KADAVAR, THE PICTUREBOOKS / 12.10.2014 – Kiel, Pumpe

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Huch, was ist denn in der Pumpe los? In den letzten Jahren ist der Schuppen nicht nur bei uns hier immer stärker in die Kritik geraten und auf dem Dremu-Poll mehrfach bei den „unbeliebtesten Clubs“ auf vordersten Plätzen gelandet. Doch mittlerweile zeichnet sich ganz dick ‘ne positive Entwicklung ab. Bei den letzten Konzerten war ich schon überrascht, heute wieder: Man darf nu mit Gläsern und Flaschen problemlos überall hin, also auch raus, die Menschen an den Eingängen sind durchweg entspannt und offenbar gibt es das nervige Pfandmarken-System nicht mehr. Man kommt also nicht mehr mit dem Portemonnaie voller blauer Plastikmünzen nach Hause, unfasslich! Nun bleibt zu hoffen, dass der Mob auf Pumpenkonzerten nicht so durchdreht wie früher und die Hassstraße mit einem einzigen Scherbenmeer einsaut. Dass dann ‘ne Reaktion mit Restriktionen kommt, ist wohl logisch.


KADAVAR
Bilder von Nico Krogmann




Die Pumpe wird schon früh sehr voll, was für einen Sonntag und angesichts der momentanen Konzertdichte durchaus beachtlich ist. Und es lohnt sich, pünktlich da zu sein! Denn die mir bisher vollständig unbekannten THE PICTUREBOOKS überzeugen vom Fleck weg. Es handelt sich um ein Duo, was langsam zum inflationären Trend zu werden scheint, man denke nur an MANTAR, BÖLZER, URFAUST oder BEEHOOVER. Ein Schlagzeuger und ein Gitarrist/Sänger, beides urige Typen mit Vollbärten. Es „fehlt“ ihnen nicht nur ein Bass – der Drummer verzichtet zudem vollständig auf Becken. Dafür hat er seiner Snare einen völlig irren Sound verpasst, der sehr hochfrequent klingt. Bei den ersten Songs knüppelt er mit extradicken Sticks, die mit Filzaufsetzern bestückt sind. Mit weit ausholenden Bewegungen, als spiele er mit brutaler Wucht und vollem Körpereinsatz. Zwischendurch zückt er mit dem rechten Arm ein Instrument, welches ich mal ganz kompetent als Schellenkranzstockding bezeichne, und drischt das Teil energisch hin und her (Witzigerweise treffe ich den Schlagzeuger später draußen und er weiß selbst nicht, wie man das Teil bezeichnet: „Ich hab das in so einem Musikladen gesehen und damit so hin- und hergeschleudert wie vorhin. Daraufhin meinte der Verkäufer zu mir: ‚SO spielt man das aber nicht!‘ Hab ich mir dann erst recht gleich gekauft“). Der Gitarrist hat einen dröhningen und tiefkratzigen Sound, dass es nur so schimmelt und bimmelt. Gesangspassagen im klassischen Sinn sind auf das Nötigste reduziert (ebenfalls deren Botschaften: „Oh, woman, what have you done?“, hör ich einmal raus), gern röhren beide zusammen so eine Art Cro-Magnon-Geheul. Das Ganze klingt, als wenn eine Horde Urmenschen im Pleistozän um ein Feuer sitzen, mit Steinen auf Dinge kloppen und einen Fruchtbarkeitsreigen initiieren. Mag ich.


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KADAVAR meinen es ernst. Platten aufnehmen, touren, dann wieder von vorn. Und so sieht man sie hier im Norden bereits zum vierten Mal, wenn ich Wilwarin und das „This Charming Man“-Labelfestival mitzähle. Professioneller und noch tighter sind sie geworden, aber nicht weniger spielfreudig oder zu routiniert. Klar, gewisse Rockstarposen werden wie selbstverständlich eingenommen, aber wenn man so einen zeitlosen Sound mit early BLACK SABBATH-Vibes spielt, darf man das auch. Wie immer steht das Schlagzeug ganz vorn am Bühnenrand und Tiger mimt den Keith Moon. Wer muss da nicht an einen gewissen Muppet-Show-Star denken: „Tier (im Original Animal) ist der wahnsinnige zottelhaarige Schlagzeuger, der an das Schlagzeug angekettet ist. Diese Puppe ist äußerst zappelig, äußert sich vorwiegend durch gutturale Grunzlaute und kommuniziert großteils über ihr Schlagzeug“ – Victoria Grace Weisel, Leslee Asch u. a.: "Muppets, Monster & Magie. Die Welt von Jim Henson", S. 69. Los geht es mit „Liquid Dream“, es folgen Knaller beider Alben und der Split mit AQUA NEBULA OSCILLATOR, u.a. „Doomsday Machine“, „Broken Wings“, „Black Sun“, „Forgotten Past“, „Black Snake“, „Come Back Life“, “Creature Of The Demon”, “Purple Sage”, “Goddess Of Dawn” und “All Our Sins”, was also bedeutet, dass die erste Scheibe komplett gezockt wird. Zwischendurch werden wir gefragt, ob wir einen ganz neuen Song hören wollten. Klar, gern. Ist ein schön drückendes Uptempo-Stück, wobei ich bei KADAVAR generell auf die langsameren Stücke und Momente stehe. Ansagen gibt’s nur wenige, dafür aber sehr charmante. Die proppevolle Pumpe feiert die Band gut ab, wobei das Geschubse und Gepoge des Wilwarin-Auftritts offenbar ‘ne einmalige Sache bleibt. Unbedingt erwähnen muss ich noch den glasgeilen Sound, den KADAVAR (wieder mal) auffahren! Ein pures Vergnügen - ich denk, ich wird mir die Band bei der nächsten Gelegenheit wieder gönnen...

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Kommentare   

0 #1 Torsten 2014-10-22 18:22
Mir war's beinah n büsch'n zu "Rockstarnäßig" ;-) ZU viel Licht, ZU guter Sound - wo blieb die Siebziger-Affinität? Und ganz ehrlich: viel ist von diesem Konzert bei mir nicht hängen geblieben ... urgs ...
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