HEADBANGERS OPEN AIR IX / 14.07.2006 - Brande-Hörnerkirchen, Tach 2

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Die Hitze knüppelte einen früh aus dem Zelt, aber man hatte gut schlafen können, denn anders als auf anderen Open Airs herrscht beim HOA nachts absolute Totenstille auf dem Zeltplatz. Es gab verschiedene Theorien dafür, warum das so ist. Ich denke, dass dieses Publikum sehr fixiert darauf ist, möglichst viele Bands zu sehen, daher hängen tagsüber kaum Leute zum Feiern auf dem Campingplatz rum und danach sind einfach alle absolut im Arsch. Interessant dabei die Mischung aus jüngeren BesucherInnen und ollen Veteranen. Man könnte ja denken, dass so ein Festival eine reine Ü-30-Veranstaltung ist. Mitnichten! Da laufen auch viele junge Metalheads unter oder umme 20 rum, mit Shirts und Aufnähern von 80er-Combos wie VENOM, CLOVEN HOOF, TYGERS OF PAN TANG, HIRAX etc etc. Ein klares Zeichen dafür, dass diese Mucke ewig aktuell bleibt, wenn auch natürlich nicht für den Mainstream.




Die Zeit bis zu den ersten Bands verkürzten wir uns mit einem Besuch im Itzehoer Freibad. Dort erschreckte sich die Dame am Empfang: „Huch! Ist etwa schon dieses Wacken-Festival?“ Doch wir beruhigten sie, dass heute noch keine Scharen Langhaariger zu erwarten seien, sie sich aber Anfang August besser freinehmen solle…


Los ging es dann mit IVORY TOWER, nach BONEHOUSE 2001 und MITHRIL 2005 die dritte Kieler Band auf dem H.O.A. Ich muss sagen, dass ich zu progressiven und verfrickelten Metal nicht so mag, aber ich war natürlich interessiert, wie die Band sich nach ihrer jahrelangen Pause mittlerweile anhört. Und so übermäßig frickelig waren IVORY TOWER dann gar nicht (mehr), das Zusammenspiel war so tight wie mein Arsch, der Sound glasklar und wuchtig, das Gitarrenspiel beeindruckend. Nur die Länge einiger Songs ließ mich ab und zu das Interesse verlieren. Es war übrigens schon recht viel los auf dem Gelände! Als ich den Nasen später zufällig übern Weg latschte, fragte ich natürlich gleich, was sie sie denn sechs Jahre getrieben hätten. Die prompte Antwort: „Geübt!“


Auch ein Beruhigungsbier konnte meine Nervosität kaum zügeln: Ja, ich war richtig ein wenig aufgeregt, denn nun kamen POWERVICE, die mich auf dem KEEP IT TRUE dieses Jahr restlos begeistert hatten. Und die hohen Erwartungen wurden nicht enttäuscht – abermals in Lederjacken gewandet ballerte die Band eine Riffsalve nach der anderen heraus. Vor der Bühne ein Hexenkessel aus fliegenden Köppen. Man kann die Band wirklich am besten beschreiben, wenn man sie mit MAIDENs „Killers“ vergleicht. Diese typischen doppelläufigen Leads und die Phrasierung des Gesangs sind einfach frappierend ähnlich, werden dabei in zündende Songs gepackt, die frisch und spritzig klingen. Alle drei Songs vom Demo, „Behold The Hand Of Glory“, „Nightstalker“ und „The End Is Coming“, wurden gezockt und begeistert mitgebrüllt. Dazu kamen viele neue/alte Songs, die ebenfalls ordentlich nach vorne gingen. Außerdem packten die Niederländer noch ein BLACK SABBATH-Cover druff, nämlich „Die Young“ aus der DIO-Phase – sehr schön! POWERVICE hätten ruhig ganz am Schluss spielen können. Headbanging fun!


Da konnten ORDER OF NINE einfach nur den Kürzeren ziehen, ich trollte mich zumindest auf den Zeltplatz. Von weitem hörte man ein schön rumpelig gespieltes Schlagzeug, aber erst SHEAVY standen für mich als näxtes Must-See auffem Zettel.


