WACKEN OPEN AIR XXII / 07.08.11 – Wacken, Tag 3

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Philipp: Beste Stimmung im Camp, schließlich warten heute mit GHOST, SKELETONWITCH, HAIL OF BULLETS oder IN SOLITUDE ein paar echte Underground-Perlen auf uns. Vor ein paar Jahren hatte man zeitweise das Gefühl, dass dieser Bereich in Wacken etwas zu kurz kommt, doch in diesem Jahr finde ich das Billing recht ausgewogen. Dazu an bekannten Bands MOTÖRHEAD und KREATOR, die man zwar schon x-mal gesehen hat, aber das eben auch nicht ohne Grund. Einziger Stimmungsdämpfer: Die viereinhalb Pullen Minze sind LEER.


Evil JoyBoy

Pics by EVIL JoyBoy

MOONSORROW:

Philipp: Nach ‘ner wie üblich zu heißen Dusche scheiden sich die Wege der Dremu-Fraktion: Joy Boy und Strecker haben Bock auf GIRLSCHOOL, während Stefan und ich zu MOONSORROW pilgern, die zeitgleich um 12.00 Uhr die Black Stage beschallen. Wie immer gefällt mir der einzigartige Stil der Band, auch wenn es wirklich seltsam ist, diese düstere Musik zu einer derart frühen Zeit serviert zu bekommen. Bei den überlangen Songs der Band können lediglich fünf Stücke gespielt werden, die es aber mit ihrer Mischung aus finnischer Folklore, aggressivem Gekreisch und (Achtung, abgenutzter Begriff:) epischen Melodiebögen in sich haben. Da mein Finnisch nicht so stark ist, fällt es schwer, einzelne Songtitel zu nennen, aber ich meine, dass MOONSORROW mit dem Opener der aktuellen Platte, „Tähdeton“, beginnen. Mehr BATHORY geht kaum – düster, verspielt, wuchtig. Auch meine ich, zwei Stücke der „Voimasta Ja Kunniasta“-Scheibe (2001) zu erkennen, „Kylän Päässä“ und „Sankaritarina“. Die sind gut gewählt für ein Festival, da etwas zugänglicher (und kürzer)  als einige Titel der beiden letzten Alben, aber in die oberflächliche Pagan-Sauf-Metal-Ecke sollte man MOONSORROW wirklich nie hineinpacken.

Bei unserer Rückkehr hält Strecker schon ein Schläfchen im Auto, da ihn die Luft im Zelt bei GIRLSCHOOL wohl umgehauen hat.

Stefan: Der Sonntag begann nach einem kurzen Frühstück mit MOONSORROW. Guter engagierter Auftritt der Band. Bei mir kam allerdings am Samstagmittag für diese Art der Musik nicht wirklich Stimmung auf.

 

GIRLSCHOOL:

Strecker: Der Morgen beginnt eigentlich ganz gut und so lasse ich mich von Joy Boy noch einmal ins Wrestlingzelt zum Girlschool-Konzert schleifen. Im Zelt angekommen bin ich wieder mal überrascht, wie groß es eigentlich ist und wie viel Leute schon unterwegs sind. Eine Klimaanlage hätte aber gut getan. Ich  finde die Luft in dem Zelt unerträglich und verziehe mich nach kurzer Zeit wieder nach draußen und gucke den Rest des Konzertes auf der Leinwand vor dem Zelt. Nicht unbedingt optimal, aber in der Sonne auf dem Rasen liegend und Girlschool auf der Leinwand gucken, war schon ok. Der ursprüngliche Plan, im Anschluss gleich Onslaught zu gucken, wurde aber verworfen und es ging erst mal zurück ins Camp. Hier wurden dann die letzten Vorbereitungen getroffen, um rechtzeitig bei The Haunted zu sein. The Haunted boten dann eine sehr spielfreudige und engagierte Show, die ziemlich gut zu der Nachmittagssonne und zur allgemein guten Stimmung passte.

JoyBoy: Zu Beginn geht es in die ungeliebte, aber immerhin fototaugliche Ballermann City zu GIRLSCHOOL. Ich wähle glücklicherweise mit meinem luftigen Lieblingskleidchen die absolut witterungsgemäße Aufmachung aus. Im Gegensatz zu mir treibt die stickige Hitze und die Tatsache, dass GS mit einiger Verspätung beginnen, Moe und Strecker jedenfalls vorzeitig wieder aus dem Zelt. Außerdem heißt die Band ja nicht “Boyschool“, wie ich den anderen Fotograf_innen auf Nachfrage Auskunft gebe. Mir persönlich macht der Auftritt der vier noch immer sehr agilen Rockerinnen mindestens ebenso gute Laune wie der spätere Gig von Motörhead. Da geben sich Hits wie “Race with the Devil“ oder “Emergency” nur so die Klinke in die Hand. Das Klima im Zelt sorgt dennoch dafür, dass die Hälfte des Publikums vor der Zugabe des Zelt verlässt.


GIRLSCHOOLGIRLSCHOOL

CRASHDIET:

JoyBoy: Auf dem Weg zurück nehme ich noch CRASHDIET mit, deren Neo-Glamrock mich live deutlich mehr überzeugt als auf ihrem ziemlich glatt und modern klingenden aktuellen Album. Wenn der Sänger, dessen Frisur eine Mischung aus Mohawk und hochtoupiertem 80er-Schwanzrock-Wust ist, tatsächlich live singt, ist er wirklich verdammt gut.

CRASHDIET

 

JoyBoy: Auf dem Zeltplatz ist noch immer der gestrige PRIEST-Auftritt Hauptgesprächsthema. Gegenseitig zählen wir auf, welche Songs wir dem grandiosen Set persönlich noch hinzugefügt hätten, woraus sich schnell eine komplette zweite ausschließlich Hits beinhaltende Setlist sammelt. Falls Rob Halford das lesen sollte: Beim nächsten Mal bitte unbedingt “Out in the cold”, “A touch of evil”, “Hot rocking”, “Grinder”, “Hellrider”, “Desert Plains”, “Ram it down”, “Jawbreaker” und “Hell Patrol” spielen, wobei bei “Hot Rocking” der komplette Videoclip auf der Bühne nachgestellt werden müsste. Fänd ich echt total gut. Danke.

