WITH FULL FORCE XII / 03.07.2005 - Roitzschjora, Tag 3

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Heute war es glatt noch heißer und als ich gerade noch rechtzeitig aus dem Zelt floh, bevor ich brathähnchenmäßige Betriebstemperatur zu erreichen drohte, saßen unsere Neumarkerinnen schon am Frühstückstisch und hatten es sich wie vorm heimischen Fernseher gemütlich gemacht, um dem allmorgendlichen Spektakel beizuwohnen: dem Erwachen des Strecker! Der lag nämlich wie immer noch seelenruhig im Auto und knackte. Im Wollpulli! Geschätzte Außentemperatur: 30° Grad Celsius...

Die beiden Kieler Gäste Steffi und Martina zogen knallhart ihr Programm durch und brachen gen Bahnhof auf, obwohl sie auch mit uns hätten zurückfahren können. Aber es riefen Uni und/oder Arbeit, nicht jede/r konnte sich in Ruhe noch den kompletten Sonntag reinziehen.

Vor der ersten Band zog es uns erst mal ins Camp der Belgier um Stephane Ronvaux, wo wir ein amtliches Rock’N’Roll-Barbecue veranstalteten. Die netten Gastgeber versorgten uns sogar mit „chemical banana“-Drinks, die irgendwie nach Klobonscher aussahen, aber durchaus lecker schmeckten.

Erste Band, die wir heute sahen, waren die dt. Thrasher DEW-SCENTED. Leif und seine Horde unterstrichen mal wieder, dass sie irgendwie die einzige “neue” Band sind, die es geschafft haben qualitativ in die dt. Thrash-Oberliga vorzustoßen und sich gar zwischen KREATOR u. DESTRUCTION einzureihen. Der Sound schredderte einem bereits um diese frühe Uhrzeit die Birne weg – so hätten vorgestern SLAYER ballern müssen (allerdings fiel ab und zu eine der Klampfen aus, aber dat passiert nun mal)! Ich musste unwillkürlich an einen DEW-SCENTED-Auftritt auf einem WFF vor ein paar Jahren denken: Kurz vorher hatten wir (BONEHOUSE) gerade mit den Japanern TERROR SQUAD gezockt (Kiel u. Salzgitter). Zufälligerweise hatte Leif, der den Gig im Forellenhof besucht hatte, nun an diesem Tag das TERROR SQUAD-Shirt auf der Bühne an – und ich ebenso unten im Mob. Das Shirt ist selten, lange blonde Haare und Leifs/meine Physiognomie offenbar nicht – jedenfalls hauten mich kurz nach der Show ein paar Kids um Autogramme an. Da ich bei dem Ruf „Da ist ja der Sänger“ natürlich zunächst nicht an eine Verwechslung dachte (Autogrammjäger treffe ich ja ständig.. ähem), schmierte ich den Burschen schön mit deren mitgeführtem Edding die heiligen Kutten mit meinem Namen und BONEHOUSE-Weisheiten wie „Scheiß auf die Scheiße“ voll, he he. Irgendwann wurde mir klar, dass da irgendwat nicht stimmt, weil sie wat sagten wie „euer Sound war heute etwas schlechter als der von CANNIBAL CORPSE“ oder so und da hab ich mich schnell verdrückt... Als ich Leif das nächste Mal traf (Wacken), und ihm gestand, dass ich an seiner Stelle Autogramme verteilt hatte, sagte der nur: „Das ist okay, solange du nicht in meinem Namen irgendwelche Kinder zeugst“...
Auch heute auffer Bühne brachte Leif wieder geniale Sprüche: „Ihr seid das beste Publikum – was wir je um 14.00 Uhr hatten!“. Neue Songs wie „The Prison Of Reason“ oder „Rituals Of Time“ hauten gut rein, ich hätte noch gern das coole ZEKE-Cover („Evil Dead“) gehört, was auf „Issue VI“ so für Laune sorgt.

Da ja MOTÖRHEAD sehr kurzfristig ausgefallen waren, war kein Ersatz am Start und die Bands auf der Hauptbühne konnten länger spielen, der Zeitplan verschob sich nach hinten. Wir bekamen einige Songs von FEAR MY THOUGHTS mit, die mit recht fettem Sound überzeugten. Die Mucke war allerdings nichts wirklich Neues, so der typische Metalcore mit dem üblichen Gesang.

