ELOPE 22.12.05 Schaubude

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Verehrte Dremu-Leserschaft, hier folgt nun der fürchterlich überfällige Bericht zum vergangenen Konzert der beliebten Krustenrockertruppe ELOPE,abgehalten am 22.Dezember des jüngst vergangenen Jahres. Da ich mich ja mittlerweile das vierte Mal zu dieser Band äussere, sei dem interessierten Leser das auf dieser Plattform archivierte Schriftmaterial empfohlen, wo Stilrichtung und Klassiker der elope`schen Songschreibekunst schon reichlichst abgefeiert wurden, denn man will sich ja nicht andauernd wiederholen. Natürlich habe ich wen wundert das eigentlich noch trotzdem wieder jede Menge erlebnisberichtenden Geschwätzes anzubieten, das dem einen zu langweilig, dem nächsten zu wenig themenbezogen(?) und dem dritten dann recht unterhaltsam erscheinen mag - mehr als Spaß an der Sache steckt auch hier wieder nicht dahinter, also erbaut euch oder lasst es.

Dieses Konzert hatte offenbar das Potential zu erstaunlich kontrastreichem Wahrnehmen, wie das KN-orientierte Publikum nach der Lektüre dieses Berichtes finden mag.Am allerbesten, man ist dabei gewesen, und die Zähne zeigt, wer`s Maul aufmacht, und was ist schon objektiv, also los geht`s.

So.Im Territorium der Entlaufenen ist ja eine Menge geschehen in letzter Zeit - Jewus segensreiche Mittäterschaft hat sich nun schon seit dem letzten Demo standfest etabliert; als aufsehenerregendes Seitenprojekt des Hasen Jan gibt es mittlerweile die "Bunny Hunters" (wir wollen das Demo!), und es kursieren sogar Gerüchte hinsichtlich weiterer musikalischer Spektralfarben, die in schillernder Zukunft die Welt beschallen werden...angekündigt ward das Happening als Kostprobe brandneuen Materials, also Grund genug, sich mit einiger Neugier zum Weihnachtsgig in die Schaubude zu begeben. Mit brillianter Pünktlichkeit betrat ich um 22:30 die Schleuse zum Heimattresen und musste angesichts der kärglichen Zuschauerzahl einen spontanen Abstrich an der vorfreudigen Erwartungshaltung vornehmen, allein, man kennt ja seine winterschläfrigen Schnarchnasen, und wirklich bequemte sich dann in der Anfangsphase des Konzertes noch eine moderate Fülle von Interessierten an den Ort der Tat.

Als Einstieg mit Hausnummer-Effekt hatten Elope den großartigen Opener ihres zweiten Demos ausgesucht, "Motown Man", dessen gediegene Schwere die hinzugewonnene Dichte im Gitarrengewand bemerkenswert nachzuweisen vermag. Schlagzeuger Ole macht sich zwecks bildhafter Absichtserklärung schon mal nackicht, Hase läßt die Stimmbandmuskeln prunken, und der Hörer findet sich vom typischen Elopesound im Sturm vereinnahmt.Schöne Wahl! Die weitere Zusammensetzung kombinierte wohlbekannte Songs der Demos 2 und 3 mit ganz neuem Material, wobei mir besonders der "sad Song" als gar nicht trauriges Machwerk mit Hitqualitäten auffiel. Man fummelt nicht groß herum, es gibt wenig Längen, die gewitzten Kompositionen vereinen eine prägnante Mischung aus Eigensinn und Ohrgängigkeit - Die vertonte Stimmung erscheint im Einklang mit ihrer Präsentation seitens der Band, fast wie reduziert aufs Wesentliche. Frontstimme Hase ist konzentriert bei der Sache, verzichtet fast völlig auf die aus vergangenen Gigs bekannte und gern ausführlich strapazierte Proletenmacho-Pose, deren verstärkender Gestus hier nicht von Nöten ist. Mittig auf der Bühne positioniert steht Eike in gewohnt stoischer Haltung, verwachsen mit seinem fundamentalen Bassläufen, der energisch drauflos bolzende Ole hat zu recht kein Hemd mehr an, und das einzige bewegte, über seinem neuangeschafften Instrument begeistert herumkaspernde Element am rechten Bühnenrand ist Jewu, der wieder alles an hingebungsvoller Spielfreude personifiziert und darüber zeitweilig die stimmlichen Unterstützungseinsätze verjubelt, aber wem sollte das bei diesem fröhlichen Anblick nicht so gut wie egal sein.