 

THE HAUNTED:

Philipp: Lange währt die Pause nicht, da THE HAUNTED rufen. Zwar fand ich die bei ihrem letzten Gastspiel in Wacken enttäuschend, aber „Unseen“ und zugehörige Interviews haben mich derart überzeugt, dass ich einer alten Liebe eine neue Chance gebe. Ein Glück! Dolving sieht endgültig aus wie ein Waldschrat, kümmert sich einen Scheiß um ein cooles Metaloutfit (buntes Hemd, abgeranzte Jeans und Big-Lebowski-Bart sind das Gesetz…) und erzählt lieber von Liebe als von Hass. Das Stagedesign ist schlicht, aber effektiv: Schickes Backdrop und auf der Bühne zwei Pappkameraden mit der Silhouette von der Figur aus dem HAUNTED-Logo. Auch cool, dass der Drummer extrem fuhrwerkt, aber mit einem sparsamen Set auskommt. Die Songs (u.a. „99“, „Never Better“, „Unseen“, „Bury Your Dead“…) werden mit deutlich mehr Enthusiasmus und Energie gespielt als beim letzten Mal, was der leider nicht übermäßig dicht gedrängte Mob vor der Party Stage natürlich honoriert. Ansage des Tages: „If you know the words, sing along – if not, then fake it!“

Stefan: Ganz anders als bei MOONSORROW sah es mit meiner Stimmung hingegen bei THE HAUNTED aus. Nach dem letzten etwas enttäuschenden Auftritt in Wacken 2008 hatte ich die Band etwas links liegen. Philipp überzeugte mich allerdings, der Band nochmal eine Chance zu geben und wurde angenehm überrascht. Da ich die letzten Alben nicht besitze, kannte ich einige Songs nicht. Machte aber nichts. Peter Dolving war trotz ungewöhnlicher Optik ein sehr überzeugender Frontmann und auch der Rest der Band wirkte weitaus spielfreudiger als beim letzten Mal. Für mich die Überraschung hier in diesem Jahr.

JoyBoy: Ohne zu wissen, was auf mich zukommt, schließe ich mich dann der Gruppe zum THE HAUNTED gucken an. Ich stelle fest, dass es sich um modernen Metal handelt, den ich tatsächlich mag. Ein bisschen Machine Head, ein bisschen düster, dazu ein Sänger, der in Sachen Outfit an das Tucholsky in den 90ern erinnert und mit seinen ironischen Ansagen erfreulich sympathisch rüberkommt.

 

MAYHEM:

Strecker: Mit den nicht ganz unumstrittenen Mayhem ging es dann weiter. Mayhem haben sich dazu entschieden, heute mal auf die üblichen Showelemente mit Schweineköpfen, obskuren Kostümen usw. zu verzichten und ließen die Musik sprechen. Ich fand es eine gute Entscheidung, denn die Songs sind wirklich gut und müssen nicht mit fragwürdigen Einlagen unterstützt werden. Es gab hier den blanken musikalischen Hass und der Sänger wirkte ein bisschen wie die Black Metal Ausgabe von Ozzy. Er hatte zwar nicht ganz so viel Ausstrahlung, aber der Wahnsinn in den Augen war auch hier vorhanden.

Stefan: MAYHEM waren bisher nie meine Band, was weniger an der Hintergrundgeschichte um die aktuellen und ehemaligen Mitglieder, sondern schlicht und einfach an der Musik liegt. Viel ändern wird dieser Auftritt nicht. Außer „Freezing Moon“ kannte ich auch kein Lied, leider blieb bei den restlichen Songs auch nicht wirklich viel hängen. So waren allein die Laute, die der Sänger von sich gab, beeindruckend.

Philipp: MAYHEM hätten mich gar nicht weiter interessiert, da mir die Vergangenheit der Band nie ganz koscher war und ich sie live bisher langweilig fand. Aber Magnus weist darauf hin, dass seit einigen Jahren Attila Csihar wieder dort singt, was ich entweder gar nicht erst mitgekriegt oder wieder vergessen hatte. Diesen ungarischen Sicko wollte ich seit der legendären TORMENTOR-Platte „Anno Domini“ (1988) schon immer mal live sehen. Tatsächlich lohnt sich der Besuch allein schon wegen der Stimmakrobatik Attilas, aus dessen Maul wahrlich das akustische Pendant zur Danteschen Vorstellung der Hölle fault. Beeindruckend. Die Mimik a la reanimierter Zombie irgendwie auch, zum Teil aber schon ZU überrissen. Dazu steht Attila meist völlig unbeweglich da und hält fast den ganzen Auftritt über ein umgedrehtes Kreuz in den Pranken. Rein musikalisch gefallen mir MAYHEM deutlich besser als früher, ansprechend roh umgesetztes Geknüppel, Gesäge und Geröchel (oder wie ein Journalist in den LN schrieb: „der Klang sterbender Welten“, wobei nicht klar ist, welche Band des diesjährigen W:O.A. er damit meint). Sehr gute Reaktionen erntet übrigens JoyBoy, der diese Band im kleinen Roten besucht.

JoyBoy: Bei MAHYEM enttäuscht mich zunächst das Fehlen des trashigen Black Metal Schmierentheaters, mit dem ich nach der Studie früherer Wacken-Auftritte der Band fest gerechnet hatte. Der neue alte Sänger hantiert nur fast ununterbrochen mit einem blutverschmierten Kruzifix herum und glotzt ansonsten wie dümmlich betrunken aus der Wäsche, dafür beeindruckt er mit einer erstaunlichen Vielfalt an Gesängen und Unterweltgeräuschen. Eine spätere Recherche liefert die Erklärung, dass Attila Csihar bei seinem ersten Engagement die Bühnenshow der Band nicht mit seinem Vegetarismus vereinbaren konnte und unter anderem deshalb ausstieg. Immer wenn man denkt, dass einen das ideologische Wirrwarr dieser Band nicht mehr überraschen kann, wird es noch irrer. Da würde auch die Korrektheit der (von meiner Seite nicht belegbaren) Information, dass der Posten von Euronymous mittlerweile von einem an seiner Ermordung Beteiligten eingenommen wird, kaum mehr verwundern. Musikalisch wussten MAYHEM dagegen durchaus zu gefallen.

