WACKEN OPEN AIR XV / 05.08. - 07.08.04 - Wacken, Tag 1

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Was wurde nicht alles diskutiert ob der Tatsache, dass die W:O:A-Veranstalter zum fünfzehnjährigen Jubiläum die BÖHSEN ONKELZ eingeladen hatten. Würde das Festival-Gelände vom ONKELZ-Fanpöbel verseucht werden? Sollte man da überhaupt hingehen? Aber wie ein Bekannter neulich sagte: „Spinnt ihr? Dat ist UNSERE Spielwiese. Warum sollen WIR zu Hause bleiben, nur weil diese Drecksband spielt?“ Tscha, und da wir uns während des Auftritts dieser Stadion-Schunkelrock-Kapelle schön einen auf dem Campingplatz brannten, bekamen wir von dem ganzen Kram denn auch rein gar nichts mit. Und am nächsten Tag, so war übereinstimmend der Eindruck von vielen Besuchern, waren die erwähnten Fans zu 90% offenbar abgereist. Stress, Schlägereien oder sowat habe ich nicht im Ansatz beobachtet – es war ein friedliches Fest mit verdammt vielen musikalischen Höhepunkten. Ob es allerdings auf den großen Campingplätzen irgendwo zu Vorfällen kam, entzieht sich meiner Kenntnis, denn wir waren auf dem Presse-Zeltplatz einquartiert. That’s right, mutha – ham die W:O:A-Nasen doch dat Dremu-Geschreibsel für würdig genug gehalten, uns ein paar „Backstage-Pässe“ zukommen zu lassen. Neben uns zeltete Lemmy, hinter uns brutzelte Ronnie James DIO sein Rock’n’Roll-Bar-B-Q... Nee, Quatsch, solche Kaliber waren dann wohl doch in Hotels untergebracht. Jedenfalls gibt es daher dieses Mal wieder einen Bericht der „redaktionellen Doppelspitze“, also von Matt und mir. Da Matt erst am zweiten Tag anreisen konnte (Arbeit sei Dank...), werde ich den Donnerstag allein Revue passieren lassen, aber dann gibbet fliegenden Wechsel.

