melancholisch und begeistern sofort, auch ohne die Songs zu kennen. Für mich eine der größten Überraschungen des Festivals!

BORKNAGAR


BORKNAGAR




METAL CHURCH


Philipp: Bereits im Mai haben METAL CHURCH in Hamburg gezeigt, dass sie mit dem Rückkehrer Mike Howe wieder einen Schritt nach vorne gemacht haben. Die Band knüpft an die großartige Phase 1989 – 1993 an, in der sie zu den stärksten Heavy / Power Metalbands überhaupt zählte und eben nicht nur ihr Erbe verwaltet hat (wie mit Ronny Munroe, so gut der live auch gesungen hat). Was für eine Freude, Kracher wie „Fake Healer“, „Start The Fire“, „Date With Poverty“, „Badlands“, „Gods Of Second Chance“ oder „The Human Factor“ wieder mit dieser Stimme vorgetragen zu bekommen, die sich exakt wie früher nur so durch die Gehörgänge brennt und schneidet! Das einzige Manko ist dasselbe wie auf der Tour – von den ersten beiden Platten steht zu wenig in der Setlist und dass der Song „Metal Church“ fehlt, kann kein Mensch verstehen. Was für ein Bandmeeting muss das gewesen sein, auf dem dies entschieden wurde? „Ey, lasst uns mal ‘Metal Church‘ weglassen! Einmal so richtig hart den Erwartungen verweigern!“ Aber was soll’s, beim nächsten Trip wird das Ding ja wohl wieder dabei sein. Und heute gibt es immerhin „Beyond The Black“ zu hören, den ich zu meinen persönlichen HM Top Ten-Songs zähle. Pure Magie.

Stefan: Zurück im Infield gibt es für mich zum 3. Mal innerhalb weniger Wochen METAL CHURCH zu sehen. Nach dem Triumphzug aufm Bang your head-Festival ist die Stimmung heute allerdings nicht ganz so gut. Das ist allerdings weniger der Band geschuldet, sondern wohl eher den äußeren Umständen. Das Gelände ist weiterhin eine Schlammfeld und einzelnen Grüppchen stehen um die Pfützen herum verteilt. Nicht gerade optimal!
Die Band selbst und vor allem Mike Howe sind in großartiger Form und spielen größtenteils Songs von Alben, auf denen er gesungen hat. Für mich ist "Badlands" immer wieder mein persönliches Highlight. Der Song "Metal Church" wird erneut ignoriert, empfinde ich allerdings als nicht soooo schlimm. Gibt genug gute Songs. Bei der nächsten Tour ist er dann aber hoffentlich wieder dabei! ;-)

Strecker: Nun ging es rüber zu den Hauptbühnen und ich fand schnell den Rest der Dremu-Crew wieder und wir guckten uns Metal Church zusammen an. Wer bei den Fernsehaufnahmen genau hinguckt, findet den Beweis, dass wir wirklich vor Ort waren und uns den ganzen Kram nicht ausdenken. Die aktuelle Platte mit dem Rückkehrer Mike Howe ist schon mal super geworden und so sollte auch das Konzert werden. Zwar waren Metal Church nicht ganz so energiegeladen wie Devildriver zuvor, muss auch nicht sein. Metal Church haben dafür richtig gute Songs und da reicht es mir aus, wenn die Band diese gut spielt und man den Musikern anmerkt, dass sie Spaß an der Sache haben. Dies erfüllten Metal Church voll und ganz. Sänger Mike Howe war richtig gut bei Stimme und es passte jeder Ton. Der Sound war gut und druckvoll und selbst ein kaputtes Schlagzeug störte nicht weiter. Das Schlagzeug wurde schnell repariert und so konnte es weiter gehen. Schön war es Songs wie „Watch The Children Pray“ und „Gods Of Secound Chance“ nach langer Zeit wieder live zu hören. In der Form dürfen Metal Church gerne häufiger im norddeutschen Raum spielen.  