MAYHEM

 

SHINING:

Philipp: Enttäuschung im Zelt: SHINING sind gar nicht SHINING… Jedenfalls nicht DIE SHINING, die Band von Kvarfoth, die gerade „Född Förlorare“ rausgebracht hat. Wir wundern uns schon, als da so fröhliche Typen auf der Bühne stehen, einer davon sogar mit Saxofon… Und als die dann anfangen, gehen unsere Mundwinkel noch weiter nach unten: Fies frickeliger Jazz Metal-Terror ertönt – nö, das hat definitiv NICHTS mit den schwedischen Deprischwarzmetallern zu tun! Hätte ich mal vorher ins Programmheft geguckt, wäre uns dieser Irrtum von vorneherein erspart geblieben, denn da steht unmissverständlich „Prog Metal aus Norwegen“….

 

ICED EARTH:

Strecker: Nach einem kurzen Stop im Camp wollten wir nun Shining gucken. Bereits beim Soundcheck gab es fragende Gesichter – was soll die Posaune da? Noch während des ersten Songs war dann klar, dass es nicht die Shining waren, die wir sehen wollten. Auf Experimente hatte keiner Lust, also raus aus dem Zelt und zu Iced Earth. Ich frag mich noch immer, ob ich nicht besser im Zelt geblieben wäre. Ich mag Iced Earth nicht und meine Meinung hat sich auch nach dem Auftritt nicht geändert. Dieser blöde Bulle mit seiner keifigen Stimme, ein Gitarrist mit Südstaatenflagge auf der Rübe und Texte, die für mich durchaus im Grauzonenbereich liegen, gingen mir mächtig auf die Nerven. Ist nicht mein Bier. Also ab ins Camp und erst mal Bier trinken und testen, ob unser selbstgebrauter Minz-Vodka (die Lütje Minze war ja bereits leer und wir mussten improvisieren) trinkbar ist. Das Bier war gut, der Minz-Vodka hätte wohl besser noch etwas gelagert. Wir mussten also feststellen: “Es kann nur Einen geben”. Lütje Minze lässt sich nicht kopieren.

Philipp: ICED EARTH sind vielleicht nicht das beste Mittel, um die Laune wieder zu heben (obwohl ich über die Verwechslung auch ein wenig kichern muss). Strecker meckert: „Dat sind die ONKELZ des Power Metal“, haha. Ganz unrecht hat er bei einer Band, deren Leader ein spackiger Redneck & Verschwörungstheoretiker ist und deren Sänger nach dem 11. September Bulle geworden ist, „um etwas für Amerika zu tun“, sicher nicht. Bei der Musik geht es mir eh ähnlich wie bei BLIND GUARDIAN – früher grandios, heute nur noch laaaangweilig. Immerhin wirken ICED EARTH mit Matt Barlow wieder wie eine richtige Band und nicht wie eine Zusammenstellung von Tourmusikern. Mit „I Died For You“, „The Hunter“, „Last December“, „Violate“ oder “Veangeance Is Mine” kommen auch vorwiegend Klassiker, die Barlow ohne Zweifel besser und emotionaler als der Ripper singt. Dennoch bin ich mit ICED EARTH irgendwie durch, ist einfach alles zu unsympathisch, als dass man da noch Spaß bei haben könnte.

 

SKELETONWITCH:

Stefan: Als Nächstes begaben wir uns zu ICED EARTH, allerdings auch nur, weil es bei Shining eine „kleine“ Verwechslung unsererseits gab. Ich stehe der Band, zumindest was Liveauftritte angeht, weniger kritisch gegenüber. Da ich die Band allerdings erst kürzlich beim Rock Hard-Festival als Headliner (und das war gut!!!) gesehen habe, diente mir der heutige Auftritt nur als Hintergrundmusik, um gemütlich ein Bier zu trinken und die Wartezeit zu SKELETONWITCH zu überbrücken. Deren Auftritt sollte eines der Highlights des diesjährigen Festivals werden. Der Black/Thrashmetal-Mix rollte über die Anwesenden und hinterließ nur zufriedene und glückliche Gesichter. Der Sound war von Anfang an gut und die Band spielte sich förmlich in einen Rausch. Leider war die Spielzeit, wie bei allen Bands auf der W.E.T.Stage, mit 30 Min. viel zu kurz.

Philipp: GANZ anders sieht es da bei SKELETONWITCH aus, die uns ohne Vorwarnung dermaßen auf die Fressen hauen (Entschuldigung), dass wir nur noch idiotisch lächelnd dastehen – wenn wir nicht gerade sabbbernd headbangen. Dabei hätte ich durchaus vorgewarnt sein müssen, haben mich die Black/Thrash-Freaks aus Ohio doch schon mal im Hafenklang weggeblasen. Doch heute stimmt einfach ALLES! Der Sound spaltet Schädel, der Schlagzeuger spielt sich mit irrsten Figuren in einen wahren Knüppelrausch und dieser tätowierte und nietenbewehrte Freak von einem Sänger brüllt und kreischt wild gestikulierend das Zelt zusammen. Kaum jemand zu sehen, der hier nicht ein fettes Grinsen auf den Lippen trägt. Wenn der Sänger mit der einen Hand enthusiastisch einen Humpen schwenkt, während er vollmundige Titel wie „Strangled By Unseen Hands“, „Crushed Beyond Dust“, „Beyond The Permafrost“ oder „Reduced To The Failure Of Prayer“ ankündigt, krieg ich schon Bock - und das jeweils folgende Riffmassaker löst jedes Versprechen ein. Eins der dicken Highlights aufm Wacken 2011!

