The Music Gang / 21.11.13 - Kiel, Roter Salon

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Kiel, Anfang 2013. Eine Werft. Altmetall aus dem Trockendock. Einige Teile haben ihre letzte Fahrt bereits Jahrzehnte hinter sich und entsprechend ordentlich Rost angesetzt. Ein Liebhaber schraubt und dengelt nächtelang, um sich seinen Traum zu erfüllen. Auf einem alten Kapitänshäuschen verblasst ein alter Schriftzug – Overdrive Sensation.

 

 

Pumpe, Roter Salon, November 2013. Ein gut gelaunter Oliver Music begrüsst die ersten Gäste, im Schlepptau seine neue Crew, „The Music Gang“. Dass für die Jungfernfahrt die gesamte Geburtstagsgesellschaft von vergangener Woche angelandet ist, spricht für einen zuverlässigen Freundeskreis und großes Interesse am neuen Kapitel im Logbuch. Darüber hinaus spült die Förde überraschend stetig Besucher in den Roten Salon, so dass er bis zum pünktlichen Beginn um 21 Uhr gemütlich, aber auch ansehnlich gefüllt ist. Als einstige Besatzung des Leck geschlagenen Kieler Flaggschiffs räudigen Bluesrocks, genaugenommen stellten wir auch gleich die ganze Flotte, sind Mayhemic Destructor und ich besonders gespannt auf das Konzert. Als Erstes fällt auf, dass Herr Music seine Mannschaft um zwei Matrosen verstärkt hat und THE MUSIC GANG als Quintett zu Wasser gelassen wird. Ein zweiter Gitarrist sowie ein Tastenmann sorgen dafür, dass man u.a. drei Spätwerke von OVERDRIVE SENSATION in einem neuen Gewand präsentiert. Ansonsten hat Olli genug neue Stücke geschrieben, um nicht noch tiefer in die Mottenkiste greifen zu müssen. Ich erkenne Florian Slawski (ex-ZEITVERTREIB) am Bass.

 

Der Nostalgie-Dampfer legt mit einer sperrigen Eröffnungsnummer ab. Bei den Breaks und Stopps im Song hört das Publikum, wie sich Zahnräder verkanten, alter Rost schreit. Doch ein starker Motor bringt die Maschine irgendwie aus dem Hafen. Die Rundfahrt beginnt dann erst richtig mit „Women“, ein Rocker im ungewohnten 9/8tel-Takt mit MONSTER MAGNET-Vibe. Das an eine Hammond angelehnte Keyboard tut sein Übriges dazu. Die eigentliche Überraschung des Abends folgt dann mit dem ruhigeren „I´m So Confused“, bei dem Olli seine Gitarre wegstellt und sich erstmals als kompetenter Sänger entpuppt. Der Kapitän macht große Gesten, singt auch mal mit Kopfstimme, wagt komplexe Melodien. Dabei läuft er zu keinem Zeitpunkt Gefahr, auf Grund zu laufen. Der anschließende Jubel ist gerechtfertigt. Überhaupt ist das Publikum dem Quintett sehr zugewandt und sorgt mit Tanzeinlagen für das richtige Ambiente für einen solchen Abend. Auch die nächste Marke, ein Bluesrocker mit Pop-Appeal, setzt Oliver Music freihändig, bevor er das sonst gewohnte Bild mit seiner Fender wieder herstellt. Nach einem Slow-Blues plaudert Olli aus dem heimischen Nähkästchen, ein gutes Beispiel für zunehmende Lockerheit, und kündigt das rockige „Dirty Blonde“ als das amerikanische Straßenköterblond an.

 

Beim späteren „Generation Gap“, dem Olli selbst QUEENS OF THE STONE AGE-Anleihen zuschreibt, ändert der Kahn unvermittelt seinen Kurs. Der Gesang mag inzwischen einer nicht auskurierten Erkältung Tribut zollen, aber der Song scheint mir auch sonst im Kontext dieser Band zu experimentell. Schuster, bleib´ bei Deinen Leisten.

 

Am Ende hat sich die Band frei gezockt, den Rost abgeschüttelt, auch wenn hier und da noch nachgeölt werden muss, und darf eine Zugabe spielen, die Mr. Music gleich für zwei Nummern nutzt: „Not That Kind Of Man“, der vielleicht beste Song im Set, und „Black Coffee“. Die Jungfernfahrt ist überstanden, der Dampfer erfolgreich getauft. Statt Sekt gibt es Bier und Kippen. Hoffen wir, dass THE MUSIC GANG nicht allzu lange vor Anker gehen, denn mit ihrer abwechslungsreichen Version von Classic Rock hat die Band Spaß gemacht. Und dass Oliver Music ein großartiger Songwriter ist, habe ich ja schon immer gesagt… ;)

 

Herzlich Willkommen in der Szene.

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