Zur Organisation wurden fast nur lobende Worte geäußert, reibungsloser Ablauf überall, insgesamt gute klangliche Verhältnisse, eine erneut verbesserte Aufstellung der Bühnen (man hatte die Black Metal Stage mit der True Metal Stage getauscht und das Zelt – genannt W.E.T. = Wacken Evolution Tent – wieder rein ins Hauptgelände und damit näher ans Geschehen geholt) und die Videoleinwand, die von mehreren Kameras bedient wurde. Letzteres war besonders cool, da man so auch aus weiterer Entfernung die Pickel der Musiker zählen konnte. Die angebliche Ticket-Limitierung verweise ich allerdings endgültig ins Reich der Fabeln, denn so voll war es noch nie. Die Presse spricht von 35.000 Leuten, Biff von SAXON verkündete auf der Bühne die Zahl von 43.000 Nasen und inoffiziell kursierte gar die unglaubliche Zahl von 60.000 Freaks! Keine Ahnung, was stimmt. Es wurde jedoch nicht unangenehm eng, da man nahezu alle Händler bzw. Non Food Stände aus dem Innenbereich verlagert hatte. Gut gefielen mir auch die Bierbecher: „Metalheads Against Racism“ stand da in so’m Logo mit durchgestrichenem Hakenkreuz. Dazu noch das Glück mit dem Wetter (tagsüber schon ZU heiß) und die Tatsache, dass es zu keinen kurzfristigen Absagen kam (dass DEICIDE gegen UNLEASHED eingetauscht worden waren, war den meisten bereits via Festival-Homepage bekannt). Und immerhin hatte man auf eine häufige Beschwerde gehört und das Programm ein wenig reduziert, weniger Bands, die dafür länger spielen konnten. Ich fand es immer noch zuviel, vor allem schade um die Newcomer-Bands im Zelt, die zeitgleich mit all den bekannten Kloppern aufspielen mussten. Da könnte man den Donnerstag lieber zum vollwertigen Festivaltag ernennen und die gleiche Anzahl an Bands an DREI Tagen auftreten lassen – sind doch eh schon fast alle Besucher da! Das Billing war erfreulich abwechslungsreich und mit „vergessenen“ Bands wie HOBBS’ ANGEL OF DEATH, THE RODS oder SATAN waren endlich mal wieder ein paar Kultbands am Start.
Doch vorher mussten wir ja noch unsere Bescheinigungspapiere gegen Armbänder tauschen, wofür es einen Extra-Container gab. Leider standen da bereits Hunderte von Metal-Fanzinern aus aller Welt an! Geschlagene zwei Stunden standen wir in der prallen Sonne und konnten uns nur durch Bier und Klönschnack die geistige Gesundheit wahren. Vor uns ein Pärchen aus Island, mit denen wir über Michael Moores „9/11“ diskutierten, wobei die beiden es sich nicht vorstellen konnten, dass man hier Michael Moore und überhaupt jeden Film synchronisiert. Wenn in Island übrigens überhaupt mal synchronisiert wird, dann macht das ein einzelner Typ, der alle Rollen spricht. Na, der Hammer war dann aber der Typ direkt vor den Iceland-Freaks: Sagt der doch ganz unbescholten: „Ich hätte gern ein Ticket bitte“!!! Der Typ am Schalter grinst ihn mitleidig an und erklärt, dass es hier keine regulären Tickets gebe, nur Bänder für Presse, VIP’s und Bands (stand nu auch wirklich ÜBERALL groß dran)... Zwei Stunden seines Lebens vergeudet, dabei einen mittelschweren Sonnenstich riskiert, dafür blieb der Knabe recht gefasst – mit unbeweglicher Mine verschwand er (ob er dann außer Sichtweite zusammen gebrochen ist?)...

Yeah, die Zelte bauten sich nach all den Festivals diesen Sommer fast von allein auf, wir hatten sogar dank Kollege Stefan einen Pavillon dabei (und im Gegensatz zu Karl-Heinz auf dem FORCE ATTACK hat Stefan die Seitenwände und die Decke NICHT vergessen...), der Grill wurde angeschmissen und Bier sowie Wodka samt Ahoi-Brause taten ihr Übriges um ein Urlaub-artiges Flair aufkommen zu lassen.

Da ließen wir doch glatt ZODIAC MINDWARP an uns vorüber ziehen. Ich befand diese Band oder soll man sagen diesen Sänger eigentlich schon immer überwertet, halt recht langweiliger Hardrock mit dem einzigen Hit „Prime Mover“.

Erst MOTÖRHEAD zogen uns vor die Bühne und fuck – was für Menschenmassen hatten sich hier bereits eingefunden! Was vor wenigen Jahren noch ein entspannter Warm-Up-Tag war, hat sich mittlerweile voll etabliert. Lemmy stapfte mit Hut und Sonnenbrille auf die Bühne, brummelte was von „fucking sunlight shinin’ in my face“ und los ging’s mit „We Are Motörhead“, „Stay Clean“ und „Shoot You In The Back“. Hm, gut war’s schon, aber auch ein wenig routiniert. Ich sach mal, 80% auf der möglichen MOTÖRHEAD-Skala. Wer die Band auf der „1916“-Tour oder auf der ersten Tour zur „Hammered“ jeweils im Hamburger Docks gesehen hat, weiß, was ich meine. Auf der anderen Seite gab es auch schon richtig schlechte MOTÖRHEAD-Gigs, und allein Mikkey Dee ist Garant für ordentlich Wumms. Es gab nur einen Song von der neuen Kilerscheibe zu hören, nämlich „Life’s A Bitch“, was ich etwas schade fand. Lemmy wollte sich angesichts des gemischten Publikums wohl auf die Classics konzentrieren, davon kamen „Killed By Death“, „Dr. Rock“, „Metropolis“, „Sacrifice“, „Ramones“, „God Save The Queen“, „Civil War“, „Going To Brazil“ und natürlich die obligatorischen finalen Smasher „Ace Of Spades“ sowie „Overkill“. Das SEX PISTOLS-Cover finde ich mittlerweile nicht mehr zwingend, gebt uns lieber mehr eigene Songs! Fazit: Auf keinen Fall enttäuschend, aber auch kein Grund zur Euphorie.

