KURHAUS, ESCAPADO, TYRANT IN TUXEDO, MY LOVE VENDETTA / 06.01.2006 - Schleswig, Zentrum

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“Heart-Core” versprach der Flyer für dieses Konz, und das war auch in der Retrospektive ein passendes Motto, wenngleich an diesem Abend nicht alles so rund lief wie erhofft.
Von unserer Seite war erstmal immerhin die Anfahrt erfolgreich verlaufen, denn obwohl Bolle noch nie zum Zentrum gefahren ist und ich als überzeugter Beifahrer wie üblich keinen Plan hatte, fanden wir den Laden auf Anhieb.


MY LOVE VENDETTA hatten bereits begonnen und ernteten durchaus Applaus von dem den Schuppen immerhin schon zu einem Drittel füllenden Publikum. Das Trio bestand aus NAMELESS FACES- und WASABICORE-Leuten, wobei der Drummer nur Aushilfe war und das Set flink einstudiert hatte. Passte durchaus zum restlichen Programm des Abends, denn im Gegensatz zum straighten Hardcore-Punk von NAMELESS FACES waren MY LOVE VENDETTA emo/screamo-lastiger. Klar, noch war nicht alles perfekt, aber da ist Potenzial drinne und man darf gespannt sein auf deren weitere Entwicklung.


Tscha, TYRANT IN TUXEDO sah ich heute zum ersten Mal und konnte wie alle anderen auch gleich wieder Abschied nehmen, denn diese Band spielte heute ihr letztes Konzert. Das ist schon schade, denn die Truppe überzeugte durch engagiertes Auftreten! Da stand kaum mal jemand still, es wurde Action gemacht und wohl jede Minute bewusst zum letzten Mal genossen und zelebriert. Der Gesang kam gut, ein angenehm volles und geschmeidiges Organ hatte der Typ. Auch hier stilistisch ordentlich wat Emo in der Suppe, aber schön flott gespielt und nicht zu rührselig. R.I.P.


Während ESCAPADO ihren Sound checkten, konnte man an Renkes Theke abernten gehen. Sehr lecker mundet da zum Beispiel die JUST WENT BLACK-Scheibe (über Assault Records).
Dann ging es los. Mittlerweile war es schön voll, man hatte aber genug Platz zur Entfaltung (von was auch immer). ESCAPADO sind irgendwie eines Gitarristen verlustig gegangen – das Interessante war heute, wie der verbliebene Klampfer die “Lücken” füllte: Er hatte über ein Effektgerät die Möglichkeit ein Riff einzuspielen, welches dann per Fußschalter auf Schleife in gewünschter Länge durch die P.A. gerotzt wurde, während er andere Gitarrenparts darüberzocken konnte. Schon cool, denn er könnte die Parts auch zu Hause einsampeln, stattdessen spielt er sozusagen zwei Gitarren live. Der Sound war dadurch schön wuchtig und die typische ESCAPADO-Stimmung kam voll rüber. Ich hatte das Gefühl, dass die Band sich richtig in einen Rausch spielte, denn die Songs wurden zunehmend intensiver. Boah, “Magnolien” oder “Szenario” sorgten da richtig für Gänsehaut und wurden entsprechend begeistert aufgenommen. Mir hat auch wieder die völlig unaffektierte Art der Band gefallen, da wird ohne großartige Gesten oder coole Sprüche die eigene Musik gelebt. Klasse, da passt der alte SPRAWL-Slogan “Hardcore ohne Gehabe”.


KURHAUS bereiten sich zur Zeit auf die Aufnahmen des “Refuse To Be Dead”-Nachfolgers vor und hatten daher auch einen ganzen Sack voller neuer Songs dabei. Trotzdem war das heute nicht ihr bester Gig. Der Sound war dünner als bei ESCAPADO, zudem war Gø nicht optimal bei Stimme, wofür er sich coolerweise nach ein paar Songs auch entschuldigte: „Tut mir Leid, dass meine Stimme heute so komisch klingt. Ich weiß nicht, ob es an den Temperaturen draußen liegt.“. Überhaupt waren die Ansagen der Hammer, Gø widmete den Set allen Leuten, die sich Hardcore-Punk aus Idealismus widmen („Das ist keine Karriere, das ist der beste Grund sein Geld zu verlieren“), erinnerte passend zur Saison an die vielen Obdachlosen („Hunderte von Menschen sterben im Winter in Deutschland, weil es uns egal ist“) und scheute sich auch nicht, Tänzer auszubremsen, die in seinen Augen zu aggressiv gepogt hatten (was nach dem Gig noch für Diskussionen sorgte, denn die beiden Betroffenen fühlten sich doch gehörig vor den Kopf gestoßen und waren der Meinung, niemanden angerempelt zu haben). Der Spirit stimme also und wie immer gab die Band trotz der widrigen Verhältnisse ein sehr emotionales und mitreißendes Konzert! Die neuen Songs lassen so Einiges erwarten, schon beim ersten Hören wurde klar, dass KURHAUS abermals keine Veränderungen scheuen und diverse neue Elemente präsentieren. So war „The Sound Of Snow“ ungewöhnlich ruhig, aber nicht minder intensiv als gewohnt. Wie gesagt, man hat KURHAUS schon besser erlebt, aber in der Live-Situation spielen so viele Nuancen eine Rolle, und letztendlich soll auch nicht immer alles perfekt sein, sonst könnten wir gleich seelenlosen Maschinenklängen lauschen und wie Zombies hinter Dr. Motte hereiern.
Also: ein lohnenswerter Besuch! Wie immer eine schöne Atmosphäre im Zentrum, was auch an der netten Crew liegt, da bin ich immer gerne Gast, do!

- Beitrag von: Philipp

Kommentare   

+2 #1 Philipp 2016-01-06 13:28
HEUTE VOR ZEHN JAHREN.
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