Dann lieber die APOKALYPTISCHEN REITER, die auf jeden Fall SEHR originell sind, dat ist mal klar. Es ging schon völlig sick los, denn ein Typ in Mönchskutte zerrte eine eiserne Truhe an einer Kette auffe Bühne, aus der nach ein paar Takten unheilvollem Intro der Kexboarder Dr. Pest gekrochen kam. Dann stürmten auch die restlichen Reiter auf die Bühne und ab ging es mit einer Kanonade der besten Reiter-Hits, z.B. „Iron Fist“, „Erhelle meine Seele“, dem genialen „Unter der Asche“ oder meinem „Samurai“-Favoriten „Die Sonne scheint“. Das ist doch mal ein Refrain:
„Die Sonne scheint mir aus dem Arsch
Und das ohne Unterlass
Bin heut all der Dinge Freund
Heute träum ich nicht
Heut lebe ich was geträumt.“
Hierzu wurde ein ordentlicher Metaller auf die Bühne geholt, der uns lecker seine „Sonne“ sehen ließ und von Dr. Pest stilgerecht mit der Neunschwänzigen bearbeitet wurde, he he. Fuchs brachte dann DIE BESTE ANSAGE des gesamten Festvals: „Leute, Lemmy ist ja im Krankenhaus, da können wir natürlich KEINE Wall Of Death veranstalten! Nein, wir machen dafür etwas viel Besseres im Gedenken an Lemmy: Die WALL OF LOVE! Wenn ich anzähle, rennt ihr aufeinander zu, schnappt euch eure/n Nachbar/i/n und KNUTSCHT! 1 – 2 – 3 – KNUTSCHEN!“ Har har – geil! Nur sprang mich daraufhin so ein verlauster Hippie an und versuchte mir seine Zunge in den Rachen zu stecken... Aber unter dem Motto „Knutschen für Lemmy“ wurde heute so manches Tête-à-tête gerechtfertigt, da hat der Fuchs aber was angerichtet...

Flink ging es rüber zu SMOKE BLOW, die bereits im Gange waren mit „Alligator Rodeo“. Danach widmete sich Letten erst mal seiner Lieblingsbeschäftigung – dem Beschimpfen des Publikums. „Von wegen WITH FULL FORCE! ‘nen laues Lüftchen ist das hier! Wir sind enttäuscht von euch! Jaha, das hört ihr hier gar nicht gern, wa? Immer schön artig ‚Danke’ und ‚Bitte’ sagen, das seid ihr so von euren Metalbands gewohnt. Aber Arschlecken!“ der Sound indes war nicht ganz so optimal wie sonst meist von SMOKE BLOW gewohnt, weil die Gitarren etwas mumpfig klangen und zu leise waren. Der Stimmung tat das aber keinen Abbruch. Mit „Iron In My Soul“ vom kommenden Album haben die Smokes auf jeden Fall einen weiteren Ohrwurm geschaffen, der sich hartnäckig im Hirn einnistet.

Kurz ein Bier geholt und schon standen NUCLEAR ASSAULT auf der Bühne. Die konnten aber heute leider gar nicht überzeugen! Schade, aber der Gig war nicht so kraftvoll wie sonst und wirkte mit wenig Elan gespielt. Und das, wo man „Hang The Pope“ mit neuer Inbrunst hätte mitgrölen können! Ham die vllt zuviel gekifft vorher? Hoffentlich wird die Band durch den Release eines neuen Albums, welches bald erscheinen wird, wieder einen Motivationsschub bekommen! Vielleicht waren sie es einfach leid, immer wieder denselben Schotter runterzududeln?

Zeit für eine Pause, da SHE-MALE-TROUBLE nich schocken und RAGING SPEEDHORN keinem von uns wat sagten. In Samsons Camp gab es lecker Milch und beruhigenden Tee, was sonst?!?

Diese RAGING SPEEDHORN waren verdammt laut, wir mussten erst ganz nah ans Zelt ran, um überhaupt DRITTE WAHL hören zu können. Die waren mal wieder richtig klasse, leider kriegten wir nur noch ein paar Songs mit, u.a. „Auge um Auge“ und „Hasch“, was Gunnar mal wieder charmant als „Lied gegen die bösen Drogen“ ankündigte. Man hatte wohl auch wieder dem verstorbenen Buschn einen Song gewidmet. Das hatte mich schon in Neubrandenburg tief beeindruckt, wie die mit Buschns Tod umgehen.

