DEEP PURPLE, ALICE COOPER / 07.02.2006 - Kiel, Ostseehalle

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Kurzentschlossen hatte ich mir einen Tag vorm Konz ein Ticket geholt und mit einem eher schwach besuchten Ereignis gerechnet, doch als ich zum ersten Mal von oben auf die Ränge und die Halle hinüberschaute, war ich doch baff: Voll war’s und zwar amtlich! Schwer zu sagen bei so einer Monsterhalle, aber so 6000 – 8000 Leute werden es sicher gewesen sein. Erstaunlich, dass DEEP PURPLE immer noch derart viel Publikum anziehen!



Schon begann auch ALICE COOPER, der…- Moment! Sollte da nicht noch eine dritte Band spielen? Ich war pünktlich, auffer Karte stand 19:30 Uhr, es war 19:35 Uhr, aber man hatte die ollen MAD MAX offenbar bereits vor offiziellem Beginn auf die Bretter gejagt. Dass es früh losgeht, finde ich ja okay, nur warum zum Teufel kann das bei Kommerzkonzerten nicht auch auf den verfluchten Tickets stehen oder irgendwie sonst angekündigt werden? Ich fand MAD MAX zwar noch nie dolle (glaub, die ham ’87 auf dem Dynamo-Open Air gespielt, damals für einen Gulden mitten in Eindhoven City auf dem Marktplatz zusammen mit DESTRUCTION, dem ersten Europa-Gig von TESTAMENT, STRYPER usw – ja, das war schon wat), aber angeguckt hätte ich mir das wenigstens schon gerne…


Naja, zurück zu ALICE COOPER, dessen Darbietungen und Songs bisher weitestgehend an mir vorbei gelaufen sind und von dem ich eher wenig erwartete. Doch gleich von Anfang an machte der geschminkte Cooper samt Band überraschend viel Spaß. Mit Eric Singer (KISS) am Schlagzeug und drei jungen, richtig fitten Typen im Hintergrund wurde Dampf unterm Kessel gemacht. Sofort fiel mir auf, wie kristallklar und doch rotzig und heavy der Sound war. Von der Energie, die da transportiert wurde, hätte sich so manche schwedische Rock“n’Roll-Gurkentruppe eine fette Scheibe abschneiden können. Es gab natürlich Songs, die auch ich kannte, z.B. „School’s Out“, „Poison“, „No More Mr. Nice Guy“ oder „I’m Eighteen“, wobei Alice bei letzterem Song mit einer Krücke rumfuchtelte, der alte Schelm. Dabei machte er stimmlich überhaupt keinen lahmen Eindruck, das war schön rau und kraftvoll gesungen. Ansonsten auch Entertainment ohne Ende – da wurden Accessoires wie Geldscheine („Billion Dollar Babies“) oder Perlenketten („Dirty Diamonds“) passend zu den Songs von Alice in die Menge gefeuert, er wurde von irgendwelchen Unholden in ’ne Zwangsjacke gesteckt und auffer Guillotine geköpft, eine als Paris Hilton verkleidete Tänzerin (seine Tochter?) drangsaliert und all der Scheiß. Wirklich unterhaltsame 70 Minuten – der Saal kochte, sogar Gülle und sin Muttern…


Tscha, und dann DEEP PURPLE, von denen ich mal richtig Fan gewesen war. Nach der Reunion damals hatte ich sie mir ein paar Mal begeistert angesehen, aber dann aus den Augen verloren. Würden heute auch nur noch schwerlich den Weg auf meinen Plattenteller finden, aber dieses Konz war dennoch verdammt gut. Im Vergleich mit den Shows in den Achtzigern sind die Recken auf keinen Fall schlechter geworden, eher besser. Denn auf übertriebene Jams und nervige Solo-Gniedeleien wurde bis auf kurze, knackige Ausflüge verzichtet und im Gegensatz zu Richie Blackmore strahlte Steve Morse mal richtig Spielfreude aus, war ständig am Grinsen und überzeugte mit warmen Sounds und groovigem Spiel. Überhaupt wieder: Was für ein transparenter und dennoch wuchtiger Klang! Alles war gut ausbalanciert, jedes Instrument war gut zu hören, trotzdem war Druck und Wucht drinne. Ian Gillan singt natürlich nicht mehr so wild wie auf meinetwegen „Made In Japan“, aber ehrlich gesagt waren einige der Screams damals auch ziemlich überrissen (klar, Geschmackssache) und gut in Form war er heute allemal. Die Setlist (s.u.) machte deutlich, dass man sich hier auf keiner Nostalgie-Veranstaltung befand, selbstbewusst zockten DP ordentlich neuen (und neueren) Stoff, der mir zu großen Teilen unbekannt war. Besonders der Titelsong der aktuellen Scheibe, „Rapture Of The Deep“, gefiel mir davon gut, kam mit schweren Orgelsounds und orientalischen Melodien daher. Auf zwei Videoleinwänden rechts und links konnte man schön die Details sehen, so dass ich euch jetzt irgendwelche spieltechnischen Details verraten könnte, wenn ich denn Ahnung von so’m Scheiß hätte… Die Stimmung erstmals zum Kochen brachte ein kurzes Solo von Steve Morse, worauf sich „Lazy“ anschloss und ab da hatten die Gentlemen vonner Insel das Publikum im Sack. Mein persönliches Highlight war „Highway Star“, ansonsten müsste die Setlist ungefähr wie folgt ausgesehen haben (ungefähr 2 Stunden):

Pictures of Home
Things I Never Said
Wrong Man
Ted the Mechanic
Living Wreck
Rapture of the Deep
Back To Back
Before Time Began
Contact Lost
Well-Dressed Guitar
Lazy
Keyboard Solo
Perfect Strangers
Junkyard Blues
Sometimes I Feel Like Screaming
Space Truckin
Highway Star
Smoke on The Water
Kiss Tomorrow Goodbye
Hush
Black Night


Joah, insgesamt echt gelungen, obwohl solche Massenveranstaltungen schon was Gruseliges haben mit ihren Würstchenbuden und so. Beim Rausgehen hörte ich ausschließlich begeisterte Statements, wobei ich so’n altes Rockerpärchen dann aber am Interessantesten fand: Er (schön breit) „Ich muss pissen“, sie: „Aber nich hier auffe Straße!“, er: „Mir doch scheißegal, ich piss, wohin ich will“, sie: „Aber dann ohne mich!“, er: „Türlich ohne dich, du §&%“§““. Das ist wahre Liebe…



- Beitrag von: Philipp

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