FORCE ATTACK X / 29.06.06 - Behnkenhagen bei Rostock, Tag 2

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Abgefahren beim FORCE ATTACK finde ich ja immer, dass dit musikalische Programm erst nachmittags beginnt. Wo man es auf so Metalevents wie Wacken vor der ersten Band kaum aufs Klo schafft, hat man in Behnkenhagen ausgesprochen lange Zeit für ’nen leckeres Punkerfrühstück (direkter Vergleich: Beginn der ersten Band in Wacken: 11.00 Uhr morgens, aufm FORCE ATTACK: 14.30 Uhr…) - Punkeruhren gehen anders… Der werte Leser ahnt natürlich schon, womit ein Großteil der BesucherInnen sich die Zeit vertreibt… Und so hatten sich mittags die ersten Nasen nackich gemacht, andere lagen regungslos in vom Urin durchtränkten Gräben und allerorts… na ja, siehe Report vom ersten Tag… SUPABOND hieß unsere erste Station. Die spielten im Zelt und boten gleich einen klasse Auftakt für den Tag. Der HANS-A-PLAST-mäßige Punkrock wurde rotzig und fixemann dargeboten, die Sängerin sprang pausenlos herum und unterhielt uns mit wirren Ansagen. Mit gleich zwei Fremdkompositionen – TOXOPLASMA/“Ordinäre Liebe“ u. HANS-A-PLAST/“Rock’n’Roll-Freitag“ – heizte man den Pogomob an. Aber auch die eigenen Stücke überzeugten, wobei ich verstehen kann, wenn man den zum Teil etwas schrillen Gesang (Nina Hagen lässt grüßen) als stressig empfindet.

Über die STAGE BOTTLES hatte ich schon viel gehört, das meiste davon positiver Natur, da war ich natürlich gespannt, wie mir die gefallen. Naja, ich war dann eher enttäuscht, denn der Oi-lastige Punkrock war zwar nicht schlecht, aber ich hatte den Eindruck, die Band wolle möglichst professionell wirken. Da wurden die Pobacken fest zugekniffen und recht unlocker und stoisch geradeausmusiziert. Seltsam auch die Huldigungen an das Dasein als Hooligan: Wir widmen den Song den Subkulturen Punk, Skinhead und Hooligan“ – seit wann ist „Hooligan“ eine Subkultur?!?

Dennoch war die Laune bestens, wir hatten mehrere Kieler Grüppchen getroffen und so wanderte man gemeinsam ins Zelt, wo nun die CREETINS an der Reihe waren. Leider war nicht allzu viel los, daher blieb die Stimmung etwas mau. Keine Ahnung, ob das Force Attack nicht das Publikum für die Creetins anzieht, oder ob es einfach Zufall war und potentiell Interessierte gerade durch Durchfall, Zähneputzen oder Unterbuxewechseln verhindert waren? Die Band ließ sich jedenfalls nicht beirren: Seit Fanski dabei ist (und vollständig von seinem …äh… Sportunfall genesen ist) ist da noch deutlich mehr Bewegung bei denen auf der Bühne. Der Sound war nicht ganz optimal, aber die üblichen Kracher der CREETINS waren zumindest uns Kielern so vertraut, dass wir uns untergehende Feinheiten einfach „dazudenken“ konnten. Von der aktuellen 7“ gab es „The Spirit Is Willing“, ein schön melodischer Punkrocksong, der es mit dem bisherigen Material auf jeden Fall aufnehmen kann. Die 7“ wird na logen demnäxt hier reviewt, der kommende Longplayer erscheint am 01.09.

Nun gönnten wir uns mal einige Bands lang eine Pause, hörten danach zumindest über die HOTKNIVES, dass die recht sehenswert gewesen sein sollen. Aber LOKALMATADORE mussten echt nicht sein, dann lieber KREATOR auffem Campingplatz gehört und die Frisuren gerichtet…

Richtig gut gefielen mir die RAZORS, die abends nach allen Regeln der Kunst das Zelt rockten. Diese Veteranen sind ja nu seit ca. drei Jahren wieder aktiv, nachdem die Band über 20 Jahre lang „pausiert“ hatte, dennoch hab ich sie irgendwie noch nie sehen können. Ähnlich wie bei TOXOPLASMA empfinde ich diese „Reunion“ als berechtigt, denn die Jungs wirkten engagiert und machten ordentlich Dampf. Dass es leider auch anders geht, hatten z.B. APPENDIX auffem Punk Am Ring demonstriert, wo man sich angesichts der zahnlosen Darbietung nur wünschte, die Typen mögen sich zurück inne Gruft begeben. Nicht so bei RAZORS – mit viel Rotz und Elan wurden alte und neue Songs ins Zelt gehämmert, wobei natürlich Klassiker wie „Tommies Gang“ vom Mob am freudigsten begrüßt wurden. Up the banned punx!

Auf der Hauptbühne dann das erwartete Trauerspiel: Willi Wucher zog blank, warf mit Fäkalausdrücken um sich… und Tausende feierten dazu Party. Mann, Mann, ich schäme mich noch im Nachhinein, dass ich PÖBEL & GESOCKS auch mal gehört habe… Heutzutage finde ich diesen Mist einfach nur langweilig. Ich will erst gar nicht mit politischen Argumenten kommen, es reicht mir schon, dass immer und immer wieder dieselben inhaltslosen Prollsprüche strapaziert werden. Nee, echt – FLUCHT war die Devise!

