GUM BLEED, MUTTERBEAST / 23.04.2016 – Kiel, Alte Meierei

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Dass in China Punk existiert, davon hab ich zwar schon gelesen, z.B. drückte mir jemand vor ein paar Jahren mal einen Flyer mit der Ankündigung “FANZUI XIANGFA – chinese DIY Hardcore Punk live im Hafenklang” in die Finger, aber Augenzeuge einer chinesischen Punkrocklivedarbietung bin ich bisher nicht geworden. Da lockt die Einladung von toanol-Records, sich heute trotz höchst attraktiven weiteren Veranstaltungen in Rendsburg, Hamburg etc. GUM BLEED in der Meierei zu geben, natürlich sehr.

GUM BLEED


Bilder von MetalSon



MUTTERBEAST spielen bereits, als wir eintreffen. Das Trio aus Stuttgart klang beim kurzen Anchecken etwas stonerlastig, worauf ich persönlich nur bedingt stehe. Viele Stonerbands klingen für mich dröge und uninspiriert. Der erste Eindruck täuschte aber, was mal wieder zeigt, dass so ein You-Tube-Reinhören meist eher für'n Arsch ist. Der Stoner-Einfluss ist zwar in einigen Songs vorhanden, z.B. durchaus in dem mit zwei Bässen (und somit ohne Gitarre) gezockten Stück, welches wir nach unserer Ankunft als erstes mitbekommen. Aber MUTTERBEAST zeigen sich in der Folge wesentlich variabler. Sie legen Jams ein, experimentieren mit unterschiedlichen Sounds (insgesamt kommen zwei Gitarren und drei Bässe zum Einsatz) und haben ein Vorbild: BLACK SABBATH. Welche nicht etwa eins zu eins kopiert, sondern als Einfluss originell transformiert werden. Zum Teil wird es mir fast zu dudelig, aber immer wieder finden die Stuttgarter durch schwere Riffs den Weg in meine Ohren zurück. Die Zugabe ist originell: Man wolle gern einen SABBATH-Song zocken, was aber Gefahr liefe, zu ausgelatscht zu wirken. Daher gibt's “Paranoid” in der Version von CINDY & BERT, also den “Hund von Baskerville”. Netter Schlenker, gute Version auch. Witzig, dass da noch nie vorher jemand drauf gekommen ist.


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GUM BLEED können in Sachen Originalität nicht mithalten. Ich hatte ein bisschen darauf gehofft, dass sich hier vielleicht eine ganz eigenwillige Punk-Interpretation entwickelt haben könnte. Aber GUM BLEED orientieren sich doch sehr stark an großen Namen, an Standards. Werden sie melodischer, muss man an RANCID denken, gehen sie die Sache aggressiver an, kommen CASUALTIES in den Sinn und so weiter. Kurios ist allerdings das Bühnenbild: Die Band hat Bock auf Videoeinspielungen zur Untermalung der Textinhalte. Bis hierhin nichts Ungewöhnliches. Jedoch ist der dazugehörige Beamer direkt vorm Sänger platziert und – noch besser - auch der Typ, der die Einspielungen am Laptop synchronisiert, befindet sich auf der Bühne. Quasi wie ein Keyboarder. Interessant natürlich die inhaltliche Seite der Band. Ich frage mich während des Konzerts schon, ob die Bandmitglieder angesichts von Titeln wie “Fuck Society” oder “No War But Class War” Repressionen befürchten müssen. Oder gehören GUM BLEED aus staatlicher Sicht zur Sorte “harmloser Musiker”? Stammen sie eher aus privilegierten Kreisen oder sind sie tatsächlich “punk as fuck”, wie sie selbst verkünden? Über toanol hab ich mal einfach direkt gefragt, Sänger Dee sagt dazu: “not really a problem for us in China... we know how to deal it, and the government is not really care about the sub-cultures… or the musicians lets say. they will care about you if you are really big or if you lead many many people to start a revolution. they are not stupid, if they repression you just because you are a punk rock band or you have some harsh lyrics that makes no good for them either. so basily it is ok to be a punk rocker in China. safer than in some other countries actually.” Interessant. Vom Auftreten her wirken GUM BLEED übrigens eher etwas steif und man hat fast das Gefühl, dass Dee sich bewust in actionmäßige Posen wirft, sich aber gar nicht so wohl dabei zu fühlen scheint. Was ja auch wieder sympathisch ist. Wie bereits angedeutet kann ich die Aussage des Toanol-Infos, die Band habe “ihren eigenen Stil gefunden”, nicht unterstreichen. Ich würde es für mich so zusammenfassen: Ich fand den Auftritt musikalisch nicht wirklich gut, habe mich aber auch zu keinem Zeitpunkt gelangweilt.


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Kommentare   

+4 #5 DoctorJoyBoyLove 2016-04-25 20:41
Neben der eigenwilligen Videountermalung muss ich der Band noch ein weiteres Alleinstellungsmerkmal attestieren. Nie zuvor sah ich eine Punkband mit siebensaitiger Gitarre.

Ich bin irgendwie schon froh, das gesehen zu haben.
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+1 #4 Philipp 2016-04-25 20:38
Ich find's witzig, dass ich das echt vergessen hab. Das Livereview ist aber auch schon fünf Jahre her und kurz vorher hab ich auch den Song erstmals gehört:

http://www.dremufuestias.de/index.php?option=com_content&view=article&id=3339:eyehategod-church-of-misery-30062011-hamburg-hafenklang&catid=15:berichte-aus-dem-pit&Itemid=290

Respekt, Herr Spider!
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+1 #3 Horst Spider 2016-04-25 20:34
Das Lied hat einfach einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Damit will ich keinesfalls deine Texte schmähen.
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+1 #2 Philipp 2016-04-25 20:31
Du kennst meine Texte ja besser als ich selbst. Das hatte ich echt vergessen! Wobei die Version natürlich extrem verfremdet ist.
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+1 #1 Horst Spider 2016-04-25 20:27
Church of Misery haben auch schon die Cindy & Bert Version gecovert. Und das weiß ich nur, weil der Autor dieses Textes das mal vor Jahren selbst bei Fressebuch oder gar noch myspace gepostet hat. Ich bin verwirrt.
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