THERION


THERION

 
STEEL PANTHER

Philipp: Wie witzig ist ein Witz, der einem zum zweiten Mal erzählt wird? STEEL PANTHER konnten mich mit ihrer Glam-Parodie beim letzten Wackenauftritt durchaus einige Male zum Lachen bringen, heute reicht es immerhin noch für zwei, drei Schmunzler. Sänger: „Germany! You’re the best audience in the world!“ Dummer Bassist: „You said it was Switzerland!“ Sänger: „Shut the fuck up, you idiot!“ Eine Zukunft sehe ich für die Band aber nicht. Die Songs will man ja nicht wirklich hören (geschweige denn zu Hause), die sind eher Beiwerk zur Show. Diese ist allerdings nahezu identisch mit 2014. Der Bassist holt wieder seinen Spiegel raus, Mädchen werden auf die Bühne geholt (allerdings bis auf eine Ausnahme gefaket, denn die meisten Grazien, die über die Bühne stolzieren, sind definitiv keine Zuschauerinnen, sondern bestellte Models, was dann auch den leicht anarchisch-verruchten Faktor reduziert), und Mitsingspielchen veranstaltet. Muss ich kein drittes Mal haben.

Stefan: Am frühen Abend gibt es dann leichte Unterhaltung auf der True Metal Stage. STEEL PANTHER sind mal wieder in Wacken und veralbern gekonnt die 80er Hair Metal Szene. Der Humor ist natürlich eher flach und mag nicht jedem gefallen, das musikalische Können ist aber zweifelsohne vorhanden. Ich fühle mich gut unterhalten und am sehr gut gefüllten Infield ist zu erkennen, dass ich damit nicht alleine bin.

Strecker: Der riesige Hirsch eines Kräutergetränke-Herstellers aus Braunschweig eignete sich gut als Treffpunkt und so schaffte ich es tatsächlich mal, mich wie verabredet und nicht nur zufällig mit einigen Freunden zu treffen. Nach kurzer Begrüßung ging es dann zurück vor die Bühne, denn Steel Panther wollten wir sehen. Den Plan verfolgten mehrere Besucher und es war richtig voll vor der Bühne und wir standen ganz schön weit weg, so dass wir das Konzert überwiegend auf einer der Leinwände verfolgten und nur gelegentlich mal direkt auf die Bühne guckten. War allerdings nicht schlimm. Der Witz Steel Panther ist mittlerweile oft genug erzählt worden und die immer gleichen Ansagen fangen mittlerweile an zu nerven, obwohl ich die Band erst zum zweiten Mal sah, passierte nicht viel Neues. Klar ist die Band immer noch unterhaltsam, aber auch in ihrem Konzept festgefahren. Da fehlen mir die Überraschungen. Vor dem Hintergrund, dass bei Steel Panther brillante Musiker agieren, finde ich es schaden, dass sich die Band selbst so limitiert und nicht den Mut hat, etwas ernsthafter und somit auch interessanter zu werden. Im Vergleich zum letzten Wacken Auftritt gab es diesmal weniger Publikumsbesuch auf der Bühne und es wurde auf mitgebrachte Mädels zurückgegriffen. Fand ich besser. In der Setlist standen die erwarteten Songs wie „Asian Hooker”, “Party Like Tomorrow Is The End Of The World” und natürlich “Death To All But Metal”. Wie gesagt, unterhaltsam war das Konzert schon, aber so schnell muss ich Steel Panther nicht wieder sehen.

Vincent: Um uns herum ist es schon mittags brechend voll und es ist kein Durchkommen mehr möglich. Durch Schleichwege erreichen wir dann das Festivalgelände. Stehen im Matsch ist mittlerweile zum Standard geworden und wir gucken uns auf der Hauptbühne die Band STEEL PANTHER an. Hier erwartet und eine Mischung aus auftoupierten Haaren, Sonnenbrillen, Spandexhosen, Porno Metal und Proll. Die ganze Show wird mit vielen weiblichen Models auf der Bühne präsentiert, die aufreizend die Musiker antanzen. Viele Ansagen des Sängers gehen in Richtung Porno. Die Musik bei STEEL PANTHER, Heavy Metal, ist eher zweitrangig, es zählt hier einzig die Show, die vom Zuhörer gut angenommen wird.


