Sweden Rock Festival 9 - 11. Juni 2005 Sölvesborg

0 Dislike0

„Let’s go Messhugge !“ Hieß der Aufruf an die Fans, als die Band Hellfueled die Bühne  betrat. Ein Motto, das für die nächsten drei Tage den Nagel auf dem Kopf traf.

Mittlerweile hat sich dieses Festival zu einer festen Größe in Europa gemausert, wie die  ständig wachsende Zuschaueranzahl aus aller Welt beweist. Waren es zu Beginn 1992 noch  wenige tausend, überwiegend schwedische Fans, so ist es 2005 zum dritten Mal in Folge  mit ca. 25.000 Besuchern ausverkauft.

 

 

Wie der Name schon sagt, legt man hier besonderen Wert auf die traditionelle Rockschiene und schafft es jedes Jahr aufs Neue, die ein oder andere Band „auszugraben“, die entweder noch nie oder schon seit mindestens einer Dekade nicht mehr in Europa auf Tour waren. Waren das in der Vergangenheit Ted Nugent, Frank Marino, Budgie, Y & T, Conny Hatch oder Europe mit ihrer ersten Reunion Show, so konnte man sich in diesem Jahr auf Helix, Kim Mitchell, Blackfoot, Statetrooper, Vixen und die drei großen Headliner Accept, Mötley Crüe und, für den Schreiber dieser Zeilen besonders wertvollen, Sammy Hagar mit seiner Begleitband The Wabos freuen, der als Solist zuletzt 1980 !!! in Deutschland, zu bestaunen war. Zugegeben, der Eintrittspreis von ¤ 160,- liegt schon in einer Kategorie, die das Ansparen erfordert, doch wenn man sich im Gegensatz das Billing der Bands ansieht, denen eine Spielzeit von 75 Min. bis zu zwei Stunden eingeräumt wird, die perfekte Organisation - von der jeder Wacken Besucher nur träumen kann - lege ich mir gerne die Kohle zurecht.

 

Nach entspannter, sieben stündiger Fährüberfahrt von Travemünde nach Trelleborg und weiteren zwei Stunden per Auto, erreicht man den kleinen Ort Norje Havsbad nahe Sölvesborg, in dem für drei Tage im Jahr die Metalwelt regiert. Das sehr große Gelände ist aufgeteilt in zwei Abschnitte, in denen zwei kleinere und zwei größere Bühnen weit von einander entfernt stehen. Je nach Bekanntheitsgrad und Stilrichtung treten die Gruppen auf, wobei pro Abschnitt jeweils nur eine Bühne bedient wird. Vorteil für uns als Zuschauer/Hörer, der jeweilige Act wird niemals von dem Sound einer anderen Bühne gestört. 60 Acts aller Stilrichtungen erwarteten mich, da es natürlich unmöglich war, sich überall gleichzeitig aufzuhalten, sich zwischendurch auch mal die arg belasteten Füße meldeten oder der Rücken drohte abzubrechen, kann es an dieser Stelle nur einen Eindruck von den Bands geben, die ich tatsächlich komplett (bis auf zwei Ausnahmen) gesehen habe.

 

Nach dem miesen Wetter im heimischen Kiel, hatte Petrus heute sehr gute Laune und ließ die Sonne bestens brennen und so konnten die Schweden Hellfueld mich als optimalen Einstieg zum Festival auf der kleinen Sweden Stage schnell überzeugen. Nach anfänglichen Soundschwierigkeiten klang die Gitarre bei „Eternal“ so richtig cool, wie ich es später von Zakk Wylde erwartet hätte. Die Band wirkte eingespielt, Sänger Andy Alkmann (was für ein Nachnahme...) hörte sich live nicht so sehr nach Ozzy Osbourne an und mit „Born To Rock“ schmetterten Hellfueld schon mal einen neuen, etwas kitschigen Ausblick auf das kommende Album raus. Etwas komisch ist es, wenn man von den schwedischen Ansagen so gar kein Wort versteht und die Fans um einen herum lachen oder kollektiv irgendetwas brüllen. Die Stimmung war gut, die ersten Biere flogen durch die Luft und Hellfueled beendeten leider unbegründet ihren Auftritt 15 Minuten vorher als geplant.