Eher im Vorübergehen sah ich mir später die erste Hälfte des ANGELIC UPSTARTS-Gigs an. Der eigentliche Sänger Mensi ließ sich verständlicherweise wegen einer Verletzung am Auge (Autounfall, wenn ich das richtig mitbekommen habe) entschuldigen, dafür sang der Fronter von CRASHED OUT (oder so). Damit dürfte gar kein Originalmitglied mehr dabei gewesen sein, denn schon auf der (recht gelungenen) „Sons Of Spartacus“ von 2002 hatte sich Mensi mit Leuten von RED LONDON, LEATHERFACE und RED ALERT zurückgemeldet. Sowat ist immer etwas seltsam, dennoch kam die Band überraschend knackig rüber. Ich muss aber zugeben, dass ich nicht richtig mit dem Kopp bei der Sache war, denn geistig war ich schon bei RAWSIDE, die gleich im Zelt spielen sollten.

Ursprünglich hätten RAWSIDE am Freitag auf der Hauptbühne spielen sollen, doch die Band musste ihren Auftritt um einen Tag verschieben. Zu dem Zeitpunkt stand das Programm allerdings schon fest und so musste Veranstalter Imre unsere Lieblingsbrachialpunker halt ins Zelt quetschen. Schlauerweise begab ich mich also über ’ne halbe Stunde früher zum Ort des Geschehens, wo es doch tatsächlich bereits voll war und die Leute lautstark den Bandnamen skandierten (!). Als es dann losging, brach SOFORT ein erbarmungsloser Knochenpogo los. Wieder mit zwei Gitarristen versehen, klangen RAWSIDE noch mal deutlich brutaler als zuletzt, wenn das denn überhaupt möglich ist. Vielleicht sorgten für diesen Eindruck auch die Ellenbogen, Köpfe und Stiefel, die im Sekundentakt auf meine geschundene Rübe einprasselten… Von der letzten Platte gab es u.a. „Fuck You All“, „No Gods, No War“, „Rufmord“, „Es herrscht Krieg“, „Right Or Wrong“ und das NEW MODEL ARMY-Dingen „The Hunt“, dazu natürlich massig Stücke aus der RAWSIDE-Vergangenheit. Es dürfte keine Band geben, die ich öfter live gesehen habe. Warum finde ich das bloß jedes Mal wieder so geil, als wär’s das erste Mal? Ist schwer zu erklären, aber trotz der Umbesetzungen in der Band ist diese Urgewalt und diese Wut halt jedes Mal da. Da der Boden staubig und trocken war, füllte eine große Dreckswolke das Zelt und man hatte nach zehn Minuten Mund, Nase, Ohren und Körperöffnungen, wo sonst nich mal die Sonne hindringt, voller Dreck. Als ich nach dem Konz schweißgebadet zu Rotten Heinis Stand latschte, hat der sich erstmal über mich schlappgelacht: „Wie siehst DU denn aus? Guck mal in den Autospiegel hier!“. Überflüssig zu sagen, dass mir eine Fratze aus dem Spiegel entgegenstarrte, die eher nach ’ner Schicht unter Tage aussah – vier Feuchttücher konnten den gröbsten Siff kaum beseitigen und waren danach SCHWARZ…

Na gut, gehen wir mal EXPLOITED gucken, dachte ich mir. Als Überraschung hatten MONO FÜR ALLE drei oder vier Songs gespielt, aber ich war noch auf der anderen Seite des Zeltes mit der Wellness-Kur beschäftigt und hatte das nicht mitbekommen. Schade, schon zum zweiten Mal verpasst! Im Mob herrschte nun eine sehr angespannte Atmosphäre – viele waren offenbar gar nicht mit MONO FÜR ALLE klar gekommen, andere einfach genervt, dass sie jetzt auf EXPLOITED warten mussten, denn es musste kurz umgebaut werden. Als dann EXPLOITED auf die Bühne kamen, nutzte eine Gruppe von Leuten die Stimmung und bombardierte die Band mit Wurfgeschossen, darunter Glasflaschen und Gläser! Der Band flogen teilweise wirklich Glasssplitter um die Ohren, ein Strahler zerbarst unter den Würfen. Wattie pöbelte, zeigte den Werfern seinen nackten Arsch und köpfte einige Wurfgeschosse wütend zurück ins Publikum. „Bonzenschwein!“, riefen einige und beteiligten sich an der Kanonade, andere skandierten „Exploited Barmy Army“ um ihre Sympathie für Wattie zu zeigen. Ich erwartete eine Eskalation, aber offenbar gingen den Leuten die Wurfgeschosse aus und so verlief der Rest des Auftritts eher normal. Tja, viele fanden EXPLOITED völlig scheiße, ich muss sagen, dass es schön stumpf und brutal war (und ich bin sicher kein großer Fan von Wattie, aber dass man ihn als „Bonzen“ beschimpft und gleichzeitig begeistert Willi Wucher abfeiert, ist ja wohl ein Witz). Letztendlich spielten EXPLOITED ausgesprochen lange und hängten diverse Zugaben dran.

FLIEHENDE STÜRME ließ ich sausen, mit Casi von CHAOS CONTROL eierte ich noch etwas orientierungslos über das Gelände und als wir MC Hackmann übern Weg liefen, wollte der uns noch unbedingt einen Typen zeigen, dessen offenbar riesiges Skrotum bei interessierten Spaziergängern für andächtiges Staunen und Beifall gesorgt hatte („für ’nen Euro durfte man sogar anfassen, wenn man an der Echtheit zweifelte!“), aber der war nicht mehr aufzufinden, was für ein Pech auch…

Tscha, Fortsetzung folgt… NICHT, denn wir fuhren am nächsten Tag bereits nach Hause. Wenn’s pressiert, mögen Ergänzungen vorgenommen werden. Danke.
- Beitrag von: Philipp

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