HELLS BELLES / 22.06.05 - Kiel, was-weiß-ich-Bühne

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Erfreut stellte ich diese Woche fest, dass sich mein Verhältnis zur Kieler Woche grundlegend gewandelt hat, sozusagen in die dritte Phase eingetreten ist: Ging ich früher recht gern zu einigen Veranstaltungen (Open Air im Werftpark, auffer Wiese an der Kiellinie hocken und die vorüberziehenden Mutantenhorden beglotzen), war ich den letzten Jahren immer einer falschen Vorfreude erlegen, die in sich insofern als ärgerlich entpuppte, als dass ich doch seit Jahren wusste, dass die ganze KW mittlerweile KOMPLETTE SCHEISSE ist. Doch nicht dieses Jahr, denn heuer geht mir die KW VÖLLIG am Arsch vorbei, ich kann mich nicht mal aufregen, so egal ist mir das alles. Kieler Woche? Ach, hat die schon begonnen? Na und? Mit dieser neu gewonnen Indifferenz kann man dann sogar mal in die Stadt radeln, gnädig über all die Vollidioten lächeln und in der Hoffnung ein paar nette Menschen zu treffen am Hörn-Ufer flanieren. Und Volltreffer – hatte mir doch gedacht, dass die Zecken sich ordentlich mit Humpen bewaffnet ans Wasser gepflanzt hatten! Gab gleich ein paar erfreuliche Geschichten zu hören. So hatten ein paar Kieler Punks, die ich mal ungenannt lasse, in einer der letzten Nächte eine der riesigen Getränkebuden geknackt und dort ordentlich Robin Hood gespielt. Umverteilung an WIRKLICH Bedürftige, das lob ich mir doch mal...

Und dann traf ich ein paar Hardcore-Konzertgänger, mit denen sich vortrefflich über vergangene Highlights schwatzen ließ. Wir landeten unweigerlich beim Thema „Wann war dein erstes Mal?“ (also.. vor einer Bühne, auf der Rock’n’Roll gezockt wurde). Unschlagbar der Macker, der sein erstes Konz angeblich im zarten Alter von ACHT Jahren erlebt habe!! Okay, „nur“ STAUS QUO, aber der Typ war kein Twen mehr, also dürften die wohl für die Zeit recht knackig gewesen sein. Den entsetzten Eltern wacker ins Gesicht gesagt: „Ich geh’ jetzt zu QUO!“ und ab zur Ostseehalle. Doch, so fragten wir natürlich gleich, wie sei er denn in diesem Alter überhaupt reingelassen worden? Ja, man habe am Eingang auch zunächst über ihn gelacht, doch es begab sich, dass just in dem Moment zwei Bullen herübergetrabt gekommen seien und sich bereit erklärt hätten den jungen Mann zu begleiten! Hä? Des Rätsels Lösung: Die beiden Uniformierten waren QUO-Fans und total gepestet, dass sie draußen rumschimmeln mussten. Nun hatten sie einen Grund, einen gar ehrenvollen Auftrag sogar und begleiteten den Helden dieser Geschichte auf dessen Wunsch angeblich sogar in die erste Reihe. Schöne Geschichte, woll.

Jo, war noch wat? Ach ja, HELLS BELLES spielten, eine AC/DC-Frauencoverband (minus einer erkrankten Gitarristin, die heute von einem Typen in Angus-Schuluniform vertreten wurde). AC/DC-Coverbands gibt es viele, fast alle sind überflüssig, HELLS BELLES gehörten zu den schlechteren. Es geht eh kaum, den genialen Minimalismus und den gleichzeitigen Druck der Originale zu covern (Ausnahme: EXODUS), aber das war ganz armes Kino heute. Handwerklich waren die okay, aber das reicht eben nicht, die Songs mal eben korrekt runterzududeln. Wer nur die Platten kennt, mag sich damit zufriedengegeben haben. Aber was noch negativ dazukam, waren die Ansagen der Sängerin. Stadion-Scheiße wie „seid ihr alle gut drauf?“ oder „ihr seid ein ganz tolles Publikum“ am laufenden Band – ächz. Die Sängerin war eh der Schwachpunkt der Band, denn sie sang viel zu glatt und „schön“. Und wenn sie mal versuchte, dreckig und „gefährlich“ zu klingen, wirkte das völlig unecht und verstellt. So, und um den Verriss komplett zu machen, muss noch erwähnt werden, dass jede Coverband, die ein BISSCHEN etwas auf sich hält, auch mal ein wenig in den obskureren Songs wildert, die vom Original nicht mehr gezockt werden. Hier natürlich Fehlanzeige, es kamen ausschließlich die ollen Kamellen von „The Jack“ bis „Highway To Hell“ (was natürlich gute Songs sind, man verstehe mich nicht falsch!). So konnte auch der Biker am Tresen gerührt eine Träne in sein Bier vergießen und von einem Superkonzert sprechen. „Du, die ham was drauf, do.“ „Jo, obwohl das Mädels sind. Wahnsinn!“ Solche Dialoge im Publikum gaben mir dann endgültig den Rest... Solche Spacken müsste man mal auf einen Stuhl schnallen und ordentlich mit RICHTIGER female R’n’R-Power beschallen. LOST WORLD, CALLOUSED oder PROTESTERA statt diesem Dorfkirmes-Proll-Mist. Ach, wären wahrscheinlich eh nur Perlen vor die Säue geschmissen…
- Beitrag von: Philipp

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