Strecker: Nach der Auszeit ging es mit den mir bis dahin völlig unbekannten Skeletonwitch weiter. Es mag daran gelegen haben, dass ich noch Iced Earth verdauen musste oder zumindest die Wirkung des Minz-Vodkas eine ähnliche ist wie des Originals oder die Band war einfach richtig gut. Für mich die musikalisch positive Überraschung des Festivals und die Lücken in der Plattensammlung müssen dringend geschlossen werden. Optisch wirkten Skeletonwitch wie Mischung aus Paganband  und Hippiekommune. Musikalisch würde ich das Ganze mal als Thrash`n`Roll bezeichnen. Auf der Bühne hatte die Band ordentlich Spaß, der auch auf die Zuschauer übergesprungen ist. Muss ich unbedingt wieder gucken. 

 

SEPULTURA:

JoyBoy: SEPULTURA, die ich im Vorbeigehen sehe, sind 2011 eine wirklich gute Band mit guten Songs. Ich verstehe nur nicht, warum die sich noch immer selbst in den riesigen Schatten des übermächtigen Namens SEPULTURA stellen, denn dieser Bandname weckt personell, stilistisch und qualitativ immer wieder falsche Erwartungen die dann nicht erfüllt werden. Würde die Band sich endlich umbenennen, wäre sie schlagartig viel überzeugender.

Strecker: Der Rest der Gruppe blieb dann noch im Zelt und ich habe mir den Rest der Sepultura-Show  angeguckt. Vielleicht sollte die Band mal über einen Namenswechsel nachdenken, damit diese ewigen Vergleiche mit den “alten” Sepultura aufhören. Ich fand das Konzert ziemlich gut und energiegeladen und deutlich besser als die Soulfly-Show einige Jahre zuvor.

 

IN SOLITUDE:

IN SOLITUDE

Philipp: In der Pause zwischen SKELETONWITCH und IN SOLITUDE kann man aus der Ferne SEPULTURA böllern hören. Nicht schlecht, aber es gibt heutzutage aufregendere Bands. Eine davon heißt IN SOLITUDE! Mit nur zwei Longplayern sind die Schweden zu einer DER Hoffnungen im Heavy Metal geworden. Seit Jahren hat vielen Newcomern, die klassischen Metal mit Melodie spielen, das nötige Quäntchen Qualität im Songwriting und eine gewisse Bösartigkeit gefehlt. IN SOLITUDE haben das alles – grandios komponierte und gezockte Metal-Hymnen mit der dunklen Ausstrahlung früher MERCYFUL-FATE-Platten. Und wie schnell die Band richtig gut geworden ist! Fand ich sie auf dem 2009er KIT schon recht überzeugend, bin ich heute regelrecht gefesselt. Besonders Sänger Pelle "Hornper" Åhman hat an Ausstrahlung und stimmlicher Potenz gewonnen – da bräuchte er sich gar nicht diesen toten Fuchs (igitt) um den Hals zu hängen. Vom Debut gibt es lediglich „Witches Sabbath“, vom noch grandioseren Zweitling dengeln mir bis heute „We Were Never Here“, „To Her Darkness“, „The World, The Flesh, The Devil“ sowie „Demons“ in den Lauschern. Killer.

JoyBoy: Philipps Empfehlung trifft voll ins Schwarze. IN SOLITUDE werden für mich persönlich die Überraschung des Festivals (…besser spät als nie). Wie ordnet man das stilistisch korrekt ein? New Swedish Way Of New Way Of British Heavy Metal (NSWONWOBHM)? Egal. Stilistisch wie soundmäßig ist das jedenfalls melodischer, geradezu hymnischer Metal einer mittlerweile keineswegs mehr neuen Schule. Maiden meets Mercyful Fate, mit tieferem Gesang allerdings. Sehr intensiv, sehr gut.

Stefan: IN SOLITUDE begeistern mich von Mal zu Mal mehr. Der heutige Auftritt lässt musikalisch keine Wünsche offen. Mit klassischem Metal mit Mercyful Fate-Einfluss kann man bei mir nicht viel verkehrt machen, besonders wenn dieser so gut dargeboten wird. Einzig der „Halsschmuck“ des Sängers war gewöhnungsbedürftig.

IN SOLITUDE

 

WARRANT:

Philipp: Mit WARRANT endet dieser längere Run an guten Bands erst mal. Die ollen Speedmetaller hat man in den letzten Jahren zwar immer mal auf dem KIT und dem HOA sehen können (nicht zu vergessen die 99er Reunion aufm Wacken), insofern ist ein Auftritt von ihnen keine Sensation mehr, aber Garant für einen Haufen Spaß allemal. Die feiernden Banger freuen sich wie die Blagen beim Kasperletheater, wenn gefragt wird, ob das böse Krokodil noch einmal kommen solle. Diese Rolle nimmt hier das Maskottchen der Band ein - der muskelbepackte und mit Henkerskapuze versehene Enforcer himself. „Wollt ihr den Enforcer nochmal sehen?“ Jaaaaaaa! Und so muss der Kollege gleich bei mehreren Stücken seine Axt schwingen – das Posing hat er mittlerweile voll drauf… „The Rack“, „Ready To Command“, „Torture In The Tower“, „The Enforcer“ etc. kommen wie immer frisch und mit Schmackes. Die Band hat auch Bock auf neue Songs, von denen zwei gespielt werden, zudem verteilt der Enforcer ein Demo mit neuen Stücken (5000 weitere hat man wohl insgesamt auf dem Gelände in D.I.Y.-Manier verteilt – fleißig, fleißig). Ich erwische zwar keines davon, aber der Liveeindruck lässt hoffen, dass 26 Jahre nach der letzten Vinylität ein würdiger Nachfolger hinterhergeschossen wird.