 

Paradiesische Verhältnisse verkürzten immer wieder die Wege zu den Bühnen, denn diverse CD Händler auf dem Gelände, ließen das Sammlerherz, mit zum Teil recht günstigen Preisen oder nie gesehenen Raritäten, schnell kollabieren. Vor der zweitgrößten Bühne, der Rock Stage, war schon eine ordentliche Menge an Moshern eingetroffen, galt es doch Anthrax, die sich für eine Festival Tour, endlich mal wieder in ihrer kommerziell erfolgreichsten und für mich auch besten Besetzung zusammengefunden haben, abzufeiern. Das bekannte Blues Brothers Intro eröffnete ein geniales Best Of Programm mit “Among The Living” und “Got The Time”. Der rekrutierte Joe Belladonna, wie früher, schon mit leicht gebräuntem Taint und silber Armreif, bestens bei Stimme, sang mit halbem Mikrofonständer in den Händen, hatte die Fans gut im Griff und musste gar nicht lange zum Wardance bei „Indians“ bitten. Anfängliche Soundprobleme und Unsicherheiten wurden locker mit Hits wie „N.F.L.“„A.I.R“ oder „Metal Thrashing Mad“ weg getrashed. Das die Hüpfspezialisten mit Dan Spitz an der Gitarre und Frank Bello am Bass noch nicht ganz blind auf einander eingestellt waren, viel nur bei „I Am The Man“auf. Hier wurden, im Gegensatz zu den 80ern, die Instrumente nicht untereinander getauscht. Überraschend kam das tanzende „Medusa“ und mit „I Am The Law“ wurden sehr kurze 75 Min. mit einem großen Bandgrinsen beendet. Im September soll es eine neue DVD geben, die hoffentlich auch die Einsicht beim Anthraxmaster Scott Ian einläutet, doch endlich wieder mit Joe Belladonna am nächsten Studioalbum zu arbeiten.

 

Nach diesem Zeitreisenspaß kam mir Dave Mustaine mit seinen Megadeth, auf der ganz großen Festival Stage, wie eine kalte Dusche vor. Blöder, verwaschener Sound und eine konzentrierte Band, die zunächst etwas steif wirkte. Der Granatenvierer „Skin O’My Teeth“ „The Scorpion“, vom letzten Album, „Wake Up Dead“ und „In My Darkest Hour“ ließ das Eis allerdings schnell brechen und trieb die Fäuste in die Höhe. Die Band freute sich, Dave Mustaine ließ sich sogar zu sympathischen Ansagen hinreißen, bedankte sich mit einem „You’ve been great we’ve been Megadeth“ und punktete weiter mit „Sweating Bullets“ „Symphony Of Destruction“ „Peace Sells“. Der Debüttitelsong „Killing Is My Business“ versetzte mich sogleich ins 17. Lebensjahr. Spielerisch haben Megadeth es doch geschafft mich soweit zu überzeugen, dass ich mir vorstellen könnte tatsächlich eine weitere Tour zu besuchen und das will nach der standhaften Weigerung seit des letzten Besuches, der Piece Sells Tour 1987 schon was heißen.

 

Nach 15 minütiger Verschnaufpause riefen Saxon zur Rock Stage. Wer Saxon einmal live erlebt hat, weiß das da nichts schief gehen kann. Sie schafften es die Fans zur Tageshöchstleistung zu puschen, wie man es sonst bei keiner anderen Band gehört hat. Leider gab es keine reine Show, die nur die ersten vier Alben berücksichtigte, wie erst kürzlich auf der abgesagten Deutschlandtour angekündigt, aber wen stört schon „Solid Ball Of Rock“ oder „Dogs Of War“. Der Mopp wurde bei diversen Mitsingparts in „Crazy Bastards“ und „Even More Crazy Bastards“ aufgeteilt, bei denen letztere als Gewinner hervorgingen. Selbst das Gitarrenduo Scarrett / Quinn ließ sich zu mehr als die üblichen Schrittchen verleiten und obwohl nur noch 2 Minuten Spielzeit übrig waren, gab’s am Ende kurzerhand den Klassiker „Crusader“.