TRIPTYKON

Philipp: Ugh! Mit einer düsteren und zähen sonischen Attacke blasen Tom Warrior und seine Band sämtliche Oberflächlichkeiten vom Infield. Was ich gar nicht wusste, das legendäre Giger-Backdrop aber bereits andeutet: Der Auftritt steht heute im Zeichen von CELTIC FROST. Mit „Procreation (Of The Wicked)“, „Dethroned Emporer“, „The Ursuper“ (Alter!), “Circle Of The Tyrants”, “Morbid Tales” und “Obscured” stehen gleich sechs frostige Biester auf der Setlist! Letzterer wird gar zusammen mit Simone Vollenweider vorgetragen, der Person, welche schon auf „Monotheist“ mit leidender Stimme zu hören war. Zusammen mit „Goetia“, „Aurorae“ und „The Prolonging“ wird der Auftritt zur fiesen schwarzen Messe, optisch unterstützt noch durch Feuerkelche und überdimensionierte Inverted Crosses. Irritierend wirkt auf mich nur, dass Tom Warrior fast die ganze Zeit lächelt (!) – das ist neu. Egal, festzuhalten bleibt, dass TRIPTYKON das Erbe von HELLHAMMER und CELTIC FROST auf düsterste Art fortsetzen und Tom seinen Frieden mit der Vergangenheit geschlossen hat. Deshalb nochmal: Ugh!


CLUTCH

Stefan: Tja, TRIPTYKON oder CLUTCH lautet die nächste Frage. Da ich CLUTCH in den letzten Jahren eindeutig seltener gesehen habe, bewege ich mich zum Maryland-Quartett zur Party Stage. Hier ist der Schlamm immer noch am schlimmsten, weshalb immer wieder deutliche Lücken im Publikum sind. Stimmungstechnisch natürlich nicht optimal, ich suche mir ein halbwegs vernünftiges Plätzchen und genieße bei leckeren Bier den Stoner-/Bluesrock von CLUTCH. Der Sound ist gut und die Band reiht einen Song an den anderen, ohne viel Schnickschnack zwischendrin. Das ist natürlich ein totaler Kontrast zu STEEL PANTHER, aber unter anderem genau dafür sind Festivals da. Der Showfaktor ist eher gering, trotzdem ist auch hier die Stimmung gut. Hier überzeugt die Musik. Bei Songs wie "Earth Rocker" oder "Electric Worry / One Eye Dollar" aber auch kein Wunder! Gelungener Auftritt!

Strecker: Nun gab es mal wieder eine ärgerliche Überschneidung. Triptykon oder Clutch war die Frage. Ich entschied mich für Clutch und es ging wieder zurück in den Sumpf vor der Party Stage. Vor vielen Jahren habe ich Clutch mal in Roskilde gesehen. Die Band war mir damals noch völlig unbekannt und das Konzert hat mich richtig umgehauen. Seitdem habe ich mir zwar die Platten der Band zugelegt, es aber nicht geschafft Clutch noch mal live zu sehen. Wurde also allerhöchste Zeit. Der leicht süßliche Geruch von diversen Sportzigaretten deutete schon an, dass Clutch im weitesten Sinne aus dem Stoner-Umfeld kommen. Wüstensound mit nassen Füßen zu hören passt nicht optimal, ging allerdings ganz gut und war eine neue Erfahrung. Die Musiker präsentierten sich für meinen Geschmack etwas zu routiniert, spielten die Songs souverän runter und die Ansagen wurden auf ein Minimum begrenzt, so dass zwischen den Songs teilweise recht lange Pausen entstanden. Ich hätte etwas mehr Leidenschaft erwartet. So blieb bei mir hängen, dass ich ein gutes Konzert gesehen habe, die Band aber deutlich mehr und besser sein kann. Schade. Ich hatte etwas mehr erwartet, zumal sich Clutch auch auf Matsch reimt. Der Kommentar stammt von zwei Sportzigarettenrauchern, die den sehr lustig fanden.