Zu HARLEYS WAR fanden sich nur wenig Leute ein, so dass dat Zelt so leer war wie bei keiner anderen Band! Tja, der olle Harley Flanagan hat sich offenbar unbeliebt gemacht durch großmäulige Interviews und ständigen Hickhack mit seinen Ex-Mitmusikern. Übrigens spielte zur selben Zeit gerade KEINE Band auf der Hauptbühne! Und dass keiner mehr weiß, wer die CRO-MAGS waren, ist unwahrscheinlich. Wieso war es dann bei MURPHYS LAW usw. so voll? Noch bevor HW dann starteten, musste Harley auch wieder darauf hinweisen, dass er mit CRO-MAGS quasi den Hardcore erfunden habe. Der erste Skinhead in NY sei er ja auch gewesen und ich bin mir sicher, dass er auch dat Ficken erfunden hat. So stand man da zunächst eher schmunzelnd, aber rein vom Gig her war es ein Hammer, echt! Brutale Lautstärke, glasharter Sound und die Band (wohl u.a. Leute von CARNIVORE) spielte extrem tight auf! Es gab vor allem Songs aus der Frühphase der CRO-MAGS, „Hard Times“, „Malfunction“, „We Gotta Know“ oder „Crush The Demoniac“ (geil!), aber auch WHITE DEVIL- und HARLEYS WAR-Songs. Harley hätte sich das Zelt sicherlich voller gewünscht, ließ sich aber nix anmerken und poste wie gewohnt ab. Seine körperliche Form hat er auf jeden Fall gehalten, vielleicht sollte er zwischen seinen Sit-Ups auch mal ein Buch lesen, dann würde nicht so ein Mist wie „Fuck The Middle East“ in seinen Texten stehen (na ja, kommt aufs Buch an und ob er es versteht...). Ansonsten Hammer und gegen Ende bildete sich trotz der Leere ein Pit vor der Bühne.

Bei HW hatten wir auch wieder die Crew aus dem Berliner Trinkteufel getroffen. Die Mädels hatten mal wieder die Kerze an beiden Enden angezündet: Häxä, Chefin der Kneipe, war heute Mittag kollabiert und sogar im Sani-Zelt gelandet, wo man sie ordentlich an Tröpfe verkabelt und fittgespritzt hatte. Grund, sich jetzt zurückzuhalten? Nope, schön weiter Wodka/Red Bull in den Hals...

Gemeinsam gingen wir wat HELLACOPTERS gucken und trafen auffem Weg noch auf Vadder vonne 22 COLT-SUCKERS sowie SMOKE BLOW-Björn. Die Gesellschaft war unterhaltsamer als der langweilige Gig der Schweden. Die Band ist kaum noch mit der Kapelle zu vergleichen, die auf der „Respect The Rock“-Tour zusammen mit GLUECIFER alles in Grund und Boden gerockt hat. Es ist ja durchaus anzuerkennen, dass sie mit diesem 50/60ies-Rock einen deutlich unkommerziellen Weg beschritten haben und schlechtere Plattenverkäufe dafür ignorieren, aber langweiliges Gedudel bleibt langweiliges Gedudel, auch wenn noch so viel Idealismus dahintersteckt.

Als nächste standen dann ANTHRAX auf dem Plan, die sich wie so viele Bands dieses Jahr ihrer klassischen Phase verschrieben haben. Nur finde ich es in ihrem Fall höchst suspekt, da John Bush der deutlich bessere Sänger und das aktuelle Line-Up in den letzten Jahren ordentlich Fans erspielt hat. Ich wäre jedenfalls schwer enttäuscht, wenn ANTHRAX nach dieser Tour Joey Belladonna als Sänger deklarieren! Und Dan Spitz machte einen eher gelangweilten Eindruck, der wirkte nicht gerade supermotiviert. Musikalisch spielten ANTHRAX natürlich hammertight, ein Weltklasse-Schlagzeuger wie Charlie Benante erleichtert die Sache natürlich auch enorm. Songs wie „Medusa“, „Indians“ oder „Deathrider“ waren und sind klasse und machten Spaß, aber der letztjährige Gig in Wacken war VIEL geiler und es bleibt ein Fragezeichen stehen, was diese „Classic Line-Up“-Chose bringen soll. Übrigens waren auch ANTHRAX nicht laut genug, wat war denn da bloß los?

Pause, Pause – die Berlinerinnen luden ein und wer eine Kneipe am Start hat, der weiß, wie man seine Gäste ordentlich abfüllt. Zum Glück spielten ja auch noch FINNTROLL im Zelt, so dass wir eine Entschuldigung hatten und die Mädels uns nicht komplett unter den Tisch saufen konnten... Das Volk war noch nicht befriedigt, aus allen Himmelsrichtungen strömten die Rock’n’Roll-Süchtigen und so platzte das Zelt vor Schaulustigen aus allen Nähten, Hunderte standen außerhalb noch drum herum und ließen sich den FINNTROLLschen Mix aus Metal, Humppa und Folklore gefallen. Trollhammaren! Man hätte diese Band ruhig auf der Hauptbühne spielen lassen sollen.
Yeah, und da wir kaum was sehen konnten und FINNTROLL eh auch in Wacken spielen, war nun doch wieder Party angesagt. Vorhang zu – Prost und bis zum nächsten Jahr! - Beitrag von: Philipp

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