 

Der große Knaller überkam mich gleich danach vor der Festival Stage mit Styx. Nicht unbedingt als Heavy Metal Band bekannt, schmetterten sie von Anfang an mit „Blue Collar Man“in härtester Manier ihren 70er Rock in die Menge. Das drehbare Keyboard von Lawrence Gowan stellte natürlich sofort einen Blickfang der Bühnenpräsenz, verwässerte den Gesamtsound zum Glück jedoch nicht. Ganz im Gegenteil, die Versionen bratzten äußerst heftiger als von meinen bekannten Vinylscheiben. Der kleine Tommy Shaw und James Young teilten sich sowohl Leadguitar und Vocalparts und verblüfften mit einem Medley, das aus 18 Songs bestand. Vom neuen Coveralbum „Big Bang Theory“ spielte man die Beatles Nummer „I Am The Walrus“ und den Humble Pie Klassiker „I Don’t Need No Doctor“. Hut ab, bestens auf einander eingespielte Truppe, da sollte man sich die kommende Deutschlandtour im Herbst schon mal vormerken.

 

Um 21,45 Uhr war es immer noch nicht dunkel, so dass der gute Lemmy mit Sonnenbrille die Bühne betrat und zur, inzwischen 30 Jährigen Bandgeschichte von Motörhead einlud. Erstmalig wurde in Schweden der Bomber gezeigt, den ich etwas größer in Erinnerung hatte. Egal, die Schweden erschienen sehr zahlreich, feierten den Lichtflieger ab und die bei jedem Motörhead Konzert gespielten Rockbrocken natürlich auch. Trotzdem tauchten mit „I Got Mine“ und „Dancing o­n Your Grave“ vom zu unrecht unbeliebten Another Perfect Day Album, „Shoot You In The Back“ (Ace Of Spades Album....wem sag ich das..)oder die schleppende Single B-Side „Just‚Cos You Got The Power“ auch ein paar Exoten im Set auf .Eine Band, die ich mir jedes Wochenende reinziehen könnte, kann natürlich nur überzeugen, aber eins ist sicher, Gitarist Phil Campbell wird mit seinen unbeholfenen Ansagen niemals einen Preis als bester Entertainer erhalten .

 

Nach dem Motörhead und Nazareth zeitgleich ihr Set beendet hatten, konnte ein jeder zur großen Festival Stage tapern, um den ersten Headliner des Festivals Accept zu erleben. Nach jahrelangem Hin und Her, Auflösungen und Gehversuchen der einzelnen Musiker auf Solopfaden, lockte in diesem Jahr von irgendwoher eine Motivationsschub, sich noch einmal zusammen an die Live Front zu wagen und eine Festival Tour zu starten. So richtig extrem, wie am dritten Tag, war der Andrang nicht vor der Bühne und der Funken wollte auch nicht so richtig zünden. An den Songs konnte es ja nicht liegen, denn als Einstieg „Starlight“ zu wählen ist ja schon mal pauschal ein Brustlöser. Wann hört man auch schon mal von UDO Perlen wie „Head Over Heels“ „Flash Rockin’ Man“ oder „Love Child“ ? Wann hat man das Glück einen Topgitarristen wie Wolf Hoffmann live zu erleben, der einem klassische Musik von Ravel oder Grieg im leichten Rockgewand um die Ohren zaubert ?Die Band spielte als wäre die letzte gemeinsame Tour erst 9 Tage und nicht 9 Jahre her. Nur unser UDO war nicht so gut drauf. Ich für meinen Teil wurde das Gefühl nicht los, dass da mehr Überredungskunst als tatsächlicher eigener Antrieb im Spiel war. Verpasste Sangeseinsätze, verdrehte oder vergessene Textpassagen kamen doch hier (Son Of A Bitch) und da (Up To The Limit) mal vor oder der ewig gleiche Spruch „Sweden what can I say ?“.Trotzdem war der Auftritt schon sehr unterhaltsam, denn die Musik von Accept ist und bleibt unantastbar, denn die vielen gröhlenden Fans nach dem Auftritt, die aller Welt sagen wollten, dass sie ja nun der „Rebel“ seien, sprachen für sich.

 

