WILWARIN VIII / 27.05.2005 - Ellerdorf, Tach 1

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„Warum kann nicht jedes Wochenende Wilwarin sein?“
Besucher im Gästebuch v. www.wilwarin.de

Laut dieser Nedstatbasic haben wir ja auch Leser/Innen in China (weiß der Geier warum?), daher sag ich es hier noch mal: WAS FÜR EIN WETTER! Bei den höchsten Maitemperaturen seit über 80 Jahren (und an die werden sich trotz generationenübergreifendem Publikum wohl nur die wenigsten Wilwarin-Besucher/Innen erinnern...) ging mit der achten Inkarnation des Wilwarin-Open Airs eine ausgelassene Party-Sause in Ellerdorf ab. Das Wetter und auch die Teilnahme von SICK OF IT ALL waren sicher mit der Grund, dass es dieses Jahr wesentlich besser besucht war als z.B. im Vorjahr (und vielleicht am besten überhaupt?). Oder es hat sich einfach rumgesprochen, dass das Wilwarin-Open Ar einfach ein sehr liebevoll organisiertes Festival ist, auf dem man musikalisch eine bunte Mischung findet, sich im flotten Wechsel von internationalen, nationalen & lokalen Bands beglücken lassen kann. Und dann noch die Lage mitten zwischen Wäldern und Feldern – einfach optimal!

Ruckzuck waren unsere Zelte aufgebaut, die Buxen strammgezogen und schon ging es auch vor die Bühne um mit ABGELEHNT die erste Band zu sehen. ABGELEHNT waren gut drauf und gefielen mir besser als bei ihrem Release-Gig in der Pumpe. Kein Wunder, war der Sound doch auch heute viel feister und die Befürchtung der Band, es würden sich zu diesem frühen Beginn nur drei Leute einfinden, war auch nicht eingetreten. Nö, mindestens der Teil des Publikums, welcher Deutschpunk etwas abgewinnen kann, hatte sich aufgerafft und trotzte der Hitze. Zu den altbekannten Klopfern wie „Punk Rock Zeit“, „Das war schon immer so“ oder „Du bist nicht mein Freund“ gesellten sich auch neuere Werke. Mit „Steh auf!“ verbinde ich zwar schmerzvolle Erinnerungen, das Ding ging aber trotzdem gut runter und dann gab es ja auch NOCH EIN neues Liebeslied. „Ich kann auch nichts dafür, ich bin halt so oft verliebt!“ versuchte Sänger Schnacki diese eklatante Häufung an Songs dieser Thematik im ABGELEHNTschen Repertoire zu rechtfertigen. So wird dat aber nix mit „Schlachtrufe BRD Teil 666“, do!

Zwischendurch mal runterschlendern zur Tresenbühne, dachte ich mir und griff ein paar Titel der Lo Land Rocker von THE CORONAS ab. Zuerst war ich doch etwas irritiert, meinte ich doch im Programm doch was von „lateinamerikanischen Klängen“ gesehen zu haben, was so gar nicht passte. Wieder mal nicht richtig hingeguckt, denn diese Beschreibung stand zwar im Heftschä, galt aber Radio Musica Imensa. Wie auch immer, es fiel jedenfalls auf, dass der überdachte Bereich vorm Tresen ein schön kompaktes Klangbild aufwies. Die Band rockte sich durch ein recht eigenwilliges Set so psychedelisch angehauchten Rock’n’Rolls und freute sich über das feierwütige Volk, welches bereits mit einigen Songs vertraut war und nach einem Song mit dem Titel „So high again“ oder so verlangte. Ganz sicher ein Anti-Drogen-Lied, schön schön, da sind wir beruhigt, dass unsere Jugend sich nicht illegalen Substanzen hingibt...