Stefan: Weiter ging das bunte Unterhaltungsprogramm im Zelt mit den deutschen WARRANT. Klasse 80-iger Jahre Speed Metal. Es wurde das gewohnte Best of-Programm plus einen neuen Song (Come and get it) geboten. Wie üblich wurde die Show durch mehrere Auftritte des Enforcers bereichert. Kann man immer wieder gerne haben!

 

IN SOLITUDE

(ja, noch ein IN SOLITUDE-Foto)

KREATOR:

JoyBoy: KREATOR sind für mich auf diesem Festival so etwas wie “der Höhepunkt vom Rest” - also von allem, was nicht PRIEST ist. Aufgrund zweier grandioser Alben hat die Band seit meinem letzten Livebesuch 2002 noch an Popularität gewonnen. Insbesondere die letztjährige “Hordes of Chaos” hat es mir dabei angetan, dementsprechend hoch die Erwartungshaltung und auch hier folgt keine Enttäuschung. Der erste Circle Pit bei “Warcurse” befördert mich in die vorderen Reihen. Das Set lässt kaum Wünsche offen - einzig “Amok Run” hätte ich zu gerne noch gehört:

Hordes of Chaos

Warcurse

Endless Pain

Pleasure to Kill

Destroy What Destroys You

Voices of the Dead

Enemy of God

Phobia

Terrible Certainty / Reconquering the Throne

The Patriarch

Violent Revolution

Flag of Hate

Tormentor

 

DANKO JONES:

Stefan: Nach einer wohlverdienten Pause ging für mich und Alex dann weiter Richtung Party-Stage zu DANKO JONES, der leider damit zu kämpfen hatte, dass nebenan auf einer der Hauptbühnen Kreator rumlärmten und der eigene Sound vor allem anfangs etwas zu leise war. Ansonsten gab es an dem kurzweiligen Auftritt wenig zu mäkeln. Sein Gequatsche hielt sich einigermaßen im Rahmen und es gab unter anderem Songs wie „First Date“, „I think bad thoughts“, „Full of reget“ oder „Cadillac“ zu hören. Der neue Drummer wirkte auch schon gut in die Band integriert.

 

HAIL OF BULLETS:

Philipp: Aaah, eine letzte Pause, ein letztes Füßehochlegen, bevor es mit HAIL OF BULLETS (bzw. für JoyBoy KREATOR, die ich mal auslasse, da ich HAIL OF BULLETS noch nie gesehen habe), MOTÖRHEAD und GHOST noch mal ordentlich zur Sache gehen soll. Erstere sorgen im Zelt für glitzernde Augen bei den Zölck-Brothers. Was für ein Gemetzel! Schöner kann Death Metal eigentlich nicht zelebriert werden. Die Gitarrenbreitseite ist dreckig und roh, Ed Warby (Ex-GOREFEST) walzt am Schlagzeug alles nieder und Martin van Drunen bei seinem Geröchel zuzuhören, ist einfach nur ein gigantischer Spaß. Der Kerl ist aber auch so was von sympathisch, dass ich jegliche Bedenken, ob Metalbands „neutrale“ Texte über den Zweiten Weltkrieg schreiben sollten, zumindest jetzt ausblende. HAIL OF BULLETS schaffen es, in wirklich jedem Moment zum Bangen zu animieren. Hier gibt es nur Riffs, Riffs, Riffs, die nie zu frickelig sind, Soli und sonstiges Gewixe sind bei den Niederländern Fehlanzeige. Leider, leider ist die Spielzeit viel zu kurz bemessen und die halbe Stunde geht derart schnell rum, dass ich fast schockiert bin, als die Band sich plötzlich verabschiedet. Andererseits schreit nach „Ordered Eastward“ und „Tokyo Napalm Holocaust“ eh jeder Nackenwirbel nach einer Erholungspause. Nicht wenige sprechen danach von HAIL OF BULLETS als bester Band des Festivals.

 

MOTÖRHEAD:

Strecker: Wie fast jedes Jahr standen nun noch Motörhead an. Die auch wie immer waren. Zwar gut, aber ein paar Überraschungen in der Setlist und bisschen Abwechslung bei den Ansagen könnten nicht schaden.

JoyBoy: Mit dem inzwischen noch stark expandierten Circle Pit verlasse ich zu “Flag of Hate” und “Tormentor” wieder  die vorderen Reihen und suche mir zufrieden ein Plätzchen für MOTÖRHEAD.

Irgendwie fällt mir zu MOTÖRHEAD wirklich nichts Besonderes ein. Wer ein Konzert der Band besucht hat weiß, was sie oder ihn erwartet. Gut war’s - bzw. wie immer halt.

Stefan: Danach ging es direkt weiter zu MOTÖRHEAD. Ein solider und guter Gig, aber leider wie üblich eine langweilige Setlist ohne Überraschungen und Phil Campbells Ansagen sind auch schon seit Jahrzehnten die gleichen und nerven langsam gewaltig. Auch merkt man Lemmy in den letzten Jahren zunehmend seinen Alkoholkonsum an. Wirkte er früher unverwüstlich, hörte man in der einen oder anderen Ansage ein leichtes Lallen heraus. Tja...auch Lemmy wird nicht jünger.

Philipp: Jo, im Gegensatz zu OZZY und JUDAS PRIEST hat man MOTÖRHEAD auch einfach derart häufig gesehen, dass ein Auftritt von ihnen nichts wirklich Besonderes mehr ist. Was nicht heißen soll, dass es nicht doch auch wieder Spaß macht. Lemmy UND Phil Campbell wirken heute ganz schön besoffen und lallen definitiv NOCH mehr als sonst. Der musikalischen Leistung tut das zu keiner Sekunde Abbruch, dafür sind die Bastarde wohl zu routiniert und Mikkey Dee treibt die Scheiße eh gnadenlos nach vorn. Es gibt keine großartigen Überraschungen in der Playlist, aber besonders der Einstieg mit „Iron Fist“ und „Stay Clean“ sowie der Abgang mit „Killed By Death“, „Bomber“, „Ace Of Spades“ und „Overkill“ treten Ärsche. Aber BITTE – nehmt doch Phil Campbell beim nächsten Mal das Mikro weg, bevor er wieder fragen kann, ob wir „the loudest audience in the world“ seien…