Der zweite Tag begann mit einem absoluten Highlight. Für die abgesagten Arch Enemy sprangen kurzfristig die neuen Helden aus Götheburg namens MUSTASCH ein. Diesen Auftritt konnte man als ganz großen Siegeszug bezeichnen, die Jungs betraten ganz locker unter klassischem Intro die Rock Stage und legten mit einem oberfetten Sound und einem neuen, treibenden „Haunted By Myself“ los. Und wenn ich hier von einem fetten Sound spreche, dann kann ich nur noch mal betonen, dieser war wirklich zum Umblasen FETT !!! Frontmann Ralf Gyllenhammar mimte den Superstar von Anfang bis Ende, riss seine Witze, lief im Stechschritt über die Bühne, ließ sich abfeiern wie Freddy Mercury, sang und spielte obendrein noch astrein die Leadgitarre. Sein Kumpel Hannes Hansson an der zweiten Gitarre (Übrigens mit St. Pauli Shirt bekleidet...) rotzte die Betonwände ebenso locker aus dem Ärmel. Die Luftgitarre wurde spätestens beim fetzigen „Down In Black“ von jedem geschrubbt. Mit „Dogwash“ gab es weiteres Futter für den Ohrwurm, vom in Schweden bereits erschienenen neuen Album „Powerhouse“ (Kaufen!!!) . Obwohl nun wahrlich keine Clubatmosphäre herrschte, ließ sich Ralf sein Publikumsbad incl. Brüllen des „Black City“ Chorus ohne Mikro nicht nehmen. Eigentlich hätte ich jetzt schon nach Hause fahren können, was sollte da nun noch kommen ? Ich hoffe Mustasch kommen im Herbst wieder nach Deutschland, denn die haben das Zeug einmal richtig groß zu werden, lasst Euch überzeugen !

 

Schnell umgedreht und auf zur Festival Stage, zwei riesige Banner links und rechts im Bühnenhintergrund von zwei toten Gestalten im Anzug, die einen Geigenkasten unter dem Arm hielten und mittig quasi das Bandlogo BLS bewachten, ließen uns wissen, Zakk Wylde ist mit seiner Mafia Familie heute hier und will uns das Biertrinken beibringen. 10 bereits eingeschenkte Bierbecher standen für den Meister vor dem Schlagzeug bereit, von denen er allerdings immer nur nippte und dieser kleine Schluck wurde dann auch noch von der Bühne gerotzt.(Unser Photograph Frank erzählte mir später, dass er auf einmal starke Hassgefühle für Zakk empfinde. Also Frank, nun stell Dich mal nich’ so an, die Kamera funktioniert doch noch und Dein Gesicht kannst Du doch waschen....) Leider verdaddelte ein 10 Min. Pate Intro wertvolle Spielzeit, bis die Bikerfreunde mit einem grottenschlechten Sound geschockt wurden. Viel zu laut und dermaßen basslastig, sehr zum Nachteil der anderen Instrumente. Leider veränderte sich das nur geringfügig, dass mir der Spaß ziemlich schnell verging. Zakk ließ den Bruder raushängen, quälte die Seiten bis zum Exzess und hatte doch nicht genug Hirn sich seine Texte zu merken. Die wurden stets neu auf großem Papier gereicht. Aus dem Matsch konnte ich das geniale „Funeral Bell“ oder das neue „Fire It Up“ erkennen, aber irgendwie war ich froh als es vorbei war. Auch wenn die Zusammengehörigkeit von allen Begleitstatisten incl. Roadie deutlich praktiziert wurde, bin ich der Meinung, wer im wahren Leben seit seinem 16 Lebensjahr mit der gleichen Frau verheiratet ist, Familie hat, Bodybuilding betreibt, muß eine gewisse Disziplin an den Tag legen und kann dieses Bikerasoimage nicht wirklich leben.

 

Helix präsentierten uns auf der Rock Stage ein feines 80er Poserfest. Sänger Brian Vollmer ließ sich das 30 jährige Banddasein nicht anmerken, hatte immer noch eine prima Stimme, wurde aber sicherheitshalber noch von einer blonden Schubiduba beeindruckend unterstützt. Die ganze Band war obermotiviert und fetzte sich durch das Programm als ob es um ihr Leben ging. Das 82er Album „No Rest For The Wicked“ musste hierbei gleich mit 3 Titeln herhalten.

 

Als Kansas die große Festival Stage mit perfektem Sound die Reise „From Mariabron“ begannen, merkte man den Musikern sofort ihre jahrelange Bühnenerfahrung an. Jeder Ton beim mehrstimmigen Gesang saß, jede Note bei Violin / Gitarren Duell zwischen Robby Steinhardt und Richard Williams im „Magnum Opus“ oder „Miracles Out Of Nowhere“ leuchtete auf. Der von Robby als Big Heavy Hit angekündigte Acoustic Samenzieher „Dust In The Wind“ durfte natürlich genauso wenig fehlen, wie die Kansas Hymne „Carry o­n My Wayward Son“, welches nach einer top Sangesleistung von Steve Walsh noch lange auf dem Feld nachhalte.

