SICK OF IT ALL, MOST PRECIOUS BLOOD, BLEEDING THROUGH / 29.02.04 - HH, Markthalle

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Seit fast 20 Jahren geh ich zu Konzerten in der Markthalle, finde eigentlich, dass dat von den größeren Hütten die angenehmste ist, aber diesmal gibt es Mecker. Ärgerlich genug, dass die Kasse mittlerweile meistens nicht mehr am Eingang der großen Halle platziert ist, sondern am Haupteingang, so dass man bei großem Andrang draußen in der Kälte anstehen muss. Nein, jetzt ham die verantwortlichen Organisations-Genies einen echten Geistesblitz gehabt und die Garderobe aus der eigentlichen Halle ausgelagert! Die ist jetzt auf halber Treppe, so dass man erst dort anstehen muss (Absperrgitter und Visitation), dann noch mal (wer seine Jacke abgegeben hat, im T-Shirt!) an der Kasse und vor allem NACH DEM KONZERT wieder! Draußen! Durchgeschwitzt aus der HC-Sauna in die Minusgrade!

Und ich dachte, ich hätte gut vorgeplant. Hatte ich mir doch, da ich mich nicht fit fühlte, ein Handtuch und ein Ersatzshirt mitgenommen, um mich nach dem Konz schnell umzuziehen. Dieser tolle Plan wurde so natürlich vereitelt, noch dazu wurde für dat Tütchen mit den Utensilien noch ein Extraeuro abkassiert.
Der Ärger wurde erst mal mit 'nem Humpen runtergespült und dann begannen auch schon BLEEDING THROUGH. Das war mal eine kuriose Mischung! Hardcore mit Keyboards? Während also der Sänger über die Bühne rannte, Purzelbäume schlug und der Rest der Band grimmig poste, zockte eine Tastenfrau Black Metal-kompatible Synthie-Teppiche. Und damit nicht genug: Bereits der erste Song überraschte mit einem klar gesungenen Refrain, so'n bisken EVANESCENCE-mäßig. Dazwischen immer wieder HC-Geknüppel und Metalriffs. Alles sehr seltsam, aber auch nicht uninteressant. Wer weiß, ob sich einem die Songs nach einer gewissen Gewöhnungsphase nicht noch erschließen würden? Vielleicht werden BLEEDING THROUGH ja Trendsetter? Insgesamt hatte es mich aber nicht so angesprochen, dass ich mir 'ne CD gekauft hätte.

Dann kamen MOST PRECIOUS BLOOD, die mittlerweile den INDECISION-Sänger am Mikro haben. Der kleine Giftzwerg brüllte dann auch ordentlich seinen Hass hinaus. Vor der Bühne fiel mir nun auf, dass sich diverse Fans zu Jet Li-artigen Kick Box-Sprüngen hinreißen ließen. Dieser etwas befremdliche Trend soll auf HC-Konzis in diversen Ländern schon recht etabliert sein. Na ja, jedem das seine (solange die keinem in die Fresse springen). Aber auch MOST PRECIOUS BLOOD rissen mich nicht mit. Zuviel Midtempo. Kam zwar druckvoll, aber doch recht eintönig. Trotzdem keine unsympathische Band, die auch durch ihre Gitarristin angenehm aus dem üblichen Klischee-Rahmen fällt. Man ließ sich auch nicht durch einen Stinker provozieren, der sich penetrant über die Straight Edge-Einstellung der Band lustig machte: Erst stellte er sich direkt an den Bühnenrand, dann prostete er der Band zu, blies dem Sänger Rauch ins Gesicht und grapschte ihm auch noch an den Arsch. Wow, man konnte wirklich sehen, wie angepisst dieser war und trotzdem ließ er sich nicht aus der Reserve locken. Echt arm, dass einigen es so schwer fällt, Edger zu respektieren (zumal MPB wirklich in keinster Weise zu missionieren versucht haben).

SICK OF IT ALL! X-mal gesehen, noch nie enttäuscht worden. Das Energie-Level der Band ist geradezu inspirierend! Vom ersten Ton Vollgas und wirklich pure, positive Power. Vor allem die beiden Koller-Brüder verblüffen durch ihren leidenschaftlichen Einsatz, der jedes Mal an die körperlichen und stimmlichen Grenzen zu gehen scheint und doch eine Art Routine sein muss. Absolut unklar, wie Lou es schafft, täglich so derbe in sein Mikro zu SCHREIEN und wie Pete überhaupt Gitarre spielen kann, während er sich permanent in der Luft befindet oder sich um sich selbst dreht. Und dann heben sich SICK OF IT ALL natürlich noch durch ihre angenehme, natürliche Art von all den Prollo-HC-Bands ab. Keine tough guy-Posen, kein Macho-Bullshit. "Good Lookin' Out" war einmal mehr der perfekte Opener und leitete eine Setlist ein, die von allen Scheiben jeweils die stärksten Songs beinhaltete. Von den Oldies "My Life", "Just Look Around", "Injustice System" & "Shut Me Out" über die "Hits" der Erfolgsscheibe "Scratch The Surface" "No Cure", "Step Down", "Maladjusted" und natürlich dem Titelsong bis hin zu den Songs jüngeren Datums wie "Let Go", "Hello Pricks", "Potential For A Fall", "Disco Sucks Fuck Everything", oder "Sanctuary" war alles dabei. Sogar die Songs der letzten Platte, die für mich einen Tick zu routiniert klingt, kamen live SEHR intensiv, gerade "For Now" ist eine echte Hymne, die frenetisch mitgeschmettert wurde, aber auch "Relentless" und "Paper Tiger (Fakin' The Punk)" rissen ordentlich mit. Spektakuläre Diver waren zu beobachten, richtig schön mit Anlauf oder Rollen in der Luft. Lou, übrigens ohne "Bärtchen", machte wieder sehr schöne Ansagen: so entschuldigte er sich für sein schlechtes Deutsch, "We`re coming to Germany since 12 years, and all I can say is 'Danke schön', 'Bitte schön' and 'Pizza mit Funghi'. But what can I do – I'm a lazy American". Oder er schnappte sich einen Stagediver, der mitten in der Pause zwischen zwei Songs (!) auf die Bühne gekrabbelt kam: "Hey, I don`t know you! Who are you?" – "Äh, Nico". "Alright, let's hear it for Nico! And when he jumps down, take him all the way back to the mixing desk". Natürlich wurde auch wieder das Publikum in zwei Hälften geteilt, damit man sich gegenseitig die Köppe einrennen konnte, immer wieder ein großer Spaß.
Insgesamt also ein weiteres gelungenes Konz von SOIA, lediglich der Sound war schon mal besser, aber was soll's.
- Beitrag von: Philipp

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