TWISTED SISTER

Philipp: Allein für diese Show hätte sich der Besuch von Wacken 2016 gelohnt! TWISTED SISTER machen die Kneipe dicht und Dee Snider verdeutlicht während des Konzerts gleich mehrfach, dass diese Abschiedstour keine weiteren Reunions nach sich ziehen wird: „This is no SCORPIONS-retirement!“ Auch ansonsten glänzt Mr. Snider in jedem Moment als einer der besten Rock’n’Roll-Entertainer. Das heißt pure Action, gezielt sitzende Ansagen, die dennoch nicht einstudiert wirken, barbarisch geiler Gesang und Hits, Hits, Hits. Ich war 2003 dabei, als TWISTED SISTER zum ersten Mal in Wacken gespielt haben. Diese Show soll laut Interviewaussagen die Messlatte für das heutige Ding bieten. Und was soll man sagen: Vielleicht lässt sich die Magie von 2003 nicht zu ganzen 100% wiederholen (das Publikum war damals NOCH etwas euphorischer), aber TWISTED SISTER sind verdammt nah dran! Von „Stay Hungry“ über „You Can’t Stop Rock’n’Roll“ und „Under The Blade“ bis hin zu „S.M.F“ rockt die Band Wacken in Grund und Boden. Erfreulich ist dabei auch, wie nah Mike Portnoy sich am Schlagzeugspiel von A.J. Pero (R.I.P.) orientiert. Dem verstorbenen Drummer (und Lemmy) wird natürlich auch „The Price“ gewidmet, vor welchem Jay Jay French eine flammende Rock’n’Roll-Speech hält. Wir sind völlig begeistert und ziehen den Hut vor einer beispiellosen Karriere. TWISTED FUCKIN‘ SISTER! Danach kann nichts mehr kommen, ich verzichte auf DIO DISCIPLES, ARCH ENEMY etc. und feiere lieber, bis es hell wird.

Stefan: Trotz IRON MAIDEN kommt jetzt mein persönliches Highlight des diesjährigen Wacken. TWISTED SISTER geben sich auf ihrer Abschiedstournee die Ehre auf der True Metal Stage. Wie Dee Snider und auch JayJay French glaubhaft versichern, wird es bei TWISTED SISTER keine weiteren Reunions mehr geben. Also heißt es heute von weiteren Helden meiner Jugend livehaftig Abschied zu nehmen. Der Beginn mit "Stay hungry" und "The kids are back" ist schon mal exzellent! Der Sound passt und die Stimmung könnte kaum besser sein. Nahezu unglaublich ist die Bühnenpräsenz des mittlerweile 61-jährigen Dee Snider. Definitiv einer der besten Frontmänner in der Geschichte des Metals! Stimmlich immer noch in hervorragender Verfassung und permanent in Bewegung, frisst ihm das Publikum aus der Hand. Bei der Fülle an Hits aber auch nicht verwunderlich. Die Version von "We're not gonna take it" dauert knapp 10 min, weil der Refrain von Zehntausenden immer und immer wieder geschmettert wird! Selten hat eine Band in Wacken so dermaßen abgeräumt! YOU CAN'T STOP ROCK'N'ROLL!!!

Strecker: Zurück vor der Hauptbühne stand nun das Highlight des diesjährigen Festivals an und Twisted Sister betraten die Bühne für ihre allerletzte Deutschland-Show. Schnell war klar, dass Dee Snider der Chef auf der Bühne war. Durch die dominante Performance von Dee Snider wurden die anderen Musiker leider etwas in den Hintergrund gedrängt und konnten nur gelegentlich zeigen, dass sie durchaus ihren Anteil an dem Erfolg der Band hatten. Neben einer Klassiker-Setlist gab es auch immer wieder längere Dankesreden an die besten Fans der Welt und die besten Musiker, mit denen man in einer Band spielen kann. Klar war es die Abschiedsshow und ich finde es völlig ok, auch mal Danke zu sagen. Für meinen Geschmack waren es ein paar Danke zu viel und weniger wäre da mehr gewesen. Da hätten Twisted Sister die Zeit lieber für ein oder zwei Songs mehr nutzen können. Wo war z.B. „Love Is For Suckers“. Ich weiß, nicht die erste Wahl an Twisted-Sister-Songs, aber auch nicht so schlecht, um den Song zugunsten einer weiteren Lobhudelei nicht zu spielen. (Seh ich tatsächlich ganz anders: Ich liebe Dee Sniders Ansagen so sehr, dass ich für mehr Ansagen sogar auf einen der Songs verzichtet hätte. Anm. Philipp) Trotz meiner Nörgelei war es ein großartiges Konzert und meiner Meinung nach müssen Twisted Sister noch lange nicht in Rente gehen. Die berechtigte gute Kritik gibt es in den Absätzen von Stefan und Philipp zu lesen.