Mein Schmierzettel sacht übrigens en detail:

Iron Fist

Stay Clean

Get Back In Line

Metropolis

Over The Top

Rock Out

One Night Stand

The Thousand Names Of God

I Know How to Die

The Chase Is Better Than The Catch

In The Name Of Tragedy

Just ‘Cos You Got The Power

Going To Brazil

Killed By Death

Bomber

Ace Of Spades

Overkill

 

ELÄKELÄISET:

JoyBoy: Zum Ende des Sets setzt erstmalig außerhalb meiner Zeltplatzzeit leichter Regen ein, der im Verlauf des unterhaltsamen ELÄKELÄISET-Gigs schließlich zu einem amtlichen Guss wird. Nach dem Uffta-Solo des Drummers verlasse ich das Gelände, da auch meine Beine vom Stehen langsam weich werden.

 

GHOST:

Philipp: Hehe, alles richtig gemacht: Wir stehen schön im Zelt, warten auf GHOST, als draußen zum ersten Mal der Himmel seine Schleusen richtig öffnet. Da wird es doch schnell etwas kuscheliger im Zelt. Die meisten scheinen allerdings tatsächlich GHOST sehen zu wollen, denn es ist draußen wieder trocken, als es losgeht und die Hütte bleibt voll.

Man spürt zudem eine gewisse Spannung und Erwartungshaltung – der Band ist es tatsächlich gelungen, durch ihre Anonymität und Maskerade eine Art mystische Aura zu kreieren und bis jetzt zu erhalten. Es munkeln ja viele, dass (z.T.) Musiker von IN SOLITUDE bei GHOST mitmischen und die Tatsache, dass die vor ein paar Stunden auch hier gespielt haben, lässt die Spekulationen nicht abebben.

Das Konzert wird perfekt und gefällt mir sogar noch deutlich besser als das in der kleinen Markthalle neulich. Die Band hat Details in den Songs verändert, einige Passagen verlängert, einige Übergänge ergänzt, was insgesamt ein stimmungsvolles Bild ergibt. Der Anti-Papst singt zudem noch sicherer und schreitet mit geil übertriebener Gestik über die Bretter. Wir sind so scheißunwürdig…  Das Ganze hat einerseits einen augenzwinkernden Charme, etwa wenn der Chefghost seine Mitgeister mit würdevoller Geste wortlos „vorstellt“, andererseits kann ich mich des Öfteren einer dicken Gänsehaut nicht erwehren. Ich merke auch, wie mir die Songs in Fleisch und Blut übergegangen sind und ich in den Chor einstimme, wenn es heißt: „This Chapel Of Ritual ° Smells Of Dead Human Sacrifice ° From The Altar Bed ° On This Night Of Ritual ° Invocing Our Master ° To Procreate The Unholy Bastard“. Einige meinen ja, dies sei der einzige Hit des GHOST-Debuts. Hä? Was sind dann bitte „Elizabeth“ (aus Hunderten Kehlen mitgesungen), „Stand By Him“, „Satan Prayer“ oder dieses unheilig GUTE Instrumental „Genesis“ (welches übrigens auch gezockt wird – ARGH!)? Leider geht auch dieser Auftritt VIEL zu schnell vorbei. Ein weiterer Höhepunkt des an Höhepunkten fast schon inflationär ausgestatten Festivals! Das grenzt schon an Reizüberflutung.

Stefan: Zum krönenden Abschluss ging es nochmal zurück zur W.E.T.Stage zu GHOST. Wie schon vor ein paar Monaten im Marx wurde die Bude erst mal ordentlich eingeräuchert, bevor die Ghouls und der „Anti-Papst“ nach und nach die Bühne im gut gefüllten Zelt betreten. Leider ist anfangs der Sound nicht optimal, steigert sich aber im Laufe des Auftritts. Ansonsten ist es wieder ein magischer Abend, der musikalisch vielleicht sogar noch etwas stärker als im Marx ist, da die Band heute noch besser harmoniert und manche Songs von der Studioversion abweichen und locker gejammt wird. Leider auch hier wieder nur 30 Min. Spielzeit, weshalb im Gesamteindruck das Hamburger Konzert ein Tickchen besser war. Ein 2. Album soll übrigens bereits eingespielt sein. Bin sehr gespannt!

 

TAUTHR:

JoyBoy: Da ich beim Trinken auf dem Zeltplatz keine Gesellschaft habe, geht’s noch einmal zu den Kielern von TAUTHR, die mich zwischen einigen tiefen Pfützen vor der Bühne eher mäßig unterhalten, bei denen ich aber wie erwartet meine Reisegesellschaft wieder finde. Irgendwann leitet Philipp den gemütlichen Abschluss-Nachttrunk auf dem Zeltplatz ein.

Philipp: Wir sind jetzt alle völlig auf, Strecker ist mal wieder mit irgendeiner genuschelten Verabschiedung entschwunden, aber bisken die Kieler Kollegen von TAUTHR zu unterstützen, müssen die müden Füße noch aushalten. Das ist eine Black Metal-Combo, bei denen gleich drei endstille Nasen zocken, die es aber bereits VOR ENDSTILLE gab und die vor einiger Zeit reanimiert wurden. Hatte vor langer Zeit mal ein Demo vorgespielt bekommen, was ich als gut in Erinnerung behalten habe. Der Eindruck bestätigt sich zum Teil durchaus: Atmosphärischer Black Metal, im Vergleich zu ENDSTILLE wesentlich gebremster. Kommt auch bei dem fettem Sound im Zelt mächtig rüber. Dem Sänger merkt man allerdings an, dass er kaum Bühnenerfahrung hat und nicht so richtig weiß, wohin mit sich. Naja, und die Luft ist einfach raus, also trollen wir uns irgendwann und sehen beim Zurücktorkeln eine einsame Gestalt auf weiter Flur (in der Ferne spielen SUBWAY TO SALLY…): Strecker… Den sammeln wir dann auch noch ein und läuten die finale Analyserunde ein…