Spätestens jetzt war das eigene mitgebrachte Bier (schlauerweise im Zelt abgestellt) absolut ungenießbar (und meine Toleranzgrenze in Bezug auf warmes & schales Bier ist schon recht hoch, wie einige Schnorrer unangenehmerweise am eigenen Leib erfahren mussten, hä hä), aber umso besser schmeckte es am Tresen. WAX ON WAX OFF sind auch ein Garant dafür, dass ’nen Humpen nicht zu lange in der Hand verweilt. Immer für einige grenzdebile Sprüche und eingängige MeloPunksongs gut, die Jungs. So grüßten sie alle diejenigen, „die mal zum Restefischen ins Böll gehen“ (na, na...), zogen über den Weihnachtsmann her („Santa Is A Pervert“...), coverten NERF HERDER und – gerade als der fellow Metalhead neben mir unwillig ob der „leichten“ Ironie in Bezug auf Metaloutfits wurde – spielten eine Hommage an MOTÖRHEAD („It’s alright, it’s alright – we’re gonna see Lemmy and the boys tonight“). Sehr unterhaltsam, auch wenn die Mucke für meinen Geschmack ein paar mehr Ecken und Kanten vertragen könnte.

So langsam wurde es Zeit für eine kleine Grillung und so entweihte ich kurzerhand den noch jungfräulichen Fleischgrill meiner Zeltnachbarn mit ein paar Veggiesteaks und Tofuwürstchen (diese Dinger von Sky, ganz lecker eigentlich). Der Mob war jetzt überall schon gut in Fahrt, erste Alkleichen zäumten bereits dekorativ die Wegesränder, ein festivaltypischer Lärm-Mischmasch aus allen möglichen Musikstilen erhob sich, so’n Trecker mit aufgeschnallten Boxen drehte seine Runden und hatte bei jeder Umkreisung mehr grölende und bierdosenschwingende Beifahrer/Innen an Bord und die Temperaturen sanken auch so langsam. Nun hatte ich offenbar etwas Gutes verpasst, schwärmten doch nicht wenige vom Auftritt der BAYWATCHERS. Doch zu meinem Glück sollten diese später noch mal spielen!
Erst mal aber gab es mit NECK Irish Folk zu hören. Eine nette Festivaluntermalung war das. Das Publikum schwang nun in größeren Stile die Hüften. Klar, dieses lebensfrohe Gedudel aus Fiedeln , Banjos, Dudelsäcken und Stromgitarren war auch durchaus nicht zu verachten. Für ein Open Air dieser Art perfekt um die Leute in Schwung zu bekommen.
Fast hätte ich sie wieder verpasst, doch man zerrte mich schließlich doch zu den BAYWATCHERS (blöder Name...). Und das war dann DIE musikalische Sensation des ersten Tages für mich. Voll mitreißender Instrumental-Surfpunk mit RICHTIG viel Elan! Der Sound war so mächtig, dass ich sofort in den Bann gezogen wurde und gar nicht genug bekommen konnte. Der Typ an der Klampfe schredderte sich aber auch einen ab – da hätte Dick Dale schon schwer das Schlucken gekriegt... Und dann der Bass, ho ho ho! Die Band war richtig angetan, wie sie vom Publikum abgefeiert wurden, hatte sie doch mal vor nur einer Handvoll Nasen in der Schaubude gezockt. Die dürfen gerne wiederkommen, diese Dänen & Berliner!
Man wird es mir verzeihen oder auch nicht, aber BETAGARRI hauten mich danach gar nicht um. Klar, der Sänger war sehr agil, schoss scharf gegen die Staatsmacht im Baskenland und vergaß auch nicht die Meierei zu erwähnen. Interessant auch, dass auf „Euskara“ gesungen wurde, die verbotene baskische Sprache. Alles gut, nur die Musik war für mich belangloser Ska, wie man ihn auf Festivals viel zu oft hört. Ich bin aber auch kein Experte in Sachen Ska, eigentlich finde ich nur SKA-P und NO RESPECT richtig gut, aber die machen ja auch Ska-PUNK mit ganz anderen Roots. Andere mögen kompetenter in etwaigen Kommentaren darüber schreiben bzw. etwas ergänzen, unten ist noch Platz...
