NAPALM DEATH, DEBAUCHERY, STONE COLD BLACK / 20.11.2003 - Lübeck, Rider's Café

0 Dislike0

Auf dieses Konzert hatte ich mich schon richtig lange gefreut, hatte ich doch NAPALM DEATH letztes Jahr im Hamburger Schlachthof verpasst. Das Rider's Café gehört zwar nicht zu meinen favorisierten Klubs, da der auch mit sauhohen Bierpreisen aufwartet, aber durch die Mitnahme und das Einschmuggeln von Fremdalk konnte man es wenigstens umgehen, den Betreibern noch überflüssig Kohle in den Rachen zu schmeißen. Vorm Laden trafen wir dann auch gleich ganze Reisegruppen aus Kiel, Hamburg, Schwerin und natürlich Lübeck, so dass uns erst die ersten Klänge der Vorband ins Innere locken konnten.

Das waren überraschenderweise STONE COLD BLACK, die ich auf Anhieb gar nicht erkannte. Die Hamburg-Lübecker Thrasher ham 'nen neuen Sänger und Gitarrist "Langer" hat doch tatsächlich seine Matte abrasiert. Der neue Schmetterhans war stimmlich recht fit, schön tiefe Röhre, die sich ab und zu auch in Tägtgren-artige Screams verstieg. Nur bewegte er sich rein gar nicht und bekam außerhalb der Songs kaum das Maul auf. Die Band riss mich insgesamt nicht so mit. Zwar war alles sehr tight gespielt, aber irgendwie zu verkopft. Da passierte mir zuwenig aus dem Bauch raus, alles ist 100%ig einstudiert und lässt jegliche Wildheit vermissen. Und Äußerlichkeiten sind ja eigentlich scheißegal, aber DREI Schnurrbärte auf der Bühne überschreiten gewisse Geschmacksgrenzen. Aber für Feinsinnigkeiten sind die Jungs eh nicht bekannt, "Sind wir zu hart - bist Du zu zart!" verkünden sie auf ihrer Homepage...

Eine echte Überraschung dann DEBAUCHERY (aus Stuttgart, wenn ich den Sänger richtig verstanden habe)! Von denen dürfte ja wohl kaum jemand vorher schon mal wat gehört haben, aber der Saal kochte schon nach kurzer Zeit. Kein Wunder, denn die Band hämmerte eine gelungene Mischung aus Death Metal und Grindcore in den Laden. Das groovte ganz amtlich und wurde durch einen hervorragenden Sound unterstützt. Der Sänger war ein echter Freak, bangte ordentlich rum, grunzte wie Chris Barnes (überhaupt erinnerten einige Songs stark an SIX FEET UNDER) und ließ immer wieder schrille Kreischer ertönen. Optisch hatte man sich bei ROTTEN SOUND bedient, denn die weißen Shirts und nackten Oberkörper waren mit lecker Kunstblut beschmiert. Seltsame Leute übrigens direkt neben uns: Dat war ein Pulk von so 4 - 5 Moshern, die sich die ganze Zeit an den Schultern gepackt hatten, im Kreis hüpften und dabei laut brüllten, so laut, dass sie bestimmt nix mehr außer sich selbst hören konnten. Strange - vielleicht ja einer dieser Flashmobs?

NJAPALM DEATH spazierten dann völlig unzeremoniell ohne Intro oder sonstiges Gedöns auffe Bühne und... entfesselten vom Fleck weg den Soundorkan schlechthin. Da ich noch einen Humpen in der Hand hatte, kann ich noch die Vorgänge während der ersten Songs beschreiben, dann aber setzte das bewusste Denken aus! Also, die Birminghamer waren wieder nur zu viert, keiner weiß, was mit Jesse Pintado los ist, Barney hat nu kurze Haare, was sein Kopfzucken noch deutlicher sichtbar macht - wirkt jetzt noch mehr wie Hospitalismus im Endstadium... Shane sieht immer mehr nach Priester mit Tonsur aus, dafür gedeiht das Gestrüpp an den Seiten seines Schädels um so prächtiger... Und mit Shirts von DROP DEAD (Barney) und HIRAX (Shane) hatte man so ziemlich alle möglichen Sympathiebonuspunkte abgegriffen, die möglich waren. Aber das ist alles nebensächlich. Die Musik verschmolz zu einem massiven Klangkörper, den ich mehr FÜHLTE als hörte. Der totale Rausch. Besser als jede Droge! Ich befand mich nach kurzer Zeit in einer Art "schmerzfreiem" Zustand - einmal sprang mir ein Diver ins Gesicht, einmal ließ ein Ellenbogen meine Oberlippe zerplatzen, dann krachte ein Schädel aus dem Nichts auf meinen Kopp. Aber das alles machte nichts, es war sogar irgendwie angenehm und steigerte die Euphorie. Yeah, Baby, gib's mir. Schlag mich fester! Im Nachhinein weiß ich sogar noch Songtitel, da waren u.a. "Suffer The Children", "Constitunional Hell", "Scum", "From Enslavement To Obliteration", "The World Keeps Turning", "Volume Of Neglect", "Continuing War On Stupidity", "Life?", "Vision Conquest" oder "Forced To Fear" am Start. Ein konstantes, ca. anderthalbstündiges Gewitter ohne Atempausen. Unbegreiflich, wie Drummer Danny Herrera bei dieser Geschwindigkeit noch derart akzentuiert und abwechslungsreich (!) spielen kann! Barney stolperte über die Bühne, grinste übers ganze Gesicht, brüllte und kreischte (wobei Mitch Harris die ganz hohen Kreischer übernahm). Zum Abschluss gab es noch drei besondere Schmankerl: Erst ein Cover vom kommenden zweiten Teil der "Leaders Not Followers"-Coverplatten, nämlich CRYPTIC SLAUGHTERs "Lowlife" (geil!), dann "Nazi Punks Fuck Off" vonne DEAD KENNEDYS (Barney: "This is an anti-fascist song. The message is quite simple. To your local boneheads: NAZI PUNKS FUCK OFF!!" und schließlich das alles wegreißende "Siege Of Power".
"Nach SLAYER die beste Liveband" urteilte Mosher-Jens danach, bevor er sich 'nen amtlichen Joint bastelte und einen Fahrplatz in Späthis Karre erschnorrte. HELL YEAH!
- Beitrag von: Philipp

Stern inaktivStern inaktivStern inaktivStern inaktivStern inaktiv