Mit Twisted Sister ging auch Wacken 2016 für mich zu ende. Arch Enemy hätte ich im Nachhinein gern gesehen. Vor Ort ging es aber nicht. Vier Tage im Schlamm durch die Gegend zu latschen hatte Spuren bei mir hinterlassen und ich wollte mal sitzen und vor allem aus diesen Schuhen raus, die mittlerweile ordentlich an Gewicht zugelegt hatten. Also ging es zurück ins Camp und relativ schnell in den Schlafsack. Am nächsten Morgen wurde dann gepackt und es ging zurück nach Kiel und endlich unter eine warme Dusche.

Vincent: Im Anschluss sehen wir die Amerikaner von TWISTED SISTER auf der Hauptbühne. Die Band ist hinreichend bekannt und seit über 30 Jahren im Rock Geschäft tätig. Sänger Deen Schneider (Alter, Vince, echt jetzt? Anm. Red) ist bereits 67 Jahre alt, aber immer noch durchtrainierter als viele seiner Zuhörer. Die Band rockt ein ordentliches Set herunter und es werden viele Klassiker gespielt wie z.B. „WE‘RE NOT GONNA TAKE IT“. Dieser Song wird von vielen und besonders den älteren Zuhörer mitgesungen und abgefeiert. Auch diese Band ist lange keine sechzehn mehr und hat so laut Sänger vor, bald in den wohlverdienten Ruhestand zugehen. Dieses TWISTED SISTER Konzerte ist für uns dann das letzte auf unserer vier tätigen Konzertreise welches wir uns in Wacken ansehen werden.


FAZIT

Philipp: Obwohl das Wetter überwiegend gut war, glichen Teile von Wacken wieder einem apokalyptischen Wasteland. Das Infield und die Wege zu den relevanten Festivalbereichen waren davon nicht mal so stark betroffen wie die weiter entfernt liegenden Campgrounds. Ich hab mehrfach Leute besucht und das ist ja schon Schwerstarbeit! Und da die Sommer in Schleswig-Holstein in den nächsten Jahren nicht unbedingt beständiger ausfallen werden, müssen die W:O:A-Organisatoren sich da wohl doch etwas ausdenken und bestimmte Wege befestigen. Das Gute: Pläne in der Richtung werden offenbar tatsächlich entwickelt. Man darf gespannt sein. Ansonsten habe ich wenig zu meckern. Nennenswerte Wartezeiten gab es nicht, das bargeldlose Bezahlen im Backstagebereich hat nicht genervt (wird bestimmt ab nächstem Jahr aufs gesamte Festival ausgedehnt werden) , mit dem Poetry Slam gab es auch mal eine positive Neuerung und in Sachen Sicherheit schien mir alles rund zu laufen. Bandtechnisch gab es herrliche Konzerte zu sehen. Als Trend sehe ich für mich persönlich, dass mich die großen Namen auf den Hauptbühnen in Zukunft weniger ansprechen werden. Wenn nach BLACK SABBATH, TWISTED SISTER, SCORPIONS etc. auch irgendwann JUDAS PRIEST und IRON MAIDEN abgetreten sind und die „Headliner“ dann SABATON und POWERWOLF heißen, werde ich wohl früher feiern gehen können... Aber bereits in diesem Jahr zählten viele kleinere Bands wie LOUDNESS, ALCEST, YEAR OF THE GOAT oder NEGATIVE APPROACH zu den Highlights, sodass ich in der Hinsicht zuversichtlich bleibe. Fürs nächste Jahr, das übrigens bis jetzt noch nicht ausverkauft ist, werden u.a. NAPALM DEATH, EMPORER, TURBONEGRO, GRAND MAGUS, CANDLEMASS, FATES WARNING, AURA NOIR, KREATOR, ORANGE GOBLIN, RAGE und HEAVEN SHALL BURN angekündigt, um mal Bands herauszugreifen, die für mich relevant sind.

Stefan: Wie schon seit 1997 hat das Wochenende in Wacken wieder absolut Spaß gemacht. Organisatorisch gibt es eigentlich nichts zu mäkeln, musikalische Highlights gab es auch wieder mehr als ausreichend. Kirmeskram wie Wrestling wurde reduziert und in ein kleines Nebenzelt verlegt. Klar rennen bei 80000 bis 100000 Leuten auch ein paar Spacken durch die Gegend. Die Quote ist aber so gering, dass man diese auch gepflegt ignorieren kann. Einziges Manko waren wie schon im Vorjahr die Bodenverhältnisse. Ein Wacken, bei dem man sich einfach mal so auf die grüne Wiese hocken kann, wäre mal wieder schön. Offensichtlich gehen die Verantwortlichen dieses Problem aber mal an und versuchen im Rahmen ihrer Möglichkeiten die Situation für die kommenden Jahre zu verbessern. Dabei geht es nicht um meine persönliche Bequemlichkeit, sondern um die Verbesserung von Fluchtwegen und ähnlichem. Trotz des erhöhten Ticketpreises werde ich im nächsten Jahr wieder dabei sein. Es lohnt sich jedes Jahr!