Leichte Unzufriedenheit machte sich bei mir breit, als ich die Polo-freie Version von "Knife" hörte - Polos Vortrag dieses Stückes, auf Demo 3 verewigt, ist für mich so eng mit dem Song verwoben, daß ich Schwierigkeiten hatte, eine andere Version zu akzeptieren. Hases stimmliche Modulation machte etwas für mich befremdendes daraus, der manische Drall der von mir geschätzten Interpretation fehlte komplett, und es ist meines Erachtens eine fragwürdige Entscheidung gewesen, diesen Song ohne seinen Ankermann überhaupt in die Setlist mit aufzunehmen. Hase sagte mir später, daß die Band dennoch voll hinter dieser Wahl stand, und schliesslich gehört der Song ja Elope, also muß man vielleicht mit allzu eingefahrenen Hörmustern aufräumen und weitere, ebenso gültige Perspektiven überprüfen. Vollkommen großartig dagegen das gewaltige "White Shape", sowie mein Liebling vom dritten Demo, "Ice",was für ein mitreissender Song, immer wieder ein Genuß und eine besondere Freude, ihn mal wieder Live zu hören.

Mir will scheinen daß nicht zuletzt die Entstehung der Bunny Hunters hier eine ausschlaggebende Rolle zur Fortentwicklung der elope`schen Aussage gespielt hat - durch das zusätzliche Betätigungsfeld mit seinen spezifischen Umständen scheint das Schaffensmotiv des Jan Hasen gleichermassen aufgespalten wie bereinigt zu werden, nämlich dort aufgefächert in mehrere Felder, wo es vormals sämtliche Energie in einem einzelnen Ventil zu äussern suchte.
Die stimmlich-extrovertierte Äusserungskraft seines markanten Pöbeltemperamentes zerklüftete die Erdhaftigkeit des Elope-Universums zu teilweise irritierender Kantigkeit, und die Existenz der Hunters ermöglicht es nun durch ihr speziell auf die repräsentative Stimmgewalt ihres bühnenfrohen Frontmannes zugeschnittene Konzept, daß diese hier nun in Reinkultur aus dem Vollbesitz entwickelt werden kann, ohne den elope`schen Kosmos in eine Richtung zu drängen.

Hier trifft man heute schon allein durch die Anordnung der Musiker eine abweichende Aussage: es wird nicht mehr mit plakativen Posen nach Aufmerksamkeit gegiert, man biedert sich nicht bei sensationsgieriger Erwartungshaltung an, den exponierten Frontmann mit Entertainergeste sucht man vergebens, er ist Teil der Band wie jeder andere auch. Dem angetretenen Publikum, das aus vergangenen Konzertbesuchen eine andere Darbietung erwartet haben mag, verlangt diese sparsame, latent introvertiert wirkende Form schon etwas Flexibilität ab, doch das überzeugende Produkt des wundersam verdichteten Gesamteindruckes spricht hier für sich selbst. Den sich in plötzlicher Tanzwut äussernden strohfeurigen Funken findet man hier zwar nicht; das lautmalerische Strahlen ist dennoch von so überzeugender Kraft, daß die prächtige Darbietung des Gassenhauers "Don´t stop" nach Ansicht des wohlwollend mitgroovenden Publikums dann doch nicht der letzte Song gewesen sein soll. Das Konzert findet mit der finalen Überraschung eines Butthole-Surfers-Covers sein interessantes Ende, und ich stelle fest, es hat sich wiedermal gelohnt, ein Ohr an den Puls dieser immer wieder neuen, sich immer wieder selbst erfindenden Formation zu halten - der Stand der Dinge ist der Stand der Dinge, nicht mehr und nicht weniger.Was ich sehr bedauerlich finde, ist der Umstand, daß die neuen Eindrücke leider nicht mittels eines neuen Tonträgers vertieft werden können, zu viele terminliche Hürden harren zur Zeit ihrer Überwindung. Es bleibt zu hoffen, dass Elope um so ausgiebiger an ihre Live-Präsenz denken und die Kieler Zuhörerschaftt weiterhin ausführlich an ihren musikalischen Entfaltungen teilhaben lässt.
- Beitrag von: Mrs.Fiend

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