 

FAZIT OF DEATH:

Strecker: Man mag ja über die Kommerzialisierung und die Ballermannisierung des Wacken Festivals denken, wie man will, aber ich hatte dieses Wochenende mächtig Spaß und es gibt neben dem -nicht meinen Geschmack treffenden- Rahmenprogramm immer noch mehr als genug Bands, die mich interessieren und die ich gucken kann. Mich zwingt ja keiner, irgendwas zu gucken oder zu machen, was ich nicht will. Animateure gibt es dort zum Glück noch nicht. Das Wrestlingzelt gibt es nun auch schon seit einigen Jahren und es wird wohl auch besucht, sonst würde es dort nicht mehr stehen und wer es mag, soll da eben mal hingehen. Wie gesagt, ich muss nicht mitkommen und habe genug Alternativen zur Auswahl und wenn es so bleibt, freue ich mich schon auf Wacken 2012.

JoyBoy: Vieles an der Kritik, die unter anderem von Kommentarschreibern auf Dremu an diesem Festival geübt wird, ist nach meinem Eindruck absolut berechtigt, wobei aber Pauschalfloskeln a la “Nur Spacken fahr’n nach Wacken!” natürlich zu kurz greifen und von mir eindeutig nicht bestätigt werden können. Natürlich gibt es unter ca. 90.000 Menschen schon rein statistisch jede Menge Idioten, aber ich bin wie erwähnt auch auf einige Menschen getroffen, an denen ich sehr wenig Idiotisches entdecken konnte.

Ich denke, Philipp bringt die Sache schon wirklich gut auf den Punkt, wenn er in WACKEN einen Spiegel der Gesamtgesellschaft sieht. Letztere hält ebenso wie das WACKEN vielerlei Grund parat, ihr ablehnend gegenüber zu stehen. Trotz dieser im Dremu-Umfeld wohl von vielen geteilten wohlbegründeten Ablehnung schauen viele dieser Leute Fernsehen, besuchen die Kieler Woche oder kaufen Musik, die im Radio läuft (alles selbstverständig nur unter Einhaltung strenger Auswahlkriterien und mit dem nötigen reflektierten Abstand zur Sache). Ganz so verhält es sich vielleicht bei mir und dem W:O:A. Ich habe nach dem Wacken mehr denn je Bock auf ein DIY-Konzert in einem ranzigen Squat, aber ein Metalspektakel übt eben einen ganz anderen Reiz aus, der bei mir unter Umständen auch sehr gut funktioniert. Ich denke die Wenigsten sind wirklich komplett frei von solchen oder ähnlichen Vorlieben, die ohne Konsumismus, ohne die Mechanismen des Marktes zugegebenermaßen kaum möglich wären. Dazu bleibt zu bemerken, dass viele subkulturelle Musikszenen ohne Ozzy Osbourne, Kreator oder Sodom wohl heute kaum die wären, die sie sind. Ich bin jedenfalls sehr, sehr froh über Vieles, was ich an diesem Wochenende sehen und hören durfte und zugleich in meiner Überzeugung bestärkt, dass ein unkommerzieller, subkultureller Gegenpol dazu nötiger denn je ist. Klingt widersprüchlich, ist es auch - passend zur (Gesamt-) Gesellschaft.

Philipp: Das mögen die Wacken-Kritiker_innen jetzt wahrscheinlich nicht gern hören: Aber ich hatte einige wahrhaft erbauliche Tage auf dem Festival. Von den armseligen Wrestling/Strip/Ölcatch-Geschichten kann ich mich zwar nur ausdrücklich distanzieren und es ist zu hoffen, dass diese Scheiße aus dem Programm genommen wird. Andererseits findet das komplett in Randgebieten des Festivals statt und ich habe nichts davon mitbekommen. Es ist definitiv so, dass die musikalische Qualität des Festivals dieses Jahr extrem hoch gewesen ist und ich mehrere denkwürdige Konzerte gesehen habe. Die Headliner sind wahrhaft Headliner und es sind wieder mehr gute Undergroundbands vertreten. Natürlich rennt die Masse zu Kram wie AVANTASIA, aber das Zelt war bei vielen der kleinen Perlen gut gefüllt. In einigen Kommentaren auf den ersten Teil sieht man, dass Wacken für viele eine Art Feindbild geworden ist. Bereut man aufgrund der Kommerzialisierung den Besuch? Ich kann das nicht bestätigen. Klar: In einem autonomen Zentrum oder auf dem KIT fühle ich mich wohler, aber einmal im Jahr als Dremu-Gesandter das gigantomane Spektakel zu besuchen, ist und bleibt ein Erlebnis.

Stefan: Als Fazit kann ich nur sagen, dass es auch in diesem Jahr sehr viel Spaß gemacht hat und ich im nächsten Jahr wieder dabei sein werde. Im Prinzip ist es für unsere Dremu-Truppe genauso wie auf jedem anderen Festival. Man fährt hin, um Spaß zu haben, Bier (und Lütje) zu trinken, Freunde/Bekannte zu treffen und sich Bands anzuschauen, von denen es auch in diesem Jahr wieder einige Highlights gegeben hat. Das ganze Rahmenprogramm, dass sich zugegebenermaßen von Jahr zu Jahr immer mehr aufbläht, braucht man ja nicht mitzumachen, wenn es einem nicht gefällt. Auf dem Hauptgelände in Wacken geht es wie seit jeher um die Musik, es ist nur größer als noch vor 10 Jahren.