Wie bereits erwähnt, gaben wir uns während der nachfolgenden Band den Freuden hin, die ein heißer Sommertag so bieten kann. Aber später sollten im Headbangers Ballroom-Zelt überraschend noch die durchgeknallten Japaner von ELECTRIC EEL SHOCK spielen. „Mensch, super!“, dachten wir und kämpften uns durch die Massen zu besagtem Zelt. Doch was dort folgte, war der totale Scheiß. Ich weiß echt nicht, was dat sollte, aber die Band spielte gar nicht richtig live, sondern im Halb- bis Vollplayback zu Mucke von VAN HALEN und LOUDNESS. Es waren offenbar gar nicht alle Aale anwesend, jedenfalls posten nur der Gitarrist und der Sänger zu den Tunes aus der Tube rum. Bäh, das war echt überflüssig.
Danach lud der METAL HAMMER zur Party „20 Jahre MH“ ein. Erst kletterte Thorsten Zahn auffe Bühne und skandierte euphorisch „METAL - HAMMER – METAL – HAMMER!“, hi hi. Aber so übel war die Party dann nicht, es wurden großzügig Freibiermarken in den Mob geschmissen und ziemlich gute Klassiker zum Tanze angespielt (und das schön laut und nicht mit wesentlich besserem Sound als beim EES-Desaster). Wir ergatterten diverse Marken, trafen Hans und Franz und so vergingen die Stunden. Als Hobby-Soziologe fiel mir das ungewöhnliche Verhalten der Partygäste auf: Alle standen mit den Gesichtern zur Bühne, als spielte dort gerade eine Band, dabei gab es weiterhin nur Plattenteller-Alarm... Da sieht man mal, wie bühnenfixiert das Mosh-Publikum ist, dat sind keine Disco-Wixer, die zur allgemeinen Nabelschau ihre Schokoladenseite in die vielversprechendste Richtung drehen...
Irgendwann landete ich mit Kollege Magnus wieder am Tresen im Backstagebereich und da stand doch plötzlich glatt MOTÖRHEAD-Drummer Mikkey Dee neben mir. Ganz schön klein übrigens der Fucker, aber das nur nebenbei. Irgendjemand sacht: „It’s MOTÖRHEAD England“ und angesichts meines T-Shirts vom HMFC Velbert kann ich mir nicht verkneifen: „No, it’s MOTÖRHEAD Ruhrpott actually!“. Da guckt der Höllenschlachzeuger mich völlig angepisst an und grummelt: „Wuzzat? Dis a fuckin’ bootleg-shört!” Ich: “Uh, it’s ah a joke! It’s from a legendary german Metal-Fanclub” Er wieder: “Wut Fabclub? Surely not ours. You printed this for yourselves!” Tscha, voll peinlich und um den ganzen noch die Krone aufzusetzen drängelt sich Magnus dazwischen und will ein Gruppenbild mit Dame schießen. Doch darauf hat old Mikkey nu gar keinen Bock, er sei viel zu besoffen und überhaupt. Schnell weg und ab inne Heia, schließlich sollte am nächsten Tach einiges an Kondition vorgewiesen werden.
Fortsetzung folgt also UND WIE!
- Beitrag von: Philipp

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