BLACKEND HORIZON – "IV" & „Schritte“ (Kassetten, Eigenproduktion)

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Ein mit Kot und Blut verschmierter Sack erreicht das Wolter’sche Domizil. Ist dies die Rache dafür, dass ich mal in ein Packet gekackt hab und ‘nem Skinhead die (sprichwörtliche) Scheiße zu Weihnachten geschickt hab? Die Neugierde ist größer als die Skepsis. Stinkt auch gar nicht. Heraus purzelt vielmehr ein Tape. Das düstere Design und der völlig unleserliche Schriftzug (Exklusion, Baby) sprechen klar für Black Metal. Aber with a difference. Denn sofort fallen durchgestrichene Nazi-Embleme (Reichsadler samt Idiotenkreuz in ‘nem Verbotsschild) und der Spruch „Black Metal has no space for leaders“ auf. Dat hier ist Anti-NSBM und stilistisch 100% Lo Fi-DIY-Black Metal.

BLACKENED HORIZON






Schon mal alles sehr sympathisch. Warum soll ich mir eine Platte kaufen, die von W.T.C. herausgebracht wird? Am besten noch mit dem Argument, dass die Band selbst ja keinerlei faschistische Inhalte transportiere? Ja, zur Hölle, warum machen sie dann nicht D.I.Y. wie diese Band hier?


Auf ein düsteres Orgel/Klavier-Intro folgt ein weiteres – aber gezupftes - Intro, bevor „… kalter Regen“ mit abartigem Gesang und morastigem Midtempo dem Hörer schlechte Laune aufzwingt. „Ich will weinen…“ klagt eine traurige Sprechstimme, bevor der Gesang spöttisch-verzweifelt krächzt: „… doch der Regen lässt mich nicht“. Totale Lo-Fi-Attacke mit Rumpelschlagzeug bieten auch die folgenden Stücke „III“, „Schneefall“, „A Land Of War“ und „VI“. Immer wieder bricht das Ganze in schnelle Prügeleruptionen aus, bevor das Tempo drastisch heruntergeschraubt wird. Der Gesang ist mit diabolisch viel Hall unterlegt – dieses infernalische Gekreisch kann nur aus Dantes siebter Hölle oder aus ‘nem Kreißsaal stammen. Schmerz, Zweifel, Untergang. Der einzige Song, dessen Text abgedruckt ist, hat den Titel „A Land Of War“ und beinhaltet konsequenterweise KEINE Glorifizierung, sondern eher DISCHARGE-artige Desillusionierung: „Tons of steel wounding the earth / bloodshed starts again / battalions keep on killing / for an unknown goal“. Fall es noch nicht deutlich wurde: Find ich geil!

BLACKENED HORIZON


Und da ich so ein fauler Hund bin, hat mir die Band gleich noch das Nachfolgetape „Schritte“ hinterhergejagt. Diesmal eingepackt in eine grobe Holzschatulle und ein räudiger Patch liegt auch bei.


Auch „Schritte“ wird von verloren wirkenden Pianoklängen eingeleitet. Langsam nähern sich Fußschritte, ziellos. Regen prasselt, der Eindruck der Tristesse verstärkt sich. Ein wenig muss ich an FÄULNIS denken, wenn in einem gesprochenem Teil die trostlosen Worte geformt werden: „Und der Regen, er fällt leise und so drehe ich meine Kreise …aus dem Leben fort. Ins Unbekannte hinein. Eine andere Existenz… Begründet in Gedanken. Formloses Sein. Dem Sein entfliehen. Mit anderen Augen sehen. Meine Schritte führen mich und meine Seele ruht. …Es ist kalt“. Plötzlich ertönt die Gitarre und führt das Stück in THRÄNENKIND-artige Epik. Im Schlusspart des dreiteiligen Songs wird diese melancholische Stimmung noch vertieft: „Und der Regen fällt. Ich gehe weiter und nur die Fußspuren künden von meiner Gegenwart. Stellvertretend für mich mahnen sie meiner Schritte. …letztendlich doch nur als Zeugen der Vergangenheit, da auch sie die Zukunft nicht kennen.“ Erst die B-Seite bringt heftigeren Gesang und wieder die in typischer lo-fi-Zerre schrubbende Gitarre. Aber sehr getragen, weiterhin von existenzieller Trauer geprägt. Dieses zweite Tape würde ich nur noch teilweise als Black Metal bezeichnen und zum Teil eher als Shoegaze und/oder Depressive Rock.


Die Band besteht übrigens aus lediglich einem Menschen namens T., der alles eingespielt hat. Ein weiteres Tape namens „WDRGNGR“ ist wohl bereits fertig. Her damit, T.! Bei ein wenig Weiterentwicklung könnte uns hier irgendwann ein Longplayer auf THRÄNENKIND/FÄULNIS-Niveau erwarten!


http://blackendhorizon.bandcamp.com/

https://www.facebook.com/officialblackendhorizon

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