 

Nach dem der ehemalige Procul Harem Saitenhexer Robin Trower im März diesen Jahres im HH Down Town Blues Club noch mit Davey Pattison als Vocalist unterwegs war, hatte er, hier auf der kleinen Sweden Stage, mit einem Jüngling an der Front und einem schwarzen am Bass, die Musiker zur Hälfte ausgetauscht.(Business As Usual) Das der inzwischen 60 jährige gleich mit seinem viel zitiertem „Too Rolling Stoned“ einstieg, drei neue Titel vom aktuellen Longplayer „Livin’ Out Of Time“ spielte, um dann zum 15 minütigen Drogenkonsum „Bridge Of Sighs“ aufzuforden, die 6 Seitige so zu quälen, wie es nur er kann, freute an diesem Abend nicht nur Menschen im Alter von 40 +. Aber wie üblich lag der Männeranteil bei ca. 99%.

 

Zu Hammerfall und Status Quo kann ich leider nur sagen, dass sie beide zur Schonung meiner Füße und Rücken unter den Tisch fallen mussten. Sie hatten aber beide einen schönen Bühnenaufbau und von Quo hörte man noch „Roll Over Lay Down“ über den Platz schallen. Genauso mußten leider Overkill und Freak Kitchen auf Grund „wichtigerer“ Bands dran glauben. Außerdem gab es auch noch zeitgleich die reformierten Vixxen, von denen ich mich tatsächlich 50 Min. habe langweilen lassen. Mit der Gitarristin ist auch nur noch eine original Perücke dabei, die hatte ihre Soli zum Teil auch noch vom Band abgerufen. Ansonsten haben sie mir wieder einmal bewiesen warum ich dieses Schulkappelen Niveau in den 80ern schon nicht gehört habe. Unrythmische Bewegungen der Musikerinnen entgegen der Musik, lassen eher auf musikalischen Nichtverstand schließen, als auf Rockerbraut. Blond und Rosa reicht halt doch nicht immer.

 

Sammy Hagar und seine Wabos betraten genau um 23,39 Uhr die Bühne. Sammy hatte gleich seine Bar aus dem heimischen Cabo San Lucas mitgebracht, bei der es eine art Brücke im Bühnenhintergrund gab. Auf dieser Brücke fanden das komplette Konzert über 75 Fans Platz, die das Geschehen aus dem Hinterhalt miterleben durften. Der Red Rocker fuhr mit glasklarem Sound und dem alten Montrose Klassiker „Bad Motor Scooter“ rasant los. Gut gelaunt ließ er sich zwischen den Songs immer wieder einen Drink von einer leicht bekleideten, blonden Schönheit servieren. Die erwarteten Van Halen Hits wie „Top Of The World“ und „Why Can’t This Be Love” gab es in etwas anderen Arangements zu hören, was bei „Right Now“ am deutlichsten zu Tragen kam. Der Gitarist übernahm den Pianopart mit seiner Klampfe. Sehr klasse, eigene Radiosmasher wie „I Can’t Drive 55“oder „There’s o­nly o­ne Way To Rock“, wechselten sich mit kleinen Showeinlagen, wie das Zerschlagen einer übergroßen Tequilaflasche mit einer Gitarre ab, aus der dann massenhaft rotes Konfetti auf die Elche verteilt wurde. Die hervorragende Band verstand es der Musik einen leichten improvisierten Touch zu geben, wobei die auffällige Bassistin sogar auch mal kurzerhand die Vocals bei „Heavy Metal“ übernahm. Leider muß ich zugeben, war die allgemeine Stimmung nicht gerade sehr enthusiastisch, ganz im Gegenteil, die Leute schauten einfach nur betrunken, staunend zur Bühne oder gingen tatsächlich weg. Vielleicht gab es aus diesem Grunde auch noch die spontane Bob Dylan Coverversion „Everybody Must Get Stoned“? Das Energiebündel selbst trat überwiegend als Sänger auf, ließ es sich aber nicht nehmen, zwischendurch die Soli abzufeuern. Im Ganzen gab es perfektes, amerikanisches Entertainment an viele begeisterte Gesichter. Die schwedische Tagespresse würdigte diesen Auftritt mit 4 genialen Ankern am Folgetag.(Den von Mustasch übrigens auch....)