JOURNALIST

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0 #42 DoctorJoyBoyLove 2011-08-31 20:20
@Andy: Nein, gab es nicht, so weit ich mich erinnere. Es gab eine Ansage etwa in der Richtung "Wenn die Rechten an die Macht kommen, dann is auch das W:O:A bald Geschichte", eine Begründung für diese Behauptung wurde nicht mitgeliefert.
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+1 #41 DoctorJoyBoyLove 2011-08-31 18:46
Ich muss eingestehen, dass wirklich vieles Negative zum Teil von den vielen starken positiven Eindrücken überlagert wurde, was sich zum Teil in meinem Bericht niederschlägt (auch wenn ich anmerken muss, dass aus meiner Sicht viel Kritisches auch zu den genannten Punkten in den Berichten zu finden ist). Aber da hat Bocky was mich betrifft schon teilweise recht. An das Kvelertak-Konzert wäre ich sicher anders herangegangen, hätte ich früher Belege für deren rechte Verästelungen gefunden. Einiges sehe ich nach wie vor etwas anders, andere Unstimmigkeiten schiebe ich wiederum auf unterschiedliche Vorstellung davon, in welchem Stil Kritik in einem solchen Review vorgebracht wird. Ich glaube einige Vormulierungen wurden hier als abschwächend oder relativierend wahrgenommen, die mit einer anderen Absicht geschrieben habe (siehe "Spiegel der Gesellschaft"), was möglicherweise wiederum eine journalistische Unzuläglichkeit meinerseits ist. Auf jeden Fall finde ich mit kleinen Abstrichen insgesamt sehr gut wie die Artikel durch die Kommentarleiste ergänzt wurde. Dass man sich auf Dremu einigen Fragen stellen muss, wenn man das Festival besucht finde ich positiv, ein "No-Go" ist es deswegen für mich nicht.
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+1 #40 Andy 2011-08-31 18:25
Klar ist das Wacken ein Wunderpunkt für viele wenn da die Bands spielen die da eben gespielt haben.

Haben SLIME eigentlich ne Ansage in die Richtung gemacht? Also gegen FW oder ähnliches?
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0 #39 bockfred 2011-08-31 13:48
Ich habe nicht das gefühl dass die diskussion hier was mit köppe einhauen zu tun hat, falls sich irgéndwer ernsthaft angegriffen fühlt tut es mir leid, das war nicht meine abischt.

@ philipp: der satz ist mir durchaus nicht entgangen, er wird halt leider durch den nächsten relativiert, wenn es dir persönlich reicht dich auf diese weise verbal zu distanzieren ist das natürlich ok, ich für meinen teil finde es nicht genug (und das ist nicht nur auf diese wrestling-geschichte bezogen), aber das muss halt jede_r für sich selbst entscheiden.

mein wunder punkt ist die art der berichterstattung über dieses in meinen augen grauzonenfestival (und da lege ich nunmal für punk und metal die gleichen maßstäbe an).
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0 #38 Philipp 2011-08-31 13:38
Reizvoller Gedanke. Man sollte das Interview dann wohl vis a vis aufm Konzert führen und die damit überraschen. Die spielen ja mit TRAP THEM, WOLVES LIKE US und TOXIC HOLOCAUST am 18.11. im Hafenklang. Mal gucken, ob man ein Inti bekommt...
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0 #37 orben 2011-08-31 13:24
bocky, ich hab doch die lunte gelegt.
ganz allgemein und zwecks befriedung möchte ich mal folgendes zitat in den raum werden:
"Behandle Dein Land doch einfach wie einen guten Freund. Meckere nicht über ihn."
völliger quatsch, nä!! gilt genauso bei menschen...

ich hab mir jetzt mal die anderen beiden berichte noch durchgelesen. freiwild sind ja offensichtlich nur die spitze des eisberges! die kvelertak-geschichte find ich auch ganz schön hammerig...da läuft aber so einiges schief! die sind somit für mich auch raus. das alles finde ich persönlich ja viel schlimmer als die kommerzkacke.
das sind ja auch alles nicht so geheime geschichten als das der interessierte veranstalter oder berichterstatter die nicht wahrnehmen könnte. mich würde z.b. auch aufgrund der begeisterung für kvelertak (ich höre mir die vorerst definitiv nicht an!) ein investigatives dremu-interview mit denen interessieren z.b.
mich interessiert dieser ganze sumpf recht stark.

tauthr/endstille unterstelle ich nicht, rechts zu sein, passt eigentlich nicht. aber die extremistheorie des schlagzeugers und die genannten shirts erschrecken mich.

whatever, haut euch nich die köppe ein. ich halt mich insgesamt vielleicht besser aus so nem kram raus.
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0 #36 Philipp 2011-08-31 12:56
Bei mir? Wohl eher ein wunder Punkt für einige der Kommentatoren hier...

Vor dem von dir zitierten Satz steht allerdings klipp und klar: "Von den armseligen Wrestling/Strip/Ölcatch-Geschichten kann ich mich zwar nur ausdrücklich distanzieren und es ist zu hoffen, dass diese Scheiße aus dem Programm genommen wird." Vielleicht hätte man auf das Thema noch ausführlicher eingehen können. Ich wär jedenfalls für eine Abschaffung dieser ganzen "Touristen/Amüsier"-Scheiße und für die Einführung einer Theaterbühne. Vielleicht mit metallisierten Versionen von "Faust" oder "Die Physiker"....

Der Satz wiederum bezog sich auf die Frage, ob man überhaupt noch die Musik in Wacken genießen könne oder ob der Wrestling-Kram das beeinträchtige. Daher der Hinweis darauf, dass im Kernbereich unverändert nur Musik stattfindet.
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0 #35 bockfred 2011-08-31 11:02
@ fabian: ich bin schuld, siehe kommentar 27. und 32.
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0 #34 Fabian 2011-08-31 10:38
Philipp: das wollte euch auch ganz bestimmt niemand unterstellen....

Das ihr die Sache kritisch seht, weiss ich. Ich wollte lediglich darauf hinweisen, dass ich mir mehr Kritik in dem Artikel erhofft hätte und das FW für mich ein Ausschlusskriterium gewesen wäre. Das muss jeder für sich selbst entscheiden....
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+5 #33 DoctorJoyBoyLove 2011-08-30 22:23
Da soll jedenfalls keiner mehr so schnell behaupten bei Dremu würde sich nur gegenseitig auf die Schultern geklopft.
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