SKEPTICISM, PANTHEIST, OPHIS, 25.10.08, Logo, Hamburg

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In Rendsburg wird metallisch geballert, in Eutin gibt’s korrekten Punk – und in Hamburg geht’s auf eine Beerdigung musikalischer Art – der Motto des Abends: FUNERAL DOOM. Drei Bands zollen der langsamsten aller Musikrichtungen ihren Tribut. Und ich pilgere in freudiger Erwartung diesem Ereignis entgegen.

So bewege ich mich gemessenen Schrittes gen Begräbnisinstitut – äh … Veranstaltungsort – und stelle überrascht fest, dass OPHIS schon angefangen haben. Es ist grade mal 21 Uhr – immer schön langsam, denke ich, aber die beinahe Unsitte, Konzerte in Hamburg pünktlich beginnen zu lassen, artet auf einen Samstagabend schon ins Überpünktliche aus. Passt doch gar nicht zum Thema des Abends, liebe Veranstalter.

OPHIS lassen sich dadurch aber nicht verunsichern und prügeln ihren Death/Doom zielsicher in die Meute vor die Bühne. Die Hamburger überzeugten mich seinerzeit auf der ESOTERIC- Tour und heute erhoffe ich ein ähnliches Brett. Jedoch ist die Lautstärke für meinen Geschmack etwas gering und die Riffs rollen nicht so unbarmherzig wie im Marx. Die Songs an sich leiden aber nicht darunter. Die sind über jeden Zweifel erhaben. Besonders „Halls Of Sorrow“, ein neuer Track, gefällt wegen seines Candlemass –igen Beginns. Mit seinem schnellen Mittelpart erinnert dieser Song stark an die Stücke der ersten Scheibe „Nostrae Mortis Signaculum“. Von jener wird dann auch der geile „Convert To Nihilism“ Song gespielt. Das Ding wird von der Meute freudig begrüßt; hat quasi schon `nen gewissen „Hit“- Status. Etliche Köppe und Haarschöpfe sind in Bewegung inkl. die der Band. Nur der neue Gitarrist der Truppe kann sich nicht am einheitlichen Rübeschütteln seiner Kollegen beteiligen, da er (noch) zu kurze Haare hat.  Auch der Bassist der Band ist ein Neuer. Da ist also einiges passiert seit dem Mai-Konz. Und ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass das aktuelle Bandgefüge noch nicht allzu homogen wirkt. Dafür spricht aber die Musik für sich. Ich sach’ nur: „Beneath Sardonic Skies“ – und dabei weiß ich ja noch nicht mal, ob der Song überhaupt gespielt wurde, weil ich zu spät kam. Aber ich seh’ OPHIS bestimmt noch öfter …

Der Umbau geht recht fix von statten. Begleitet wird dieser von ALICE IN CHAINS – sehr geil, „Dirt“ mal wieder zu hören.

Vorm mattschwarzen Schlagzeug steht jetzt ein zweistöckiges Keyboard. Es ist ja bekannt, dass PANTHEIST auf Bombast stehen. Ich freu mich auch schon, die sakralen Arrangements der Anglo-Belgier live zu hören. Zwar sind ihre Songs generell nicht gerade leicht verdaulich, aber die Live-Situation kann da ja Wunder wirken. Die Riffs und das Druming sind dann auch echt fett und bestätigen mich in meinen obigen Gedanken. Aber die feisten sakralen Orgelklänge und leider auch der Gesang kacken dagegen ab. Zu unausgeglichen ist der Sound. Gerade der klare Gesang geht unter und so fehlt eine wichtige Komponente des Bandsounds. Zum Teil ist den Jungs auch ihre Nervosität anzumerken, was sich am deutlichsten beim Gesang des Bassisten zeigt – der is’ leider furchtbar schief. Dabei geben sich PANTHEIST wirklich alle Mühe, wirbeln bangend über die kleine Bühne und zelebrieren ihre überlangen Songs inbrünstig. Doch am Ende muss ich mir eingestehen, dass mir gerademal ein Song („O Solitude“) so richtig gefallen hat. Vom Rest hab ich nicht viel mitgenommen, da die Songs doch eher überkonzipiert wirkten. Schade.

