FALCONER, DOOMSWORD, AXENSTAR / 14.01.04 - Hamburg, Marx

0 Dislike0
Zwei der besten Undergroundbands, die der Metal momentan zu bieten hat, zusammen auf Tour: DOOMSWORD und FALCONER! Da müsste eigentlich jedem Metal-Gourmet dat Wasser im Munde zusammenlaufen und tatsächlich war das Marx dann auch sehr gut gefüllt. Wir waren bereits gut eingestimmt, denn Kollege Stefan hatte aus dem Netz bereits die neue EXODUS (hervorragend!) gesaugt und so hatten wir eine kurzweilige Fahrt hinter uns. Für gute Stimmung sorgten auch die korrekten Preise am Merch-Stand der Bands, denn auch wenn man nich unbedingt wat kaufen will, isses ein gutes Gefühl zu wissen, dass hier Bands agieren, die nicht nach dem maximalen Cash-In-Prinzip vorgehen.



Zunächst gab es die Schweden AXENSTAR zu begucken. AXENSTAR? Was'n dit für'n beschissener Name? Die Band spielte flotten Power Metal mit melodiösem Gesang. Der Sänger dudelte ab und zu auch auf 'nem Keyboard rum, was der Bühnenaction natürlich nicht zuträglich war. Ansonsten hatte er ein angenehme Sangesstimme, die allerdings nicht sehr variabel eingesetzt wurde. Überhaupt klang die Band insgesamt recht monoton. Keine Originalitätspunkte! Das Publikum verharrte so auch in Abstand zur Bühne, spendete aber durchaus Applaus für die rein technisch anstandslose Darbietung.

Ein Bier später sah das Ganze aber schon anders aus: DOOMSWORD betraten die Bühne und der Bangermob drängelte sich ins kleine Marx. Vom ersten Ton an hatten DOOMSWORD gewonnen! "The most viking band of this earth" hieß es mal in einer Anzeige und das bei einer Band aus Italien. Aber streben wir nicht oft nach Gegensätzen? Der Finne würde gern im Süden leben, der unter der Hollywood Bombast Metal-Welle leidende Italiener hat die Faxen dicke und schlägt mit EPIC DOOM METAL zurück. Wer die Band nicht kennt, dem seien als Eckpunkte BATHORY (allerdings ausschließlich ihre Viking-Alben wie "Hammerheart", "Twilight Of The Gods" oder "Blood On Ice"), MANOWAR (natürlich nur die epischen Songs der ersten drei Scheiben), CANDLEMASS und SOLITUDE AETURNUS genannt. Das alles aber sehr rau und aufs Wesentliche reduziert – überproduzierte Alben oder polierte Songs sind diesen Freaks zum Glück fremd. Sänger Deathmaster klang gerade live noch besser als auf Platte, besaß deutlich mehr Volumen und Power als olle Quorthon. Die ganze Band gab alles, ließ rübenschüttelnderweise ihre Schlachtepen erschallen, aber das Hauptaugenmerk lag auf Deathmaster, der voller Inbrunst die Songs lebte. Dazwischen langte er an sein Trinkhorn, welches in seinem Gürtel steckte. Prost, Kollege! "Sacred Metal" eröffnete den Reigen, danach ging es ohne Pause in den Opener von "Let Battle Commence", den Doom-Hit "Heathen Assault" Auf erwähnter Platte schildern DOOMSWORD den Angriff der heidnischen Dänen aufs christliche York (England) im Jahre 866, "one of the few pagan triumphs over Christians". Da nützte es nix, Fäuste hochrecken und mitschmettern war angesagt: "BURN! England to the ground!" (Der Fairness halber lassen DOOMSWORD auf der Platte übrigens auch die englische Seite zu Wort kommen...). Die schweren Riffsalven taten ihre Wirkung – einem BOLT THROWER-Konz nicht unähnlich sah man überall nur fliegende Köppe. Von allen drei Platten gab es Songs, "Resound The Horn" und "In The Battlefield" markierten weitere Höhepunkte. Wer mit derartiger Leidenschaft seine Musik zelebriert, kriegt meist von den Fans ein entsprechendes Echo. So auch hier, Bier, Schweiß und sonstige Dämpfe schwängerten die Luft, als zuerst der Drummer und kurz darauf Deathmaster in die Menge divten.

