SAINT VITUS, MOS GENERATOR / 27.03.2013 – Hamburg, Logo

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ENDLICH. Nachdem SAINT VITUS 2010 zweimal Station in Hamburg gemacht hatten (siehe Bericht vom Februar und vom Dezember), ließen sie die Doom-Suchtis Norddeutschlands fast drei Jahre lang warten. In der Zwischenzeit haben die unumstrittenen Kings of Doom unterstrichen, dass diese Reunion nicht nur ein kurzer Nostalgietrip sein würde und mit „Lillie: F-65“ ein hervorragendes Album vorgelegt. Um die Qualität dieser Scheibe übrigens vollständig zu erfassen, braucht es mehrere Durchläufe. Bei mir war es exakt die zwölfte Intensivbelauschung, als die Stücke sich plötzlich in all ihrer Pracht entfalteten wie Blüten im Frühling (womit endgültig klar ist, dass auf SAINT VITUS mehr Verlass ist als auf Jahreszeiten…).

 

SAINT VITUS

Fotos von Jan ML (weitere folgen...)

 

Den Opener MOS GENERATOR darf man mal ganz nüchtern als verdammte SENSATION bezeichnen. Wirklich keiner in unserer Reisegruppe hatte diese Band auf der Pfanne. Zum Glück sind wir pünktlich vor Ort und da Levke und Rahel immer gleich in die erste Reihe stürmen, lümmeln wir da also ebenfalls rum. Drei bärtige und langhaarige Typen betreten die Bühne. ALTER! Ist der Schlagzeuger wirklich gerade an die Absperrung getreten und hat mir eine geklatscht? Meine Backen brennen jedenfalls so, als würden Ohrfeigen am Fließband verteilt werden. Aber der Kerl verprügelt mich tatsächlich nur indirekt. Sein direktes Opfer ist sein Drumkit, welches er in allerbester Chuck-Biscuits-Manier bearbeitet. Wucht, Präzision und Groove erinnern mich an diesen legendären Drummer. Wobei die ganze Band hart rockt, fette Riffs und klarer melodiöser Gesang lassen an Legenden wie BLACK SABBATH und early JUDAS PRIEST denken. Insgesamt ziemlich flott und SEHR heavy. Zusätzliche Sympathiepunkte gibt es, als die Band einen Song dem kürzlich verstorbenen Clive Burr (IRON MAIDEN, TRUST) widmet, was der Schlagzeuger als klaren Auftrag wahrzunehmen scheint und noch einen zusätzlichen Schoppen Power und Wahnsinn in sein Spiel legt. Sobald einer der drei mal ‘ne eine Pranke frei hat, wird zur Jägermeisterpulle gegrabscht. Ein Getränk, welches ich seit dem Frei.Wild-Boykott der JM-Firma plötzlich durchaus wertschätze. Insgesamt ein fulminanter Auftritt, der beim Publikum mehr als gut ankommt. Der Sänger/Gitarrist macht wie offenbar jeden Abend noch ein Foto vom begeisterten Mob – guckt mal aus Spaß auf die Fressebuch-Seite der Band: Jeden Abend eine volle Hütte, jeden Abend grinsende Freaks, welche grölend die Fäuste gen Kamera schwenken.

 

Kurzes Päusken und dann Abfahrt. SAINT VITUS schlurfen entspannt auf die Bühne. Keine Eile, es handelt sich hier schließlich um DOOM, verdammt. Chandler lässt kurz seine Klampfe aufheulen. Jo, klingt wie immer, also schädelspaltend. Kurze Begrüßung und los geht es mit dem neuen Stück „Blessed Night“, welches sich nahtlos in den Reigen an Klassikern einreiht. Alle Trademarks sind da: Dave Chandlers manischer Gitarrensound samt Gehirnzellen zerstörenden Soloexzessen, Winos einzigartiger Gesang, der mit melancholischem Blick Basswellen wabernde Mark Adams und der Punch des mittlerweile komplett integrierten Henry Vasquez, welcher dem Kollegen von MOS GENERATOR in nichts nachsteht und trotz anfänglich rutschendem Kit einen Höllenspaß zu haben scheint. Von der neuen Platte folgen später noch „Let Them Fall“ und „The Bleeding Ground“. Geil, genau meine Faves von diesem Album. Aber auch ansonsten muss man eine äußerst gelungene Playlist attestieren – mit „The Troll“ ist einer atmosphärisch dichtesten Biester vertreten, mit „War Is Our Destiny“ und „White Stallions“ geht es zurück zu „Hallow’s Victim“-Zeiten, „I Bleed Black“ und „Patra (Petra)“ vertreten „V“ und mit „Thirsty And Miserable“ gibt es endlich mal wieder das geniale BLACK-FLAG-Cover. Wino verteilt immer wieder Bierpullen in den Mob, überlässt die verbale Kommunikation ansonsten streckenweise Dave Chandler. Nach dem Ende des regulären Sets kommt Vasquez Kippe schmökend nach vorne und stellt uns überflüssigerweise (aber dennoch charmant) die Band vor. Die beiden abschließenden Kracher wären den Eintrittspreis und die Anreise allein schon wert gewesen: Erst „Dying Inside“, der wirklich tief unter die Haut kriecht, und dann bei vollem Licht ins Publikum „Born Too Late“, welches natürlich Zeile für Zeile mitgesungen wird. Dave Chandler klettert irgendwie über die Brüstung und krautet Gitarre zockend durchs Publikum.

 

Fazit: Ein weiteres grandioses Konzert von SAINT VITUS, schade nur, dass die Phase von „Die Healing“ und „C.O.D.“ stets ausgeblendet wird.

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