MAKINA, THE DOCKYARD / 05.11.2015 – Kiel, Schaubude

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Das umtriebige Toanol-Label präsentiert seinen nächsten Release – die EP „Istanbul“ der Kieler Punkrockband MAKINA. Release-Alarm in der Bude ist die Konsequenz. Das darf mensch sich auch bei noch so vollgepackter Woche nicht entgehen lassen, da diese Band schon wirklich etwas Besonderes ist. Türkische Texte sind im Punk eh leider eher selten, dazu kommen eine interessante Bandphilosophie und ‘ne äußerst eigenständige musikalische Mischung, die Metal, Rock und Punk unangestrengt und kreativ vereint.




Die Schleswiger Haudegen THE DOCKYARD versuchen erst gar nicht, den Haustürschlüssel zu benutzen – lieber wird die Brechstange angesetzt und sich mit Brachialgewalt ein Zugang verschafft. Jan Kamradek brüllt mit böser Miene böse Botschaften heraus, Sönke Petersen (g), Malle Reusch (g & v), Ingwer Jensen (d) und Ulle (b) prügeln auf ihre Instrumente ein, als hätten sie ‘nen Endorsement-Deal, der kostenlosen Nachschub garantiert. Ich habe die Band länger nicht gesehen und denke, dass sie einerseits noch etwas brachialer geworden sind, andererseits aber doch auch ein paar Feinheiten mehr im Gitarrenbereich und mehr Wechselgesang von Jan und Malle eingebaut haben. Dennoch ist das Ganze natürlich schon weiterhin brutal bis zur Stumpfheit. So einen Hardcore, dem sämtliche ironische Brechungen oder Punkeinflüsse abgehen, hab ich echt länger nicht kredenzt bekommen. In den Neunzigern gab es das ja häufiger, da fand ich das zum Teil ganz geil, mittlerweile höre ich diesen Stil zu Hause gar nicht mehr. In den besten Momenten erinnern mich THE DOCKYARD an BLOOD FOR BLOOD, gerade von der Melodieführung in den Refrains her.


Meine letzte Live-Begegnung mit MAKINA fand im August 2015 statt, es war auch gleichzeitig die erste. Heute steht die Band in anderer Besetzung auf der Bühne, was aber Murats (v) Worten zufolge der Tatsache geschuldet sei, dass MAKINA ein Kollektiv seien, mal könne eben der eine nicht, mal steige der andere aus, im Herzen gehörten aber alle weiterhin dazu… Das ist doch mal charmant. Überhaupt gewinnt Murat mit seinen Ansagen alle Herzen für sich, ich jedenfalls höre dem Kerl total gern zu. „Ich muss erst mal Rede halten, Entschuldigung“, heißt es daher vor fast jedem Stück in nahezu perfektem Deutsch. Ja, gern! Jetzt hab ich außer in der Einleitung noch gar nichts zur Musik gesagt – dabei ist die der Hammer! Der geschätzte KN-Kollege Kai-Peter Boysen (ein Lichtblick des ansonsten stetig schlechter werdenden Blattes!) schreibt in seinem Review, dass er SPERMBIRDS, BLACK SABBATH oder METAL CHURCH heraushöre. Nicht schlecht! Auch ich assoziiere während des Auftritts wild mit Klassikern aus dem Metal- und Punk-Bereich. So kommt mir angesichts des abwechslungsreichen Gitarrenspiels Oliver Makris von den EMILS in den Sinn und irgendwie muss ich ab und zu auch an DRITTE WAHL denken. Murats Stimme drückt allen Songs den Stempel auf – sehr kraftvoll/melodisch wie Dee Snider, dabei rauchig, wütend und melancholisch. Es ist ja übrigens so ein Irrtum, wenn Menschen meinen, dass Texte lediglich Beiwerk seien – MAKINA sind ein gutes Gegenbeispiel, denn Murats Gedanken über die politischen Verhältnisse in der Türkei brechen sich leidenschaftlich Bahn, was gar nicht möglich wäre, wenn es über lediglich um Mumien, Monstren, Mutationen ginge. Enttäuschung, Hoffnung, Empathie – all dies schwingt mit und verleiht Songs wie „Instanbul“, „Run Away“, „Vatan“ oder „Kukla“ die ihnen eigene Durchschlagkraft.


Tolles Konzert und die EP (aufgenommen im BLASTBEAT PRODUCTIONS Studio) bekomme ich gar nicht mehr vom Teller. Holt euch das Teil UNBEDINGT!

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