HAMMERHEAD, GULAG BEACH, CULT VALUES, KRANK / 10.06.2016 – Hamburg, Hafenklang

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Plötzlicher Arbeitseifer bei HAMMERHEAD: Hauen die Pferde doch nach läppischen 16 Jahren Tonträgerstille glatt ‘ne Single raus. Und krönen das Ganze mit Releaseshows (oder wäre hier der Singular angebracht? Ich heiße zwar Philipp, aber nicht HAMMERHEADphil, interessiere mich also nicht für JEDES Konzert der Band, sondern faulerweise nur für die in der Nähe), u.a. im Hafenklang. Opa war in Ordnung? Das wollen wir doch mal überprüfen.




Erwähnter HammerheadPHIL ist übrigens heute mal nicht dabei und trägt mir auf, die neue 7Inch in einer Art limitierten Version mitzubringen. Gute Besserung an dieser Stelle, denn natürlich kann hier nur eine ganz fiese Krankheitsattacke der Hintergrund sein. Wir schlagen sogar pünktlich genug beim Hafenklang auf, um alle vier Bands sehen zu können, treffen unzählige bekannte Menschen, lernen neue kennen (manchmal auch, ohne das zu wollen), glotzen ins Hamburger Hafenwasser und hängen überhaupt viel auf der Straße ab.


Endlich mal wieder KRANK! Die mochte ich ja schon auf der Bootsfahrt mit EMPOWERMENT. Leider war ich damals zu langsam, um mir deren erste 7Inch zu holen, was ich heute immerhin ein wenig wieder gutmache, indem ich eine ihrer letzten LPs abernte. Das Ding ist super und das Konzert auch! Um es vorwegzunehmen: Alle drei Bands, die vor HAMMERHEAD spielen (ihr merkt: Ich winde mich um das Unwort Vorband), haben was zu bieten, aber KRANK gefallen mir von ihnen am besten. Mit einem Songtitel wie „Karlsquell Samurai“ haben die mich gleich im Sack, mit Texten wie „Türme der Macht auf Münzen errichtet / bedrucktes Papier nur Fahnen im Wind / Verheißen Tod, aber Freiheit / Euch ein Gott und ein Gefängnis / Besetzt die Türme, verbrennt die Fahnen / Zerschlagt die Mauern, verbrennt die Fahnen!“ sowieso („Kauf dich glücklich“). Typisch Hamburg-Sound (positiv gemeint, logisch), dazu ein Sänger, der wirklich klingt, als ob er gleich durchdrehe (ja, etwas Rachut schwebt da schon mit, auch das find ich gut), das Ganze schön rotzig und nicht zu verkopft – EILEIKKRANK!


CULT VALUES sind aber auch gut. Schön oldschooliger Hardcore im ursprünglichen Sinne. Also natürlich nicht so’n Affenhardcore, das will ja hier keiner hören, sondern Hardcore, der den PUNK großschreibt. Irgendwer erzählt mir, dass ein oder zwei Bandmitglieder auch bei CATHOLIC GUILT zocken. Geil, gefällt mir, denn von denen hab ich ‘ne LP, die ich gerne höre. Flott nach vorne, toller Sänger, mir flattern ganz große Referenzbandnamen durch den Kopf, aber die würden jetzt nur in die Irre führen. Der Hamburger Mob bleibt noch recht verhalten, Half Circle Culture at it’s best. Danach erzählt jede_r, wie gut er/sie/es die Band fand. Aber ich will nicht meckern, hab ja auch nur doof rumgestanden. Aber glücklich gegrinst dabei.