Kryptisch mutete die Beschreibung „trashige Kostümierung der im Schnitt zu 75% weiblichen Sängerinnen“ an, aber als die SIN CITY CIRCUS LADIES die Bühne betraten, fiel mir erstens ein, dass ich die schon mal auf einem Berliner Straßenfest (Kreutziger Str. olé!) gesehen hatte und zweitens auf, dass eine Sängerin und ein „Transvestit“ an den Mikros standen (also in der Tat zu 75% weiblich). Ansonsten hatte man mit dem Ex-JINGO DE LUNCH-Gitarristen Tom (auch EXTRABREIT und KUMPELBASIS) und dem Drummer Steve von TERRORGRUPPE ein paar bekannte Gesichter am Start. Hm, leider muss ich aber schon wieder sagen, dass auch diese Band mich nicht so wirklich erreichte (was bin ich doch für ’ne ignorante Sau). Weiß auch nicht, irgendwie kickte diese Mischung aus Rock’n’Roll, Rockabilly, Blues und Punk im 60ies-Gewand bei mir nicht richtig. Allerdings fand ich die ausgesprochen kraftvolle und soulige Röhre von Sänger/in Shambhu Leroux ansprechend genug, um mir den Gig schon ganz angucken und kurzweilig war es ja auch, denn die Band legte es klar drauf an, eine dreckige, erotische Show zu bieten. Oder wie jemand sagte: „Jede Menge Eyeliner, Tätowierungen, Netzstrümpfe und Rock 'n' Roll!“. Wenn sich das Zwei-Meter-Monster Shambhu zugeklatscht mit Tattoos und Schminke breitbeinig und mit den in die Hüften gestemmten Fäusten vor dem Mob aufbaut, ist das schon ein Anblick... Auf jeden Fall wird man noch von denen hören, denke ich.
Tscha, ein Phänomen des Wilwarin-Festivals ist es, dass man ständig Leute trifft. Leute, die man schon ewig nicht mehr gesehen hat oder mit denen man nicht gerechnet hat und natürlich auch den üblichen Mob. Da wusste man kaum, mit wem man am meisten reden wollte. Halt, stimmt nicht, ich wusste es eigentlich schon. Im Grunde war die Zeit nach den Konzerten für mich die schönste. Die lauen Sommerabendtemperaturen, die geniale Atmosphäre und überhaupt alles.
Jedenfalls schlurfte ich erst zurück zum Zelt, als es schon verdammt hell war. Ich krautete gerade über den Campingplatz, als mir jemand meinen Namen hinterherbrüllte. Im Glauben, es handele sich um den Party-Diktator Kalle, legte ich schnell einen Zacken zu, links um einen Van, quer zwischen den Zelten durch, fix unter einem Lkw durchgekrabbelt und der vermeintliche Karl-Heinz war abgehängt! (Später stellte sich heraus, dass es „nur“ die Jungs von ABGELEHNT waren! Na, die hätte ich noch mit ein, zwei Pils abgespeist, aber Kalle hätte mir den restlichen Schlaf geraubt...) Allerdings traf mich gleich der nächste Schock, als ich in mein Zelt krabbelte: Ein gar furchtbarer Gestank umfing mich – betäubend, sinnesverwirrend, bestialisch! Als ich fast schon ausgeknockt war, schloss ich messerscharf: Das ist der veritable Chaumes (so’n runder Weichkäse aus’m Supermarkt)! Der war offenbar während der Tageshitze verschieden und zu einem zweiten unheiligen Leben erwacht! Mit letzter Kraft beförderte ich den Unhold ins Vorzelt. Yeah, Philipp versus veritabler Chaumes = Eins zu Null!! So konnte ich in einen traumreichen Schlaf versinken und die Ereignisse der letzten Stunden verarbeiten.

TEIL ZWEI COMING SOON!!
- Beitrag von: Philipp

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