Strecker: Auch mit etwas Abstand bleibt Wacken 2016 mit einem faden Beigeschmack in Erinnerung. Klar gab es noch immer jede Menge grandioser Konzerte zu sehen und fast alle Besucher und Ordner waren nett und freundlich und sorgten für die typische Wacken Atmosphäre, machten das Beste aus dem Wetter und dem Schlamm und blieben friedlich und entspannt. Gerade letzteres ist leider nicht selbstverständlich und wurde auf anderen Festivals schon ganz anders erlebt. Dennoch denke ich, dass es Sache der Veranstalter ist dafür zu sorgen, dass das Gelände sicher und begehbar ist. Es ist nicht so überraschend, dass es im August in Norddeutschland mal regnet und von daher sollte doch nach Möglichkeiten gesucht werden, um die Wege und zumindest die Plätze vor den Bühnen so zu befestigen, dass man dort nicht knietief im Schlamm versinkt. Ein paar mehr Sitzgelegenheiten würde ich auch begrüßen. Seitens der Veranstalter wurde bereits angekündigt, dass es in dieser Hinsicht Verbesserungen geben soll. Ich bin gespannt.

Spaß gemacht hat Wacken 2016 trotzdem und ich freue mich auf das Wacken 2017. Dann hoffentlich mal wieder mit etwas Sonnenschein. Dunkel erinnere ich mich daran, dass auch in Wacken und zurzeit des Festivals die Sonne mal geschienen hat und sich sehr viele Leute über die Hitze beschwert haben. Wir werden es erleben und berichten.

Vincent: Die Koffer und das Auto sind bereits gepackt und wir treten gegen 1.00 Uhr nachts die Rückreise in die Heimat an. Wir verabschieden uns schweren Herzens von vielen alten und neuen Bekannten, vielen Eindrücken und den heiligen Feldern Wackens. Die Heimreise verläuft, außer dass wir auf der Landstraße noch geblitzt werden, ohne weitere Zwischenfälle und Staus ab. Das wird ohne große Aufmerksamkeit in Kauf genommen, haben alle von uns ein schönes und abwechslungsreiches Metal Wochenende hinter sich gebracht. Dadurch dass viele Medien wie z.B. TV, Radio, Internet und Magazine ausführlich und täglich über das W:OA. berichtet haben, war der normale Biedermann genauestens im Bilde, was auf dem größten Metal Fest dieses Planeten so alles vor sich ging. Auch nerven die vielen überflüssigen Sensationstouristen und W:OA.-Mallorca Typen. Dennoch überwog bei uns das positive Erlebnis eines Festivals wie dem W.O.A. 2016. Wir erlebten viele interessante und hilfsbereite Menschen, vorne weg Ron Paustian, der vieles möglich machte, gute Konzerte, viel Matsch/Regen, eine tolle Unterkunft, gutes Essen und Getränke sowie viele neue und unbekannte Bands aus aller Welt. Ihr könnt also auch hier Spaß haben, auch wenn das Festivalticket für 2017 220,- Euro kosten soll und schon viele Ticket verkauft sind. Stay Metal!

Kommentare   

+2 #1 Philipp 2016-11-05 11:51
Mittlerweile gibt es übrigens konkrete Neuigkeiten zu den Infrastrukturmaßnahmen in Wacken.

Bauphase 1 - Planierung des Geländes:
http://www.wacken.com/de/news/news/news-detail/umfangreiche-infrastrukturmassnahmen-in-wacken-bauphase-1/

Bauphase 2 - neue Drainage:
http://www.wacken.com/de/news/news/news-detail/bauphase-2-in-wacken-die-neue-drainage/

Bauphase 3 - Aufschüttungen und Aussaat:
http://www.wacken.com/de/news/news/news-detail/bauphase-3-in-wacken-senf-bier-und-schotter/
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