SHEAVY hatte ich mal irgendwann auf dem Dynamo gesehen und in sehr guter Erinnerung behalten. Das Programmblatt gab „Stoner Rock“ an als Stilbeschreibung, aber nix da – das war tonnenschwerer Doom im zähflüssigsten BLACK SABBATH-Stil, der da mit Herzblut gespielt wurde. Sehr sympathische Truppe, der dürre Sänger sprang völlig entfesselt herum und der barfüßige Gitarrist links grinste die rübenschüttelnden …äh… Schüttelrüben an. Jetzt interessiert mich nur noch, ob die Band S-HEAVY ausgesprochen wird oder so wie dieses Auto…


Gleich noch eine Pflichtband und wieder eine Überraschung, dass es immer noch Bands gibt, die man aus dem Fundus des 80er Heavy Metals auf die Bühne zerren kann! Wenn man ehrlich ist, werden die beiden Scheiben der holländischen MARTYR, „Darkness At Time’s Edge“ und „For The Universe“ erst im Nachhinein als „legendär“ gehandelt, in den VÖ-Jahren ’84 und ’86 hat kaum jemand die Band gekannt (ich habe die beiden Dinger auch erst in den Neunzigern verhaftet), aber so ist es ja oft. Anlässlich des Festivals hab ich mir die Platten noch mal angehört und stelle fest, dass MARTYR live doch wesentlich flotter und kraftvoller klangen. Erst bekam ich ja ’nen kleinen Schreck, denn der Sänger kam mit bauchfreiem Shirt eher wie ein Surflehrer rüber, aber letztlich widerlegte er meine Vorurteile und entpuppte sich als positiv Verrückter, der sich gut zum Affen machte, ins Publikum sprang, seinem Schlagzeuger einen Beckenständer samt Becken mopste um darauf Luftgitarre zu spielen (…), sich ständig Leute auf den Rücken lud, die nicht schnell genug wegrennen konnten, UND dazu aus voller Kehle schmetterte. Schon geil, der Mob ging da natürlich mit und feierte die Band ab, die schließlich grinsend von der Bühne stapfte, wohl wissend, dass sie diesen Gig als fetten Erfolg verbuchen konnten.


Völlig unbekannt waren mir bisher ICARUS WITCH, aber der knallige und atmosphärisch dichte US Metal zog mich sofort in den Bann, zumal der Sänger ein ordentlich zugehackter Typ mit einer finsteren Ausstrahlung war. Da ich die Band nicht kannte, kann ich kaum mit Songtiteln dienen. Ein Song blieb mir dennoch in Erinnerung, den der Sänger als „Curse Of The Ice Maiden“ ankündigte und der (wie viele andere Stücke der Band) durch Twin-Gitarren und glockenhellen, aber kraftvollen Gesang überzeugte. Mit dem PRIEST-Cover „The Ripper“ konnte der Sänger noch mal seine ganze Klasse demonstrieren - dit war wirklich mal perfekt gesungen!


KORPIKLAANI? Nö, lass mal. Finnischer Folk ist nu langsam nüscht Neues mehr im Metal und irgendwie hatte ich da gerade gar keinen Bock auf. Gebt mir FINNTROLL und ich bin vor der Bühne, aber die Jungs kommen auch ursprünglich aus dem Black Metal, KORPIKLAANI hingegen klangen mir zu „unmetallisch“, wenn ich das mal so intolerant sagen darf…


Dann lieber HOLY MOSES, auch wenn mich die Band seit ihrer Reunion nicht mehr wirklich zu fesseln vermochte. Früher fand ich die mal richtig gut, krame auch „Finished With The Dogs“ oder „The New Machine Of Liechtenstein“ gerne mal raus, aber bei den letzten Releases fühlte ich mich nicht danach, da mal reinzuhören. Dessen ungeachtet sorgt die Tatsache, dass Michael Hankel seit einiger Zeit anner Gitarre steht, doch wieder für eine höhere emotionale Bindung, denn seine alte Band EROSION steht bei mir für immer ganz weit oben. So kann ich gleich resümieren, dass der heutige Gig immerhin der beste seit der Reunion war, den ich gesehen habe, und dass die Band sich quer durch ihre gesamte Diskographie fräste. Dennoch: Den Esprit der ursprünglichen HOLY MOSES hatte das nicht mehr und Sabina Classen klang stimmlich dünn. Ihr Gesang war heute eher ein Röcheln, was natürlich an einer schwachen Tagesform liegen kann. Versteht mich nicht falsch – so ein fieser Röchelgesang kann auch geil sein, nur hat Sabina früher eben meines Erachtens nach voluminöser und kraftvoller geklungen. Trotzdem war die Stimmung ausgelassen, der Raum vor der Bühne proppevoll und die Band inkl. ihrer Sängerin ackerte sich headbangenderweise ordentlich einen ab.


Zum Abschluss gab es noch POWERSLAVE, ’ne deutsche MAIDEN-Coverband, die ich mir aber nicht mehr angesehen hab. Was auffen Campingplatz drang, klang aber wirklich ordentlich und die Stimmung schien weiterhin gut zu bleiben. Neben Standards wie „The Trooper“, „Fear Of The Dark“ oder „Run To The Hills“, waren auch ein paar Stücke dabei, die MAIDEN leider lange nicht mehr gespielt haben, z.B. „Stranger In A Strange Land“ oder das namensstiftende „Powerslave“.


Jut, Fortsetzung folgt.
- Beitrag von: Philipp

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