 

Wie immer betrat man auch am dritten Tag ein sauberes Gelände, auf dem es übrigens rundherum ein reichhaltiges Angebot an Speisen zu zivilen Preisen gab. Die überhöhten Alkoholikapreise lagen wohl eher an der hohen Besteuerung und machten auch wenig Eindruck auf die Schweden. Und wo gibt es bei unseren Festivals schon 1 L Cola für ¤ 1,80?

 

Da wir ja unserem Alter entsprechend im Hotel genächtigt hatten, sei an dieser Stelle trotzdem gelobt, es gab sehr viele saubere Dixis und einen riesigen Campingbereich, teilweise recht idyllisch nahe des Wassers gelegen.

 

Der Tipp der Stunde war die norwegische Band WE, die ihr aktuelles 70er Drogenrock Album „Smugglers“ wuchtig vorstellten. Der durchgeknallte Sänger Thomas Felberg überzeugte von einem anderen Cosmos zu seien und rockte sich bei „Lightyears Ahead“ die Fellboa vom nacktem Oberkörper. Wawapedal und verzerrte Effekte in der Stimme ergaben den Soundtrack, um bei glühendem Sonnenschein verbotene Substanzen herumzureichen.

 

Der ehemalige Max Webster Gitarist Kim Mitchell betrat unspektakulär die große Festival Stage und zelebrierte ein Fest für alle Gitarrenfreunde mit seinem Trio. Seit Ende der 70er Jahre nicht mehr in Schweden aufgetreten, gab es doch einige Nasen, die „Go For Soda“ oder „Battlescar“ begeistert wiedererkannten. Die eigens für das Sweden Rock komponierte Hymne „Fill Your Head With Rock“ kam im ZZ Topgewand daher und ließ so manche Wampe wackeln.

 

Die Blackmetaller Defleshed konnten mich nur mit den ersten drei Hassklumpen fesseln, dann trieb es mich weiter an die viel zu kleine Sweden Stage. Sebastian Bach hatte die Massen sofort mit seiner Headbaningshow zu „Slave To The Grind“ an sich kleben. Bestens gelaunt folgte ein Skid Row Klassiker in aller härtester Manier dem Nächsten, wobei die Halbballade 18 & Life textsichere Gänsehautatmosphäre versprühte. Zwischendurch gab es schwedische Ansagen, die nach der amüsierten Reaktion der Alkoholbegeisterten, nur frivolen Inhalt zuließen. Der Schmachtfetzen „Wasted Time“ wurde zusammen mit einer Dame namens Sophia initiiert, bis bei „Youth Gone Wild“ niemand mehr still halten konnte. Als die Party aus war, hatte ich das Gefühl hier stand tatsächlich jeder Festivalbesucher vor der Bühne, der Menschenstrohm in Richtung Festival Stage nahm einfach kein Ende.

 

Wenn man für jede gespielte Note einen Euro kassiert, könnte Yngwie Malmsteen niemand auf der Welt bezahlen. Trotzdem ließ sich der Selbstdarsteller gekonnt blicken, feuerte pfeilschnell „Rising Force“ oder „Trilogy“ in die offenen Münder. Sänger Doogie White und der Rest der Manschaft durften sich natürlich auch mal melden, doch ließ der Meister jedes aufkommende Bandfeeling durch seine Egogitarrenshow im Keim ersticken. Nach vielen Klassik und Blackmorezitaten schließt „I’ll See The Light,Tonight“ bei relativ grottigem Sound ein kurzweiliges Gniedelfest.

 

Die Southernrocker Blackfoot schossen mit „Good Morning“ und „Wishing Well“ sofort überzeugend auf den Norden. Zwischendurch erinnerte der leidende „Sunshine Blues“ an den kürzlich verstorbenen Drummer Jackson Spiers, bis die Bierbäuche unaufgefordert bei „Fly Away“ fast das Zäpfchen mit aus spuckten. Wie von einer Horde Büffel gejagt, steigerten sich „Highway Song“ oder „Dry County“ bis zum Abschuss und beendeten eine der größten Überraschungen des Festivals.