Ich war skeptisch, ob FALCONER diesem Hammergig eine ebenbürtige Leistung entgegensetzen können, hatte mich im Vorfeld schon gewundert, dass der FALCONER-Gig an den Schluss gesetzt war. Doch jegliche Bedenken waren unnötig, FALCONER brannten ein hochwertiges Metalfeuerwerk ab und die Stimmung blieb konstant gut! Jetzt stößt man als Rezensent an die Grenzen der Beschreibbarkeit, denn FALCONER sind dermaßen eigenständig, dass Vergleiche fast unmöglich sind. Vielleicht kennt noch jemand die großartigen MITHOTYN? Deren Ex-Gitarrist Stefan Weinerhall ist Kopf von FALCONER und hat hier eine ganz erstaunliche Mische aus Power Metal und nordischen Folk-Einflüssen kreiert. Klischees? Fehlanzeige! Metal? Aber hallo! Neben den oft mittelalterlich anmutenden Gitarren (aber Vorsicht: das hat nix mit IN EXTREMO oder so tun) überzeugen ganz große Melodien und Refrains. Echt schwer, heutzutage eine originelle Band an den Start zu bringen, die dennoch hundert Prozent Metal ist. Aber FALCONER ham es geschafft und schon eine Fangemeinde auf sich eingeschworen, die textsicher jeden Song abfeierte. Die neue Platte hatte ich noch nicht gehört, umso erleichterter war ich, als der neue Sänger – übrigens ein 2-Meter-Brocken – sich seinem Vorgänger als sehr ähnlich erwies. Etwas ungewöhnlich kam der Bassist rüber, denn aufgrund punkiger Kurzhaarfrisur und wenig metallischer Kleidung (so’n Longsleeve mit silbernem Barcode-Aufdruck) hätte man den eher in einer NU Dingens-Band vermutet. But who cares? Niemand, wenn eine derartige Walze aus wahnwitzigen Ideen, Spielfreude und Energie über einen herniedergeht. Immer mal wieder gab's ruhige Momente (vollkommen cool: "We Sold Our Homesteads"), nur um von donnernden Schlachzeug- Attacken abgelöst zu werden (da wurde sogar mal geblastet, wennet Not tat). Wie gesagt erwies sich das Publikum als sehr gut mit den Texten vertraut, mithin gab es ordentlich chorale Unterstützung bei Volltreffern wie "Decadence Of Dignity", "The Mindtraveller", "Enter The Glade" oder "The Sceptre Of Deception". Letzterer Song wurde mit Unterstützung der beiden anderen Frontmänner gebracht, was nicht nur eine coole Geste war, sondern auch einfach nur fett rüberkam. Da FALCONER auch gern über historische Themen singen, erklärte uns der Sänger netterweise oft vorher, worum es denn nu jeweils gehe. So gab es die schöne Geschichte über die von Deutschen gebaute "Royal Galley", die kurz nach Stapellauf in ihr feuchtes Grab gesunken ist. Sehr eindrucksvoll auch das lediglich vom Sänger (mit Gitarre) vorgetragene schwedische Volkslied, in welchem es um eine Frau geht, welche sich an einem Ritter rächt, der sie vergewaltigt hat (und dafür wiederum von den "evil policemen" - O-Ton - gesteinigt wird). Hab zwar nix verstanden (da - logisch – schwedisch), war aber trotzdem ergreifend. Für völlige Begeisterung sorgte das finale „The Clarion Call“, ich sach mal, eine Metal-Hymne, die jeder Metaller mal gehört haben sollte. Hier schmetterte wirklich jeder den memorablen Refrain:
"Do you hear the clarion call,
it's calling out to one and all.
Who will live and who will fall,
who will walk the golden hall."

Dann war endgültig Schluss, aber irgendwie auch doch nicht ganz, denn ein solches Konz lässt zumindest mich mehrere Wochen den Alltag mit einem entspannten Lächeln angehen.
- Beitrag von: Philipp

Kommentar schreiben


Sicherheitscode
Aktualisieren

Stern inaktivStern inaktivStern inaktivStern inaktivStern inaktiv