BRIGADIR, ZUNDER / 03.05.2016 – Kiel, Medusa
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- Kategorie: Berichte aus dem Pit
- Veröffentlicht: Donnerstag, 05. Mai 2016 13:28
- Geschrieben von Philipp Wolter
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Da ist mensch wirklich fassungslos und hofft, dass der Drecksack tatsächlich gefunden wird. Haltet die Augen auf!
Dabei verläuft der Abend bis dahin ganz wunderbar. Das Medusa ist gut gefüllt, etliche Bekannte sind am Start, vorher, nachher und dazwischen lässt es sich gemütlich im herrlichen Innenhof oder am Tresen abhängen. ZUNDER rumpeln los und gefallen mir heute besser als unlängst in der Meierei. Liegt vielleicht an den Dialogen, die sich zwischen Band und Besucher_innen entspinnen: „Kiel, du hässliche Scheißstadt!“ – „Selber scheiße! Kannst nicht mal Gitarre spielen!“ – „Joah, das stimmt wohl.“ Oder nach einem kurzen Brecher: „Ey, das war kurz, aber intensiv.“ – Sänger Sascha: „Ja, paradox!“ Außerdem wird einer meiner liebsten Deutschpunksongs gecovert, nämlich „Nacht im Ghetto“ von RAZZIA. Insgesamt könnten ZUNDER ruhig noch etwas mehr aus sich rausgehen, ihr Auftreten wirkt auf mich fast etwas schüchtern.
Der erste Eindruck darf auch mal formuliert werden: BRIGADIR sind ma amtliche Kanten… Geht wohl auch nicht anders, wenn du – in Russland! – derart offensiv antifaschistische Haltung zeigst. Trotzdem schluckt der Westeuropäer erst mal bei einigen Ansagen. Man habe seine Waffen nicht mit auf Tour mitnehmen wollen, Kontrollen und so, klar, neulich aber sei ein Angriff von mit Macheten bewaffneter Faschos angekündigt gewesen, worauf man sich ein wenig nackt gefühlt habe. Die Bandphilosophie laute: Kommen die Faschos mit Macheten, greifst du zur Knarre; kommen sie aber mit Pistolen, greifst du zum Maschinengewehr, das nächste Stück heiße folglich 'Get Armed!'“ Hui, aber wenn mensch sich Erzählungen von russischen Antifaschist_innen anhört, dann wird klar, dass eine entsprechende politische Haltung dort nur unter Lebensgefahr vertreten werden kann. Um aber nicht falsch verstanden zu werden: BRIGADIR hauen jetzt nicht ein Hass-Statement nach dem anderen raus, sondern zeigen bei ihrem Auftritt Bock, Humor und Lebensfreude. Man könne sich kaum bewegen, das werde ein ganz harter Auftritt und Schuld daran sei ganz klar Herb, welcher die Band viel zu lecker und zu umfangreich bekocht habe. Musikalisch kommt das Ganze schön knackig, hart, aggressiv und melodisch. Brutal RASH Oi! sozusagen, wie man ihn z.B. von NON SERVIUM kennt, die prompt auch gecovert werden (neben BRIGADA FLORES MAGON übrigens).Grinsen muss ich ja etwas bei den wiederholten Appellen an alle Arbeiter, sich endlich zusammenzutun und die weltweite Revolution klarzumachen. „Wie viele Arbeiter_innen sind denn wohl heute hier?“, fragt mich da auch Dedl, um kurz darauf in einer Spielpause per Zwischenruf „ein lautes YEAH der versammelten Arbeiterklasse“ zu fordern. Aber Quatsch beiseite – die Texte und Anliegen BRIGADIRs gehen natürlich voll klar, solidarisiert sich die Band doch für Freiheit und Menschlichkeit und das kann niemals falsch sein! Um so asozialer der oben erwähnte Diebstahl, der einfach wütend macht.
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