Ich hab jetzt sogar leise Zweifel, dass die Headliner des Abends ihrem Status nicht gerecht werden, denn immerhin ist diese Tour erst die Zweite in 15 Jahren Bandgeschichte. Doch wie sich zeigen wird, sind solcherart Zweifel völlig unbegründet … „Alloy“, so nennt sich das aktuelle Werk der Finnen, kenne ich vor dem Konzert nicht und auch den Vorgänger „Farmakon“ habe ich nur Ansatzweise gehört. Dafür aber die älteren Scheiben umso mehr. SKEPTICISM haben eben einen ureigenen, eigenständigen Sound, der sie aus allem heraushebt, was ich so kenne. Vielleicht können WINTER noch als grober Vergleich herhalten.

In Fräcke und schwarze Anzüge gekleidet, betritt die Band das Geschehen. Beim Sänger sind Kragenbinde und Manschetten offen und seine rotgeränderten Augen vermitteln den Eindruck, als hätte er gerade geheult. Und doch - durch die kurz geschnittenen Haare und den Aufzug geht er glatt als Tenor durch (der sich gerade ordentlich einen hinter die (Kragen-) Binde gekippt hat).

Zum ersten Mal überhaupt sehe ich SKEPTICISM, denn selbst Fotos der Finnen gibt es kaum. Und so bin ich auch erstaunt, als ich sehe, dass SKEPTICISM nur aus vier Mann bestehen: Sänger, Gitarrist, Schlagzeuger und Organist. Richtig gelesen, kein Keyboarder, sondern ein stilechter Organist. Der Mann spielt auf so’ner Art Heimorgel (inkl. Fußregister), die aber kaum als solche zu erkennen ist, ist sie doch in schwarzen Samt gehüllt. Mit dem Rücken zur Band spielt der Tastendrücker. Kommunizieren tut er durch einen großen, goldgerahmten Spiegel, der auf seiner Orgel steht. Das ist … - grandios! Irgendwie. So was hab ich noch nicht gesehen. Auch das Drumkit sieht nicht aus wie übliche Schießbuden. Eine Snare, Bassdrum, eine kleine Tom und eine riesige Basstom stehen auf der Bühne. Das Teil gibt äußerst tiefe Töne von sich und bei einem der längsten Tracks des Gigs, wird sehr schamanisch auf dem Ding musiziert. Wer sich zudem schon immer fragte (so wie ich), wie denn dieser spezielle Drumsound  der Band zustande kommt, dem sei gesagt, dass nicht mit üblichen Sticks die Felle bearbeitet werden, sondern mit so was wie Paukenschlägeln. Daher dieser weiche, manchmal verwaschene Klang vor allem der Becken. Schon wieder was Besonderes – dat is’ sehr spannend hier.

Die Atmosphäre ist sehr düster, beinahe drückend. Zum Teil gedimmtes Licht und Nebel verleihen der Musik zusätzlich eine unglaublich dichte Intensität. Von Track zu Track steigern sich Sound und Ausdruck. Gänsehaut? Aber sicher! Die ultratiefe Stimme des Frontmanns, die oft in ein kehliges Gurgeln übergeht, steht in derbem Kontrast zu den erhabenen Kirchenorgelklängen. Überhaupt klingt die Orgel live viel dominanter, als auf den CD’s. Da wabert das Ding oft im undefinierbaren Hintergrund. Die neue CD „Alloy“ steht im Vordergrund der Show. Ältere Sachen gibt’s aber auch genug zu hören. Was aber „alt“ und was „neu“ ist, ist egal, denn alles wirkt wie aus einem Guss. Auf Ansagen wird fast gänzlich verzichtet und das stört hier noch nicht mal. Ich sauge Song um Song in mich auf und bin ganz überrascht als plötzlich schon der letzte Song angekündigt wird. Mann, ich könnte hier noch stundenlang zuhören. Ihr habt doch gerade erst angefangen … zwei Zugaben noch und kurz vor 12 ist dann endgültig Schluss. Viel zu früh, ich bin gerade erst warm geworden auf dieser „Beerdigung“ und muss schon wieder gehen. War ein großartiges Konzert! Ich bin gerührt. Danke!

 

Torsten

 

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