THE MOVEMENT, JAGUAR / 10.12.12 – Kiel, Schaubude

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Es gibt wohl für jede_n zwei, drei Alben, die den körpereigenen Hormonhaushalt so RICHTIG in Fahrt bringen. Aufgelegt, Regler hoch und BEREIT. Für was auch immer. Den Berg zu erklimmen, weil er da ist. Der alten Dame über die Straße zu helfen. Die wahlweise Müdigkeit, Krankheit, Faulheit, Prokrastination und/oder das Phlegma zu überwinden. Bei mir gehört neben RAMONES („Road To Ruin“), SLAYER („Hell Awaits“) und  BAD BRAINS („Rock For Light“) „Move!“ von THE MOVEMENT unbedingt zu den raren Alben mit dieser Wirkungsmacht. Schnee? Montag? Fuck right off! THE MOVEMENT sind in der Stadt!


JAGUAR aus Hamburg spielen derart kurz, dass es mir fast schwerfällt, eine Meinung über die Band zu finden. Eingestöpselt, 20 Minuten gezockt und ciao, baby. Nicht dass ein Konzert für mich unbedingt 60 oder gar 90 Minuten dauern muss, aber die 20 Minuten können höchstens zum Anfixen dienen. Vielleicht haben JAGAUAR ja schlicht noch nicht mehr Material? Wär etwas seltsam, denn die Band ist gar nicht so neu und war schon unter den Namen ISKRA unterwegs. Aber lassen wir das Spekulieren und zählen harte Fakten auf: JAGUAR haben nicht nur die Haare schick, sondern sind dem Anlass angemessen akkurat gekleidet und haben die alte Frage „Hemdkragen über oder unter dem Pulloverkragen?“ mit Stil entschieden... Bei der Sängerin bin ich mir nicht sicher, ob sie alle Moves vor dem Spiegel einstudiert hat oder ob sie du den Menschen zählt, bei denen einfach jede Bewegung wie eine Rockstarpose im Rolling Stone aussieht. Musikalisch bewegen sich JAGUAR zwischen Brit Indie und Disco Punk, alles sehr knackig und auf den Punkt gespielt. Allerdings zu unterkühlt dargeboten, um den noch peu a peu eintrudelnden Mob so richtig zu begeistern, da wäre wohl auch bei einer längeren Spielzeit nicht unbedingt das Eis gebrochen worden.


“The Revolution Will Not Be Televised” – aber ein bisschen THE MOVEMENT dürfte dazu gern laufen… Mit Musik geht schließlich alles besser. In der ersten Reihe: so’n Typ mit Iro, ein Skinhead und ein Langhaariger. Und alle tanzen! Anders ist auf die energische Darbietung der Songs aber auch einfach nicht zu reagieren. Alle drei Bandmitglieder grinsen, zappeln an ihren Instrumenten, zwischen den Songs gibt es ein kurzes „Prost!“, „Cheers!“ oder "Skål", dann wirbelt auch schon der nächste Hit aus den Boxen. Von der erwähnten „Move!“-Scheibe gibt es fast alle Stücke zu hören, „Truth Is…“, One Way Culture“, „Control Your Temper“, „How Come?“ oder das vielleicht am härtesten gefeierte „Losing You“ zum Beispiel ("Get Pissed" fehlt allerdings). Die Texte werden fleißg mitgeschmettert, selten wurden kämpferische Inhalte wie „Right wing and fascist / Conservatives and classiest / Sponsered by the rich men / Protected by police men“ („Truth Is…“) mit derart gut gelaunter Musik kombiniert. Dabei läuft heute technisch nicht alles rund: Am Bassamp muss anfänglich mehrfach rumgeschraubt werden, die Samples mit den revolutionären Zitaten fallen einem leeren Akku zum Opfer, Lukas Scherfigs Tretmine wird mehrfach von überengagierten Tänzern von der Bühne gekickt. Das Schöne: Es stört keinen – die Dänen zucken höchstens kollektiv mit den Achseln und weiter geht’s. Neuere Songs kündigt Scherfig fast schon entschuldigend an, dabei sind die Dinger brillant und fetzen in genau die Mod-Rock-Richtung, die THE MOVEMENT bisher auch vertreten. „We got hope, we got love, we got Marx“ – der wie immer herrlich rauh-melodiös-charmant geröhrte Refrain von „We got Marx!“ bleibt jedenfalls nachhaltig hängen, sodass ich das neue Album “Fools Like You“ auf meine mentale Must-Have-Liste setze. Die Band verlässt nach dem Ende des „regulären“ Teils zwar die Bühne, bleibt jedoch in derart zockgieriger Haltung gleich in der Nähe stehen, dass sie für mehrere Zugaben zurückgebrüllt wird.

Hätte also nicht besser laufen können an diesem verschneiten Montagabend!

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