WACKEN XVII / 03.08.06 - Wacken, Tag 1

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Okay, Ärmel hochkrempeln und ran an den Wacken-Report Teil 17… Ich darf vorausschicken, dass ich mir viel genommen hatte – ganze 25 Bands hatte ich mir in der Running Order angestrichen – und 23 hab’ ich dann auch tatsächlich gesehen…

Das spricht schon mal für ein hervorragendes Programm, dazu war das Wetter viel besser als prognostiziert (es hat nämlich schlicht GAR NICHT geregnet!), so viele Bekannte aus Kiel und sonst woher da, wie noch nie und eigentlich war überhaupt allet eitel Sonnenschein.

Allerdings stand vor dem Vergnügen die Anfahrt: Wir sind bisher immer direkt in den Ort reingekommen, aber in diesem Jahr waren die Besucherzahlen derart gestiegen, dass sich vor dem kleinen Ort der Verkehr auf mehrere Stunden anstaute und spontan zusätzliche Campingplätze eröffnet werden mussten.

 

Zum Glück kam in unserem 2-Wagen-Konvoi die Idee auf, dass zwei Leute zu Fuß in den Ort gehen, um sich schon mal in die Schlange vor dem Presse-Akkreditierungs-Büro anzustellen, da die Wartezeit dort auch immer mindestens zwei Stunden beträgt. Tatsächlich standen wir dann auch gerade seit zwei Stunden an und hatten fast den Schalter erreicht, als unsere beiden heldenhaften Driver eintrafen und somit die letzten 500 Meter vor Wacken im Schneckentempo überwunden hatten. Wir hatten also Zeit gewonnen, sahen uns schon in wenigen Minuten den Grill anwerfen, doch hatten wir nicht damit gerechnet, dass auch die Zahlen der Pressefritzen derart angestiegen waren, dass zunächst NICHTS mehr ging. Bisher gab es immer EINEN Zeltplatz für Schreiberlinge – dieser war bereits voll, ein weiterer war eröffnet worden – AUCH bereits voll und so mussten wir weitere Stunden warten, bis ein DRITTER (!) Zeltplatz für die weiterhin in die Hunderte gehenden wartenden Fanziner und sonstigen Medienhengste am Start war…

 

Tscha, so konnten wir MSG auch nur aus der Ferne spielen hören, während wir Zelte aufbauten und parallel den Grill anwarfen. Die Klangqualität war über die Entfernung erstaunlich gut – jedes Instrument war gut herauszuhören. MSG schienen auch recht knackig aufzuspielen, dat klang doch heavy genug, um Anhänger der ersten Platten zufrieden zu stellen. Naja, nur aus der Ferne „Into The Arena“ oder „Cry For The Nations“ zu hören, war trotzdem nicht befriedigend.

 

Daher konnte ich auch nicht mehr die Geduld aufbringen, auf die nötige Hitze der Grillkohle zu warten. Ich ließ die Reisegruppe allein und machte mich nur mit zwei hastig heruntergeschlungenen Mohrrüben im Magen auf den Weg zum Zelt. Denn dort sollten die Australien-Thrasher MORTAL SIN spielen, deren Platten ich immer sehr gern gehört habe. Auch live warense mir gut in Erinnerung geblieben, da sie irgendwann mit TESTAMENT auf Tour gewesen waren (’89 oder so?). Auf dem Hauptgelände angekommen, war ich erstmal von den MASSEN an Headbangern schockiert, die bereits am Donnerstag anwesend waren. Unglaublich. Die nächste Überraschung war dann, dass so viele Leute sich für MORTAL SIN interessierten, das Zelt war bereits proppevoll und im Laufe des Auftritts war unübersehbar, dass tatsächlich ein Großteil der Leute mit dem Songmaterial vertraut war. MORTAL SIN bestätigten ihren guten Ruf und zockten ein erstklassiges 80ies Thrash Paket. Es waren mit Maurer (v) und Eftichiou (b) sogar zwei Originalmitglieder am Start, die damals ’87 den Knaller „Mayhemic Destruction“ aufgenommen hatten. Den Titelsong gab es natürlich umme Ohren, weitere Highlights waren „I Am Immortal“ und das tragischerweise textlich brandaktuelle „Lebanon“ (was für ein Riff!).

Tja, danach waren auf der Hauptbühne die SCORPIONS angesagt. Ganz ehrlich: Kann man Spacken, die sich wöchentlich für das „Goldene Blatt“ oder ähnliche Yellow-Press-Publikationen zusammen mit V.I.P.s und Politikern ablichten lassen, ernst nehmen? Heute Wacken und näxte Woche live auf Angela Merkels Geburtstagsparty? Keine Chance, die Würste haben ihren Ruf als „Rocker“ lange verspielt und sind wohl nicht nur in meinen Augen nicht mehr als erbärmliche Witzfiguren. Ich weilte dennoch für ein paar Songs auf dem hammervollen Gelände und was soll man sagen? Steril, posig, langweilig: So waren die SCORPIONS und bestätigten mit einer bis in jede Geste einstudierten Show alle Vorurteile. Dazu ganz schlimm: die Ansagen von Klaus Meine, der hinter jeden Satz ein lang gezogenes „baybe“ keuchte („let’s make this a night to remember, babeehe“ oder „Wacken, babeehe“). Ich drehte mich gerade um, um zu gehen, da kam Uli Jon Roth auf die Bühne. Okay, dieser Mann ist ein Original. In den Siebzigern von den SCORPIONS rausgeschmissen, weil denen sein Gitarrenspiel zu sperrig und heavy war (man wollte „amerikanischer“ und glatter werden), ist Roth seinen Idealen treu geblieben und hat für eine eingeschworene Klientel (und wahrscheinlich vor allem für sich selbst) obskure Gitarrenplatten mit ELECTRIC SUN (z.B. „Earthquake“ oder „Firewind“) und unter seinem eigenen Namen rausgehauen. Für meine Ohren etwas zu „far out“, aber absolut nicht massenkompatibel, eigensinnig und daher respektabel. Der Typ sah immer noch original aus wie ein Hippie, passte somit gar nicht ins Gesamtbild und hob sich positiv von den restlichen Poseuren ab, an deren Showgehabe er sich nicht mal im Ansatz beteiligte. Schon cool waren dann die vier Songs „Pictured Life“, „Speedys Coming“ „Dark Lady“ (gesungen von Jon Uli Roth) und „ We`ll Burn The Sky“ mit diesem Freak, der aus seiner Gitarre Bemerkenswertes herauszauberte. Danach ging es mit dem „Normalprogramm“ weiter und ich verließ den Ort des Geschehens. Wie letztes Jahr schon NIGHTWISH haben die SCORPIONS ewig lange weitergespielt. Egal, was ich alles noch angestellt habe – immer lieferten die SCORPIONS die Backgroundmucke dazu ab.

 

So landete ich erst im Camp der Kielowatt-Nasen, wo der nach München emigrierte Ville stolz selbst gebrautes Bier kredenzte (mittlerweile ist der Asi Meister der Braukunst) und F. aus G. dem Oi!-Titanen Vonsie das Zelt aufbaute, später eierte ich noch zu einer Berliner Fraktion und so endete ein Warm-Up-Abend, der erst erahnen ließ, was noch alles auf uns zukommen sollte.

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