 

Vier leuchtende Kreuze auf der Bühne, riefen zur Messe von Candlemass vor der großen Festival Stage. Kuttenträger Messiah Marcolin stampfte mit Monsterschritten immer wieder zum Bühnenrand, riss die Hände hoch und ließ die Jünger die Texte mitleben. Der Sound grollte dermaßen tief und klar, daß jeder Nacken automatisch folgte. Die Doomgemeinde sang aus voller Überzeugung die neuen „Assasin Of The Light“ oder „Copernicus“ gegen die Soundwand und wäre vielleicht sogar dem angedeuteten Pulsadernschnitt von Messiah bei „Solitude“ gefolgt, wenn dieser Auftritt nicht so mitreißend schön gewesen wäre.1 ½ Stunden Schritttempo endeten mit „The Well Of Souls“, waren definitiv zu wenig und lassen nur Gebete zu, die diese Band hoffentlich nie sterben lassen.

 

Textsicher schmetterte jeder dieses Festivals, vor der rappelvollen Rock Stage, „Egypt“ oder das komplette „Stargazer“ von DIO ins Land. Beim nächsten mal gehört der Mann definitiv auf die Hauptbühne. Rainbow und Black Sabbath Klassiker wie „Gates Of Babylon“ und „Heaven And Hell” wurden nicht als Medley verbraten und mit “Shippers” fand noch ein Stampfer neueren Datums den Weg auf die Setlist. Wie immer erstaunlich , dass die Stimme von Ronnie James Dio, auch nach dem sechsten Jahrzehnt, kräftiger denn je erschien. Selbst das Gitarrensoli von Craig Goldy wusste zu gefallen und die ultimative Aufforderung „We Rock“ nahm heute Abend jeder ins Blut auf.

 

Wenn eine Band dem Rock’n Roll Image entspricht, dann ist das Mötley Crüe, auf die anscheinend wirklich jeder gewartet hatte. Die Shirts waren schon am Tag zu vor ausverkauft, etliche, gestylte Poser in Spandexhosen mit toupierten Haaren, coolen Sonnenbrillen bevölkerten das Gelände. Als um 23,30 Uhr eine Clownsfigur die Show einleitete, die Tätowierten mit „Shout At The Devil“ und „Too Fast For Love“ und massiven Feuereinsatz die Bühne stürmten, brach fast eine Hysterie im dichten Gedrängel aus. Nackte Dominas führten Kleinwüchsige an der Leine über die Bühne, spiehen Feuer oder lagen Sänger Vince Neil zu Füßen. Zu viel Show ? Nein, genauso wollten es die Massen sehen, und Tommy Lee wollte mit seiner Titticam viel schwedisches Fleisch einfangen. Mit „Live Wire“ „Girls,Girls,Girls“ und „Wils Side“ haute man die Hits gleich im Dreierpack in die Kreischenden. Selbst der neue „Sick Love Song“ rotzte partytauglich, Mick Mars schmiss, trotz versteiftem Oberkörper, lässig die Soli aus der Sechsseitigen und Nikki Sixx machte unmissverständlich klar, dass ihm alles scheißegal ist. Der Endvierziger zerkloppte seinen Bass unter Feuerwerk bei „Kickstart My Heart“ und leutete damit den kurzen Zugabenblock (Helter Skelter, Anarchy In The U.K.)ein. Ich denke die Crüe hinterließen mit ihrer, auf den amerikanischen Markt zugeschnittenen Rockshow, eine sehr auffällige Visitenkarte in Schweden. Mir hat die Party gefallen und die Musik kann ich mir ja demnächst noch auf DVD „anhören“....

 

Obwohl ich von den 60 Bands nur 21 erlebt habe, war es ein schöner, nur mit wenigen Schlafstunden besetzter drei Tage Marathon, der wieder einmal viel Spaß gemacht hat und natürlich nach Wiederholung schreit. Für mich die Highlights - unschwer erkennbar – waren wie beschrieben Mustasch, Candlemass und Sammy Hagar und Mötley und Anthrax und.........

Im Ganzen mal wieder ein prima Festival, von dem sich in Punkto Sauberkeit und Organisation deutsche Veranstalter gerne so einiges abschauen dürfen. Ich hoffe die Schweden bleiben bei ihrer jetzigen Maximalgröße, die so ein entspanntes Miteinander zulässt und schaffen es auch im nächsten Jahr Unmögliches möglich zu machen. An dieser Stelle noch ein großes „Danke Schön“ an Birgit Bräckle, die uns den ein oder anderen Blick hinter die Kulissen dieses phantastischen Ereignisses ermöglicht hat.

Nico Krogmann

 

- Beitrag von: Nico Krogmann

 

Kommentar schreiben


Sicherheitscode
Aktualisieren

Stern inaktivStern inaktivStern inaktivStern inaktivStern inaktiv