GULAG BEACH – so würde ich meine Band wohl nicht nennen. Da würden mich mal die Texte interessieren... Egal, harte Fakten: Wie CULT VALUES kommen auch GULAG BEACH aus Berlin. Und sie machen Punk. Schön schrammelig und ganz schön melodisch. Verdammt, der Sänger kommt mir total bekannt vor, irgendwo hab ich die Fresse doch schon mal gesehen. Aber ich kann den Finger nich draufpacken, wie der Engländer sagt. Löst sich angesichts dieser unwiderstehlichen Melodien und des geil gelangweilt guckenden Gitarristen nun der Halbkreis vor der Bühne auf? Einige fangen an, ihre Hüften zu schwingen, aber nein, noch kommt keine Tanzstimmung auf. Hab nicht alles von diesem Auftritt gesehen, aber gute Band und jetzt ärgere ich mich, dass ich keinen Tonträger mitgenommen habe, sofern es denn einen gab.


Als HAMMERHEAD loslegen, merk ich erst, dass es heute ausverkauft ist. Plötzlich ist die Hütte voll, das Street Boozing ist beendet. Alle haben offenbar bei den drei vorherigen Bands gewartet, um erst jetzt zu eskalieren. Ich bin im Grunde den ganzen Gig über hin- und hergerissen zwischen auf die Bühne gucken oder halt Leute im Mob bestaunen. Da gibt es eine ganze Palette an Emotionen zu sehen: eine Frau guckt ganz traurig, weil ihr jemand das Bier aus der Hand gehauen hat, ein junger Typ strahlt, weil offenbar ein Lieblingssong geballert wird, viele verzerrte Fratzen könnten Wut ausdrücken, befinden sich aber wohl einfach nur in dieser Form, weil deren Besitzer_innen begeistert mitgrölen. Ein Spacko fällt mir unangenehm auf: Der hat echt mitten im Pit einen Rucksack auf dem Buckel und versucht wiederholt so springen, dass der Rucksack herumschwingt und anderen Leuten ins Gesicht gewuchtet wird. Wtf? Und das Biest scheint schwer zu sein. Steine drin? Dummer Plan jedenfalls, denn irgendwann raffen es die anderen Besucher_innen und hauen ihm die Beine weg, worauf der Kerl sich beleidigt verzieht. HAMMERHEAD machen indes alles richtig und gefallen mir wie schon auffer Stubnitz und im Skorbut besser als in den Neunzigern. Weiß auch nicht, manche behaupten ja das Gegenteil, aber ich finde, dass die Band jetzt viel besser das rüberbringt, was ich an ihr mag. Tobias Scheiße rüpelt sich durchs Set, rotzt die Textbrocken nahezu unverständlich heraus – und doch wird fast jedes Wort aus zahlreichen Kehlen mitgebölkt. „NY Firefighter“, „Asihochhäuser“, „Ich sauf allein“ – alles dabei. Die neuen Stücke reihen sich meiner Meinung nach nahtlos ein, rollen rabiat und im Wechsel schnell oder schmierig groovend aus der Anlage (die EP ist übrigens richtig gut). Da gehen wir doch irgendwann grinsend an die Hafenluft und freuen uns, ein paar Tage vorm Konz noch Tickets geholt zu haben.


Es schließt sich eine Odyssee durch Hamburch und Kiel an, die für sich schon erzählenswert wär. Irgendwann wundern wir uns, dass der gelbe Fucker schon hoch am Himmel steht.

Kommentare   

-1 #3 bockfred 2016-06-22 06:53
Ich finde die alten sachen schon geil und wollte auch nicht sagen dass ich die neue 7" kacke finde. Dass sie von vielen jetzt schon als der release des jahres abgefeiert wird, kann ich eben nicht nach voll ziehen.
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0 #2 Philipp 2016-06-21 08:00
Jetzt wäre natürlich interessant, ob du auf die alten HAMMERHEAD-Sachen stehst. Meiner Meinung nach ist die 7" nicht schwächer als meinetwegen das "weiße Album".
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+2 #1 bockfred 2016-06-20 22:25
Ich finde die single ja nicht verkehrt, aber nach den bewertungen die ich gehört habe absolut überbewertet. Das was die in achso abgefeierten interviews labern, ist doch auch nur ne masche. Hammerhead 2016 = viel gelaber und nicht viel dahinter. Ob das früher anders war weiß ich nicht, aber dass der tobias niemals ne mülltonne in ein schaufenster geworfen hat wissen wir ja alle ;)
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